Verwunderung, Verwirrung, Enttäuschung, bei vielen Abgeordneten großer Ärger – so könnte man die Stimmung im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Korruptionsaffären rund um die österreichische Regierungspartei ÖVP am Donnerstag zusammenfassen. Denn der Mann, der sich erst monatelang geweigert hatte, dem Parlament Rede und Antwort zu stehen, war zwar endlich gekommen – zu hören war von ihm aber nur ein Satz.
Auf alle Fragen antwortete der in den zigtausenden Chatnachrichten sonst so beredsame Thomas Schmid, früher Chef der österreichischen Staatsholding Öbag und Vertrauter von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, stereotyp: Er verweigerte die Aussage, mit Verweis auf die strafrechtlichen Ermittlungen, die gegen ihn geführt werden. Nach wie vor ist der ehemals so mächtige Generalsekretär im Finanzministerium einer der Hauptbeschuldigten im größten und umfangreichsten Korruptionsermittlungskomplex der vergangenen Jahrzehnte. In dem seit bald einem Jahr laufenden Untersuchungsausschuss sollen Korruptionsvorwürfe gegen ehemalige ÖVP-Regierungsmitglieder geklärt werden, darunter der frühere Bundeskanzler.
Welche Rolle spielte der Ex-Kanzler in der Korruptionsaffäre?
Gegenüber der Justiz hatte Schmid viele Einzelheiten zu den Vorwürfen gegen Kurz geliefert. Nach seiner Darstellung hat er in der sogenannten Inseratenaffäre in dessen Auftrag gehandelt. Dabei sollen im Gegenzug für die Veröffentlichung geschönter Umfragen in einer Boulevard-Zeitung Inserate mutmaßlich mit Steuergeld bezahlt worden sein. Im Zuge von Korruptionsermittlungen war 2019 Schmids Handy sichergestellt worden. Mehr als 300.000 gelöschte Chatnachrichten konnten wiederhergestellt werden. Diese Chats geben aus Sicht der Opposition ein skandalöses Bild ab. Kurz und sein Team sowie die ÖVP hätten selbstherrlich, auch auf illegale Art und Weise, ihren Einfluss zu vergrößern versucht, so lautet die Kritik.
Die Erwartung vor große, die Enttäuschung dann auch
Weil Schmid – in der Hoffnung auf einen Kronzeugenstatus – gegenüber der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hinter verschlossenen Türen ausgepackt hatte, war die Erwartung der Parlamentarier, wie auch der rund hundert Journalisten vor seinem öffentlichen Auftritt am Donnerstag groß: Zudem hatten sich die Korruptionsermittler der Staatsanwaltschaft und die Parlamentarier im Vorfeld getroffen und versucht abzuklären, zu welchen Themen Schmid befragt werden könnte und zu welchen nicht. All das kümmerte diesen aber nicht. Er schwieg.
Egal, welche Taktik die Abgeordneten von FPÖ, SPÖ, ÖVP, Neos und Grünen versuchten – die Befragung des einstigen Kurz-Intimus geriet zur Farce. Die Ausschuss-Vorsitzende Doris Bures und Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl beantragten schließlich eine Beugestrafe gegen Schmid – eine solche reicht von 500 bis 5000 Euro, im Wiederholungsfall sogar 10.000 Euro. Ob sie tatsächlich fällig werden wird, ist aber unklar.
Schmid dürfte mit seiner Taktik auch darauf spekulieren, kein weiteres Mal vor den Ausschuss treten zu müssen: Die liberalen Neos hatten noch vor Schmids Ankündigung, doch vors Parlament zu treten, eine Verlängerung des U-Ausschusses abgelehnt. Es werde keine neuen Erkenntnisse geben und nun sei die Regierung am Zug, neue und effektive Anti-Korruptions-Gesetze zu beschließen. Angesichts des umfassenden Schweigens von Schmid an diesem Donnerstag änderten die Liberalen allerdings ihre Meinung: Man wolle den Ausschuss nun gegebenenfalls doch verlängern. (mit dpa)