Dass er keiner ist, der sein Licht lieber unter den Scheffel stellt, ist bekannt. Das gilt auch jetzt noch, da Sebastian Kurz sich aus dem politischen Leben zurückgezogen hat. Und Aufmerksamkeit bekommt Kurz im Vorfeld seines für den 18. Oktober anberaumten Prozess wegen möglicher Falschaussage vor dem Parlament wahrlich nicht zu knapp.
Gleich zwei Filme beleuchten in den kommenden Wochen bis zur Gerichtsverhandlung jenen Mann, der einst wie ein konservativer Messias gefeiert wurde und dessen „System Kurz“ schließlich in einer Korruptionsaffäre unterging. Seit vielen Wochen wirbt der Dokumentarfilmer Kurt Langbein in den sozialen Medien für seinen Film „Projekt Ballhausplatz“ – so lautete der Name des rund 200 Seiten starken Generalplans von Kurz und einigen wenigen Getreuen für den Sturz des damaligen ÖVP-Chefs Reinhold Mitterlehner und in Folge für die Übernahme des Parteivorsitzes und des Kanzleramts am Wiener Ballhausplatz.
Der Film von Kurt Langbein versteht sich als kritische Aufarbeitung der Kurz-Ära
Langbeins Film versteht sich als Sittenbild, als kritische Aufarbeitung der Kurz-Ära und hat am 21. September Premiere. Gefördert wurde der Film mit öffentlichen Mitteln, beteiligt ist unter anderem der ORF, das Budget beträgt rund 600.000 Euro. Kurz und seine Paladine standen Regisseur Langbein für Interviews nicht zur Verfügung.
Die gaben der gefallene Ex-Kanzler und sein engster Kreis einem anderen Filmemacher: Sascha Köllnreitner drehte, parallel zu Langbein, sein eigenes Projekt. „Kurz – der Film“ heißt das Werk, das schon am Mittwoch in Wien Premiere feierte, und an einen Zufall, dass dieser Film just zwei Wochen vor „Projekt Ballhausplatz“ unter Anwesenheit von reichlich ÖVP-Prominenz inklusive Kurz‘ zum ersten Mal gezeigt wurde, glaubt in Österreich kaum jemand. Köllnreitners Film sorgt für Kritik. Zwar weisen der Regisseur wie auch seine Finanziers, die deutsche Firma Opus-R, jegliche Involvierung der Kurz-Truppe in das Projekt zurück. Fakt ist aber: „Kurz – der Film“ ist ein wohlwollendes Porträt, der einen agilen Ex-Politiker und nunmehrigen Geschäftsmann zeigt – die Dutzenden Affären, das Thema Inseratenkorruption und Kurz‘ Agieren während der Coronapandemie kommen bei Köllnreitner eher kursorisch vor. Der Produzent des Streifens ist Mitglied des ÖVP-nahen Tiroler Wirtschaftsbundes.
Wie viel Geld die Firma Opus-R in das Projekt gesteckt hat, ist unklar. Deutlich unter einer halben Million Euro soll es gewesen sein, genaue Zahlen aber gibt es derzeit nicht. Unternehmensgegenstand von Opus-R, das zuvor etwa mit einem Film über die Toten Hosen aufgefallen war, ist laut Firmenbuch übrigens der „An- und Verkauf von Weinen“. Im Zentrum von Wien, in Sichtweite einer der meistbefahrenen Straßen Österreichs, ließ Opus-R ein Hochhaus mit einem riesigen Werbeplakat versehen, übergroß in staatsmännischer Pose darauf zu sehen: der Held des Films.
Einige der von Köllnreitner interviewten Protagonisten beklagten vor Erscheinen des Films, unter Vorspiegelung von irreführenden Ansagen, vom Regisseur zum Mitmachen bewegt worden zu sein. Der Abgeordneten der liberalen Neos, Stephanie Krisper, oder dem Ex-SPÖ-Kanzler Christian Kern etwa habe er etwas von einem Film über die Ära Kurz erzählt und davon gesprochen, der Film werde auf internationalen Streaming-Diensten laufen. Solcherlei Kritik tue ihm „unfassbar weh“, ließ der derart Kritisierte im Interview mit dem Investigativjournalisten Michael Nikbakhsh, der im Film vorkommt und sich ebenfalls von Köllnreitner getäuscht fühlt, wissen.
Der Regisseur der Kurz-freundlichen Dokumentation wehrt sich gegen Vorwürfe
Und auch sonst weist der Regisseur den Vorwurf, der Kurz-Truppe einen Gefallen getan zu haben, um Langbeins Doku „abzuschießen“, von sich. Opus-R wisse über die Kurz-Affären und über „Sebastian“ Bescheid, sagt Köllnreitner. Und: Er habe Leute vorkommen lassen wollen, die „nicht per se Anti-Kurz sind“. Gleichzeitig spricht er im Gegenzug von einer „Polarisierung“ um Kurz. „Dramaturgische Gründe“ seien es gewesen, schließlich reihenweise ÖVP-Personal und Kurz-Mitkämpfer im Film zu Wort kommen zu lassen. Zwei Bedingungen hätten die Konservativen aber schon gestellt: Dass Kurz „nicht das Wort im Munde verdreht“ werde und dass es keine „tendenziöse“ Herangehensweise geben dürfe.
„Linke Propaganda auf Staatskosten“ lautete einer der Kommentare aus dem Kurz-Umfeld über Langbeins Film „Projekt Ballhausplatz“. „Ich habe immer damit gerechnet, dass die Truppe um Kurz irgendetwas unternehmen wird, um meine Glaubwürdigkeit zu erschüttern“, sagt Langbein dazu. An das aufwendige Filmprojekt habe er dabei aber nicht gedacht.