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Osteuropa: Furcht vor Putins Schatten hängt über Rumänien

Osteuropa

Furcht vor Putins Schatten hängt über Rumänien

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    Rumäniens Ministerpräsident Marcel Ciolacu kämpft mit überraschend miesen Wahlergebnissen. Steckt Russland dahinter?
    Rumäniens Ministerpräsident Marcel Ciolacu kämpft mit überraschend miesen Wahlergebnissen. Steckt Russland dahinter? Foto: Vadim Ghirda, dpa

    In Rumänien beschäftigt die Nato nicht nur im übertragenen Sinn derzeit eine ihrer größten Baustellen. Unweit der beliebten Hotelburgen an der Schwarzmeerküste planieren Baumaschinen das Gelände für eine knapp 3000 Hektar weite Militärbasis, die Ende des kommenden Jahrzehnts der größte Nato-Stützpunkt Europas werden soll. Schon heute sind Tausende Nato-Soldaten inklusive Eurofighter der Bundeswehr in dem Land stationiert, das 600 Kilometer Grenze zur Ukraine zählt. Bislang galt die Regierung in Bukarest als einer der wichtigsten strategischen Partner von Brüssel und Washington in der Krisenregion. Doch nun erschüttert bereits das zweite politische Erdbeben das Land.

    Die Zeit politischer Stabilität in Rumänien könnte bald vorbei sein

    Zu Beginn des Superwahljahres in Rumänien schien Ministerpräsident Marcel Ciolacu noch gelassen: Anders als in vielen EU-Ländern blieb im Juni bei den Europawahlen ein befürchteter Erfolg rechtsradikaler und nationalpopulistischer Parteien aus. Ciolacus Sozialdemokraten regieren bislang in einer Art Großen Koalition mit der konservativ-liberalen PNL, die wie CDU und CSU zur Parteienfamilie der Europäischen Volkspartei zählt.

    Bei der Europawahl waren die Koalitionsparteien sogar mit einer gemeinsamen Liste angetreten - und klarer Wahlsieger. Doch Ciolacus oft betonter Stolz über die politische Stabilität in dem lange von Korruptionsskandalen erschütterten Land währte nur bis vergangene Woche: Bei den Präsidentschaftswahlen blieb der Sozialdemokrat, der ins höchste Staatsamt wechseln wollte, als klarer Verlierer auf der Strecke. Völlig überraschend landete der prorussische Rechtsextremist Calin Georgescu mit 23 Prozent auf Platz eins für die Stichwahl, dem zuvor als Favorit gesetzten Ciolacu blieb nur der dritte Platz, knapp hinter der liberalen Kandidatin Elena Lasconi.

    Am Sonntag traf Ciolacu der nächste politische Schlag, als es nun um die Wahl des Parlaments ging: Sowohl seine PSD als auch sein konservativer Koalitionspartner mussten mit jeweils zwölf Prozentpunkten erdrutschartige Verluste einstecken. Die Zeiten einer stabilen Großen Koalition sind vorbei. Zwar blieben Ciolacus Sozialdemokraten mit gut 22 Prozent stärkste Partei. Doch starke Zugewinne gab es für die rechtsextremen Parteien AUR, „SOS Rumänien“ und POT, die im Wahlkampf neben nationalistischen Parolen vor allem mit prorussischen Positionen und Verschwörungsideologien Stimmung machten.

    Versammeln sich in Rumänien nun die proeuropäischen Kräfte?

    In Brüssel hofft man, dass sich die Sozialdemokraten mit dem bisherigen konservativen Partner PNL nun mit der liberalen Partei USR von der zweitplatzierten Präsidentschaftsbewerberin Lasconi zu einer proeuropäischen Mitte-Koalition verbinden, die etwas mehr als eine absolute Mehrheit im Parlament hinter sich versammeln könnte. Überschattet wird die schwierige Regierungsbildung der lange verfeindeten bürgerlichen Parteien aber von der Stichwahl über die Präsidentschaft, die eigentlich am kommenden Sonntag stattfinden soll. Doch auch hier herrschte zunächst Chaos: Das Oberste Gericht ordnete eine Neuauszählung aller Wahlstimmen an, nachdem der Abstand zwischen Regierungschef Ciolacu und der Liberalen Lasconi mit 2740 Stimmen hauchdünn ausgefallen war.

    Die Neuauszählung vergiftet das Klima zwischen beiden möglichen Koalitionspartnern. USR-Vertreter warnten die Sozialdemokraten vor „Wahlfälschung“, falls ihre Kandidatin aus dem Rennen fallen sollte. Obendrein beschäftigt sich Rumäniens Verfassungsgericht mit der Frage, ob die gesamte Präsidentschaftswahl annulliert werden sollte, nachdem gegen den Rechtsextremisten Georgescu Vorwürfe des Wahlbetrugs, unerlaubter Wahlkampffinanzierung und verbotener Einflussnahme aus dem Ausland laut wurden.

    Wer zahlte den millionenschweren Wahlkampf der Rechtsextremen?

    Der prorussische Kandidat hatte seinen Wahlkampf vor allem über die chinesische Internet-Plattform „Tiktok“ und andere Soziale Netzwerke gesteuert. Dabei sollen angeblich Millionensummen an rumänische „Influencer“ geflossen sein, die bei ihren Anhängern im Netz Werbung für den prorussischen Kandidat gemacht haben sollen. Zudem werfen das rumänische Präsidialamt und Netzaktivisten dem Überraschungssieger vor, dass seine Kampagne auf den Sozialen Netzwerken „X“, „Telegram“ und „Facebook“ über russische Konten systematisch unterstützt worden sei.

    Nicht nur in der bürgerlichen Mitte in Rumänien ist die Furcht groß, dass der Schatten des russischen Präsidenten Wladimir Putins auf die Politik des Landes fällt. Die Macht des rumänischen Präsidenten kann Regierungen die Arbeit empfindlich erschweren, sollte Georgescu tatsächlich ins Amt kommen. Für die EU wäre es in der sensiblen Region ein weiterer Rückschlag. Erst im Oktober ging das Referendum in Rumäniens kleinem Nachbarland, der Republik Moldau, nur hauchdünn für einen proeuropäischen Kurs aus. Dabei gab es massive Wahlmanipulationsversuche und Kampagnen aus Russland.

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