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CSU: Edmund Stoiber gibt in der Komödie politische Anekdötchen zum Besten

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Edmund Stoiber gibt in der Komödie politische Anekdötchen zum Besten

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    Edmund Stoiber (CSU), ehemaliger Ministerpräsident von Bayern, auf der Bühne der Komödie des Bayerischen Hofes. Das Ziel des Abends war, ihm "Anekdötchen aus seinem politischen Leben" zu entlocken.
    Edmund Stoiber (CSU), ehemaliger Ministerpräsident von Bayern, auf der Bühne der Komödie des Bayerischen Hofes. Das Ziel des Abends war, ihm "Anekdötchen aus seinem politischen Leben" zu entlocken. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Es ist nicht so, dass Edmund Stoiber, je älter er wird, weniger er selbst würde. Das absolute Gegenteil, dass muss man sagen, ist der Fall. Zumindest dann, wenn als Grundlage dieses Befundes die kleine Soiree in der Komödie des Bayerischen Hofes dient. Dort, wo sonst gerne Lustspiele und Revuen gegeben werden, war zum Wochenauftakt Bayerns ehemaliger Ministerpräsident eingeladen gewesen. "Anekdötchen aus dem politischen Leben" waren gefragt. Dieses Versprechen wurde auch gehalten – wenn auch auf ziemlich verstoiberte Art. Will heißen, in der rhetorischen Anmutung eines Aktenordners, in dem trotz akkurater Befüllung die gesuchte Notiz nicht immer gleich gefunden werden kann. 

    Kleines Beispiel? Stoiber, Sakko in gesetztem Grün, beige Hose, blaues Hemd soll irgendwann auf die Frage antworten, ob er auch Fangirls gehabt habe. Das Amt, die Erotik der Macht, so was. Es gebe da für jemanden, der über Jahre politisch als "blondes Fallbeil" unterwegs war und fast zwei Jahrzehnte an der Spitze des Freistaates stand, vielleicht einen Schwank zu erzählen. Stoiber aber ist erstens – und Gott sei Dank – nicht Wolfgang Kubicki. Weshalb der 81-Jährige zweitens dann das antwortet: "Joa, na ja." 

    Stoiber beginnt in seinem inneren Leitz-Ordner zu blättern

    Wenn es dabei geblieben wäre, hätte er sich – gemessen am Applaus – damit gut aus der Affäre gezogen. Allerdings, Stoiber beginnt im inneren Leitz-Ordner zu blättern, geht es dann so weiter: "In der Bundestagswahl 2002 hatte ich ja Kandidat Fischer und Kandidat Schröder (...) die ja mehrere Ehen hatten. (...) Und mir wurde von progressiver Seite gesagt, ich sei halt langweilig." 

    Auch dabei hätte er es belassen können. Die so fabulöse wie hart kämpfende Moderatorin Marion Schieder aber mahnt ihn streng, anekdotisch zu bleiben. Und so findet der Prädikatsjurist Stoiber auch noch diese Sätze: "Mit 21, als ich meine Frau kennengelernt habe, war ich in der Bank, da hab ich gearbeitet als Student. Und sie war Sekretärin von dem Niederlassungsleiter. Ja, sie war 19, und ich war 21. Und das ist dann, das war mir völlig klar, muss ich ehrlich sagen: Diese Frau werde ich mal heiraten. Und des ist jetzt 55 Jahre her." 

    So typisch einerseits, ist das dann allerdings andererseits der Moment, wo der habituell-scharfkantige Stoiber endgültig etwas Weiches und Großväterliches bekommt. Diese Liebeserklärung an seine im Publikum sitzende Frau stimmt jedenfalls nachsichtig für manch vorausgegangene Antwort, die als Transrapid-Fahrt eher im Nirgendwo geendet war

    Wie war das Frühstück von Wolfratshausen?

    Es ist nicht so, dass all die Schicksalspunkte an diesem Abend nicht zur Sprache kämen. Das berühmte Frühstück von Wolfratshausen etwa, am 11. Januar 2002, als die damalige CDU-Vorsitzende Angela Merkel Stoiber die Kanzlerkandidatur antrug. Wie man die Weißwurst richtig isst, habe er ihr nicht sagen müssen, will Schieder wissen. Stoiber: "Naa, um Gottes willen." Ob Merkel diese gezuzelt habe? Naaa. Wie lange dauerte das Gespräch? "A Stund." Stoibers Haltung zum Kanzleramt? Stoiber: "Ich hab ja immer formuliert: Ministerpräsident ist das Höchste. Kanzler ist nix Höheres – aber was anderes." 

    Man wüsste gerne, wie Stoibers Nach-Nach-Nachfolger Söder zu dieser Haltung steht. Und überhaupt wäre interessant gewesen, wie der mit allen politischen Wassern gewaschene Stoiber den Landtagswahlkampf bewertet. Der aber wird an diesem Abend, an dem auch Focus-Gründer und FDP-Landtagsabgeordnete Helmut Markwort mit auf der Bühne saß, ausgespart. Kein Wort dazu, ob Söder sich mit seiner rigorosen Absage, unter keinen Umständen eine Koalition mit den Grünen eingehen zu wollen, in eine Sackgasse manövriert hat. 

    Stoiber holte seinerzeit 60,7 Prozent

    Stoiber hatte – nach seiner gescheiterten Kanzlerkandidatur 2002 – bei der Landtagswahl 2003 mit 60,7 Prozent der Stimmen das zweitbeste CSU-Ergebnis der Geschichte geholt. Auch das spielt keine Rolle an diesem Abend, der aber in der Art, weil dort so wenig twitteresk und beifallsaffin formuliert wird, die alten, für immer vergangenen, CSU-Zeiten hat anklingen lassen. 

    Stoiber jedenfalls wirkt mit sich im Reinen. Er hat jetzt mehr Zeit für seine Familie, die Enkelschar, und es wird deutlich, wie froh er darum ist. Hat er eine Jugendsünde, die er jetzt beichten wollte? Stoiber: "Wüsst ich jetzt auf Anhieb nicht". 

    Einen Fauxpas gesteht der Aktenfresser Stoiber dann aber doch: Kurz nachdem ihm Merkel zum Kanzlerkandidaten gemacht hatte, habe er einen Wahlkampfauftritt im hohen Norden, in Flensburg, gehabt. Eine NDR-Journalistin habe dann von ihm wissen wollen, wie seine "fischpolitischen Vorstellungen" für die nächsten vier Jahre seien. Stoiber musste passen, denn damit hat er sich "bei aller Bedeutung der bayerischen Seen" nicht sonderlich beschäftigt. Die Antwort wurde dann dennoch "sehr lange" und eher "grundsätzlich". 

    Das ungefragte Fazit des Abends einer resoluten Dame beim Rausgehen: "Auf den Punkt kommen konnte der Stoiber noch nie. Aber wenigstens ist er ehrlich." 

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