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Online-Arzttermine und Tickets: Digitalisierung grenzt viele Ältere aus

Diskriminierung

Die Digitalisierung grenzt viele Ältere aus

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    Immer mehr Arztpraxen setzen auf Online-Buchungssysteme. Für viele Ältere, die mit dem Internet und mit Apps wenig vertraut sind, bilden die Tools oft enorme Hürden.
    Immer mehr Arztpraxen setzen auf Online-Buchungssysteme. Für viele Ältere, die mit dem Internet und mit Apps wenig vertraut sind, bilden die Tools oft enorme Hürden. Foto: Zacharie Scheurer, dpa-tmn

    Arzttermine, Bankgeschäfte, Bahntickets – für immer mehr wichtige Alltagsbereiche ist der Umgang mit Internet, Smartphone, Mails und Apps Voraussetzung. Doch viele ältere Menschen fühlen sich ausgegrenzt. „Altersdiskriminierung ist bei der Digitalisierung Realität“, kritisiert Peter Kellner, Sprecher der Senioren-Union der CSU (SEN). Im Bundestagswahlkampf verlangt die Vereinigung die Schaffung analoger Lösungen und ist mit dieser Forderung nicht allein.

    Viele Barrieren bei Banken und im öffentlichen Nahverkehr

    Die SEN ist Mitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO), die sich für die Interessen der älteren Generation einsetzt. Die BAGSO initiierte bereits die Umfrage „Leben ohne Internet – geht’s noch?“ Sie zeigte, dass es Ausgrenzungserfahrungen in nahezu allen Lebensbereichen der über 60-Jährigen gibt. Die meisten Barrieren befinden sich beim Zugang zur öffentlichen Verwaltung, etwa beim Finanzamt, aber auch bei Banken, beim ÖPNV und bei kulturellen Veranstaltungen. Besonders steige der Druck auch im Gesundheitsbereich.

    Beim Sozialverband VdK sieht man die Entwicklung kritisch. Gerade auch die Einschränkungen im Gesundheitsbereich: „Ältere und Menschen mit Behinderung dürfen bei der zunehmenden Digitalisierung im Gesundheitswesen nicht ausgeschlossen werden“, betont VdK-Präsidentin Verena Bentele gegenüber unserer Redaktion. „Es muss daher immer eine analoge Variante zu einer digitalen Anwendung geben, um alle Versicherten mitzunehmen. Zudem müssen alle digitalen Anwendungen barrierefrei und einfach zu bedienen sein.“ Das sei gerade bei der Online-Terminvergabe bisher oft nicht der Fall „und schließt damit gerade diejenigen aus, die eher häufiger Arzttermine benötigen“. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern verweist wiederum auf den Fachkräftemangel, der es notwendig mache, auf Anwendungen zu setzen, die das Praxisteam entlasten.

    Die elektronische Patientenakte führt derzeit zu großen Ängsten

    Doch gerade viele Ältere belaste es enorm, dass sie etwa beim Anruf in Arztpraxen immer häufiger niemanden mehr erreichen, sondern auf ein Onlinetool verwiesen werden, berichtet Carola Sraier. Sie ist unabhängige Patientenberaterin für Schwaben. „Aktuell haben wir eine Altersdiskriminierung in der Gesundheitsversorgung“, sagt sie, „weil viele Ältere mit der rasanten digitalen Entwicklung nicht Schritt halten können. Und ganz viele haben auch niemanden, der sie unterstützt.“ Für große Ängste sorgt momentan zudem die elektronische Patientenakte.

    Ruth Waldmann, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD im Landtag, kennt die Klagen. „Ich kann sie gut nachvollziehen und finde, man muss pragmatische Lösungen bieten, die ohne Smartphone funktionieren.“ Gleichzeitig sieht sie in der Digitalisierung gerade auch für Ältere viele Vorteile, da etwa beschwerliche Wege wegfallen oder mit der elektronischen Patientenakte die Krankengeschichte transparent und so eine besser aufeinander abgestimmte Behandlung möglich werde.

    Seniorenbüros werden zum Sprachrohr, um Kommunen zu sensibilisieren

    Silvia Leithner von der Landesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros Bayern beobachtet, dass viele Ältere der Digitalisierung offen gegenüberstehen. Daher bieten die Seniorenbüros viele Kurse rund ums Internet. „Gleichzeitig werden wir Seniorenbüros als Sprachrohr immer wichtiger“, sagt Leithner, die in Ingolstadt das Seniorenbüro leitet. „Denn die Kommunen müssen bei den verschiedensten Themen immer wieder sensibilisiert werden, dass sich gerade viele Menschen, die 75 Jahre und älter sind, mit der Digitalisierung schwertun.“

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    3 Kommentare
    Walter Betz

    Was ist, wenn ein Netzausfall besteht ,außer sie wären so gesichert, das nichts passiert bei einem Ausfall. Was ist zum Beispiel, wenn eine OP ansteht und niemand kommt an sensible Parientendaten? Oder das Handy fällt aus und man kommt nicht an seine Bankdaten, insbesondere bei Internetbanken? Das wäre dann der Supergau. Man sollte nicht alles ins Extreme führen und Nachsicht walten lassen.

    Wolfgang Boeldt

    Stimmt nicht ganz. Richtig ist eher, wer sich der einfachen Digitalisierung verweigert hat es eben z.T. schwerer. Die analogen Verfahren/Vorgänge sind langwieriger und umständlicher. Ob ich wegen einer Überweisung in eine Bankfiliale muß oder sie in einigen Minuten von zu Hause auf dem PC erledige.... . M.w. gibt es für alle wichtigen Bereiche nachwievor noch eine anlaoge Lösung - und das wird auch so bleiben.

    Peter Zimmermann

    Alles hat seine Vor-und Nachteile welche die Digitalisierung hat wird man dann sehen wenn es, warum auch immer, zu längeren Ausfällen kommt und dann keine analogen Möglichkeiten mehr zur Verfügung stehen. Ich komme zwar noch gut klar mit der Technik, aber als Rentner achtet man auch strikt darauf regelmäßige Kosten zu vermeiden wie etwa die Anschaffung und monatlichen Kosten eines Smartphones. Ohne das geht mit der elektronischen Patientenakte schon mal gar nichts.

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