Es ist eine besondere und brisante Reise, die Karl Nehammer am Montag antritt. Österreichs Kanzler wird über die Türkei nach Moskau fliegen. Sein Ziel: der Kreml. Ein Treffen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin steht an. Das bestätigte sowohl Österreichs Regierungssprecher Daniel Kosak als auch Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Damit avanciert Nehammer zum ersten westlichen Präsidenten, der seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine zu Putin nach Moskau reist.
Nehammer verfolgt mit Russland-Reise drei Ziele
Kosak erklärte auch die Gründe für Nehammers Reise. Demnach seien drei Ziele ausschlaggebend, welche der Politiker der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) mit nach Moskau nehme. Das wohl weitreichendste: Der Krieg müsse aufhören.
Hintergrund eines weiteren Ziels ist es, dass wohl eine große russische Offensive im Osten der Ukraine ansteht. Hier sei es laut Kosak von großer Bedeutung, dass Absprachen für humanitäre Korridore getroffen werden. Als letzten Punkt hat Nehammer die Kriegsverbrechen der russischen Armee auf dem Zettel, die zuletzt verstärkt ans Tageslicht kamen. Diese will er klar benennen und ansprechen.
Nehammer war am Samstag bei Selenskyj in Kiew
Vor wenigen Tagen konnte sich der 49-Jährige selbst vor Ort ein Bild von den Gräueltaten des Krieges machen. Am Samstag war er als Gast des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Er besuchte auch Butscha, den Vorort von Kiew, in dem zahlreiche Kriegsverbrechen der Russen stattgefunden haben sollen. Hunderte Zivilisten wurden dort mutmaßlich von russischen Soldaten erschossen.
Sein Besuch in Kiew wirkt im Nachhinein wie eine Vorbereitung auf den Trip nach Moskau. Dieser wirbelte im Vorfeld eine ganze Menge Staub auf. Aus der Ukraine gab es Kritik, beispielsweise vom Vize-Bürgermeister von Mariupol: "Das gehört sich nicht zur heutigen Zeit. Die Kriegsverbrechen, die Russland gerade auf dem ukrainischen Boden begeht, finden weiterhin statt. Das, was wir in Butscha gesehen haben - das ist möglicherweise in Mariupol noch schlimmer gewesen, auch wenn die russische Armee sich bemüht, die Verbrechen zu verschleiern. Ich verstehe nicht, wie in dieser Zeit ein Gespräch mit Putin geführt werden kann, wie mit ihm Geschäfte geführt werden können", hatte Sergej Orlow bei der Bild-Livesendung "Die richtigen Fragen" geschimpft.
Die Bild hatte mit Berufung auf ukrainische Regierungskreise auch berichtet, dass in Kiew "blankes Entsetzen" herrsche. Dem widerspricht Kosak. Die Reise nach Moskau soll Nehammer mit Selenskyj, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) abgesprochen sein.
Nehammer will mit Putin "im Gespräch bleiben"
Die Kriegsverbrechen in Butscha müssen angeklagt werden: "Wir waren in Butscha. Wir haben die Kriegsverbrehcen gesehen und Kanzler Nehammer wird sie benennen gegenüber Präsident Putin", erklärte das Kanzleramt in Wien. Es gelte dabei, mit Putin "im Gespräch zu bleiben".
Illusionen macht sich Nehammer bei seiner Reise nicht. Es sei höchst unwahrscheinlich, dass er mit "einem Frieden zurückkehren" würde.