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Olaf Scholz stellt heute die Vertrauensfrage: Was bedeutet das? Wie funktioniert sie?

Regierung

Scholz stellt am Mittwoch die Vertrauensfrage – was passiert dann?

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    Bundeskanzler Olaf Scholz gibt im Bundestag eine Regierungserklärung ab.
    Bundeskanzler Olaf Scholz gibt im Bundestag eine Regierungserklärung ab. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Nach dem Bruch der Ampel-Koalition soll es vorgezogene Neuwahlen geben. Damit es dazu kommt, stellt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag die Vertrauensfrage. Es wird das sechste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik sein. Schon der SPD-Kanzler Gerhard Schröder griff im November 2001 und im Juli 2005 zu diesem Mittel, das nach Artikel 68 im Grundgesetz geregelt ist. Auch Willy Brandt (SPD) stellte im September 1972 die Vertrauensfrage, ebenso wie Helmut Schmidt (SPD) im Februar 1982 und Helmut Kohl (CDU) im Dezember 1982.

    Der derzeitige Situation: Olaf Scholz hat keine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich

    Nach dem Rauswurf von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und dem Rückzug der FDP aus der Ampel führt Kanzler Scholz nur noch eine rot-grüne Minderheitsregierung an. Es kann also keine Rede mehr davon sein, dass er „eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich weiß“. Seine Handlungsfähigkeit ist auf diese Weise stark beeinträchtigt, er müsste sich für jeden Gesetzesbeschluss mühsam mit Stimmen aus der Opposition eine Mehrheit organisieren. 

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 9. Dezember bei einem Empfang im Bundeskanzleramt.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 9. Dezember bei einem Empfang im Bundeskanzleramt. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Wann stellt Olaf Scholz die Vertrauensfrage?

    Am 13. November hatte Bundeskanzler Olaf Scholz bereits angekündigt, die sogenannte Vertrauensfrage am Mittwoch, 11. Dezember, zu beantragen. An diesem Tag findet jedoch keine Plenarsitzung des Bundestages statt, heißt es auf der Webseite des Bundestags. Erst am Montag, 16. Dezember 2024, werde der Bundestag über den Antrag beraten und abstimmen. Wenn die Mehrheit der Abgeordneten dem Kanzler erwartungsgemäß das Vertrauen verweigert, kann Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier „auf Vorschlag des Bundeskanzlers“ innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen

    Grundgesetz, Artikel 68: Was regelt die Vertrauensfrage?

    Das Grundgesetz regelt die Vertrauensfrage, wenn auch nur knapp. Dort heißt es in Artikel 68, Absatz 1: „Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen.“ Dieses Recht erlösche, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Kanzler wähle. 

    Festgelegt wird in Absatz 2 zudem, dass zwischen dem Antrag des Kanzlers und der Abstimmung im Bundestag 48 Stunden liegen müssen.

    Bundesverfassungsgericht reichert Gesetz durch mehrere Urteile an

    Das Bundesverfassungsgericht hat die sehr knappen Ausführungen von Artikel 68 Grundgesetz in mehreren Urteilen inhaltlich angereichert. Etwa nach der Auflösung des Bundestages durch den Bundespräsidenten im Januar 1983. Es erklärte einen Monat später, der Kanzler solle das Verfahren nach Artikel 68 Grundgesetz nur anstrengen dürfen, wenn es politisch für ihn nicht mehr gewährleistet sei, mit den im Bundestag bestehenden Kräfteverhältnissen weiterzuregieren. „Die politischen Kräfteverhältnisse im Bundestag müssen seine Handlungsfähigkeit so beeinträchtigen oder lähmen, dass er eine vom stetigen Vertrauen der Mehrheit getragene Politik nicht sinnvoll zu verfolgen vermag.“

    Karlsruhe machte zugleich deutlich, dass es dem Sinn von Artikel 68 nicht gerecht würde, wenn ein Kanzler mit einer ausreichenden Mehrheit im Bundestag sich zum geeignet erscheinenden Zeitpunkt die Vertrauensfrage negativ beantworten ließe mit dem Ziel, die Auflösung des Bundestages zu betreiben. „Desgleichen rechtfertigen besondere Schwierigkeiten der in der laufenden Wahlperiode sich stellenden Aufgaben die Auflösung nicht“, heißt es in den Leitsätzen des Urteils.

    In seinem Urteil vom August 2005 ging das Bundesverfassungsgericht direkt auf die unechte Vertrauensfrage ein: „Die auflösungsgerichtete Vertrauensfrage ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Handlungsfähigkeit einer parlamentarisch verankerten Bundesregierung verloren gegangen ist“, urteilten die Richter. „Handlungsfähigkeit bedeutet, dass der Bundeskanzler mit politischem Gestaltungswillen die Richtung der Politik bestimmt und hierfür auch eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich weiß.“

    Bundespräsident Steinmeier kann Bundestag auflösen

    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wies unmittelbar nach dem Ampel-Crash auf seine Zuständigkeit für die Auflösung des Bundestages hin. „Zu dieser Entscheidung stehe ich bereit“, sagte er. Das Grundgesetz knüpfe diese Entscheidung an Voraussetzungen. „Aber unser Land braucht stabile Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung. Das wird mein Prüfungsmaßstab sein.“

    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kann den Bundestag auflösen.
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kann den Bundestag auflösen. Foto: Carsten Koall, dpa

    Was passiert, wenn Frank-Walter Steinmeier den Bundestag auflöst?

    Wenn er die Auflösung des Bundestages verkündet, wird Bundespräsident Steinmeier zugleich einen Termin für die Neuwahl bekanntgeben. Diese muss nach Artikel 39 Grundgesetz innerhalb von 60 Tagen stattfinden. Inzwischen gibt es eine Festlegung auf den 23. Februar kommenden Jahres. Die Bundesregierung bleibt derweil geschäftsführend im Amt - bis ein neuer Kanzler gewählt und seine Ministerinnen und Minister ernannt sind. Eine „parlamentslose Zeit“ gibt es nicht. (mit dpa)

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