2020 hat Christian Scharpf für eine Sensation in Ingolstadt gesorgt. Der SPD-Mann, den ein Jahr zuvor noch kaum jemand gekannt hatte, wurde überraschend zum Oberbürgermeister gewählt. In der Stichwahl setzte er sich gegen Amtsinhaber Christian Lösel (CSU) durch.
Ingolstadts OB Christian Scharpf will Wirtschaftsreferent in München werden
Jetzt sorgte der 53-Jährige, der selbst von der politischen Konkurrenz für seine volksnahe Art gelobt wird, für die nächste Überraschung. Nach nicht einmal einer Amtsperiode zieht es Scharpf Richtung München. Dort hat der Jurist fast 20 Jahre lang in verschiedenen Funktionen im Rathaus gearbeitet und dort will er im März nächsten Jahr Wirtschaftsreferent und damit gleichzeitig Wiesn-Chef werden. Vor allem aber leben in der Landeshauptstadt seine Frau und die vier kleinen Kinder. „Ich möchte mit meiner Familie den Alltag künftig wieder gemeinsam in einem Haushalt verbringen“, begründete Scharpf im Juni seine Entscheidung für das Aus als OB.
Der vorzeitige Rückzug Scharpfs hat die Ingolstädter Parteien ziemlich kalt erwischt. Denn sollte der Münchner Stadtrat Scharpf am 23. Oktober zum neuen Wirtschaftsreferenten wählen – und davon gehen eigentlich alle aus – gibt es in Ingolstadt bereits Anfang nächsten Jahres vorgezogene Neuwahlen. In den vergangenen Monaten kursierten etliche Namen im Kandidatenkarussell. Aktuell scheint es so, als würden vier Männer das Rennen unter sich ausmachen wollen.
Alt-OB Christian Lösel möchte neuer Oberbürgermeister in Ingolstadt werden
Einer von ihnen ist in Ingolstadt kein Unbekannter auf der großen politischen Bühne: Christian Lösel. Der Vorgänger Christian Scharpfs, der erst vor wenigen Tagen 50 Jahre alt geworden ist, will auch sein Nachfolger werden. Seit seinem Aus als OB arbeitet er in verantwortlicher Position an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) und kümmert sich dort insbesondere um das Thema Künstliche Intelligenz (KI). Jetzt aber hat er erneut seinen Hut in den Ring geworfen und will das Amt, das er 2020 verloren hat, zurückerobern. Doch Konkurrenz bekommt der Alt-OB aus den eigenen Reihen. Mit Michael Kern, Jurist und einstiger Bezirksrat, will ein weiterer CSU-Mann ins Rathaus einziehen. Letztendlich werden die Mitglieder entscheiden – ein Novum in der Ingolstädter CSU.
Auf der anderen Seite hat sich in Ingolstadt ein Fünfer-Bündnis aus SPD, Grünen, Linke, ÖDP und UWG gebildet. Mit einem gemeinsamen Kandidaten rechnet es sich bessere Chancen auf einen Wahlerfolg aus. Auch hier wollen zwei Männer die Kandidatur unter sich ausmachen: SPD-Fraktionsvorsitzender Christian De Lapuente und Michael Mißlbeck von der Unabhängigen Wählergemeinschaft Ingolstadt (UWG). Dessen Vater Sepp Mißlbeck war einst selbst als OB-Kandidat angetreten, damals noch für die Freien Wähler, außerdem war er viele Jahre lang Dritter Bürgermeister in der Stadt. Wer von beiden Männern schließlich ins Rennen geht, soll sich Mitte Oktober entscheiden.
Möglicherweise gibt es aber auch noch einige Mitbewerber mehr. Schließlich sitzen im Ingolstädter Stadtrat insgesamt zehn Parteien und Gruppierungen.
OB-Wahl: In Ingolstadt gilt eine Haushaltssperre
Wer auch immer am Ende als Gewinner da stehen wird: Auf den neuen Oberbürgermeister kommen schwierige Zeiten zu. Die Autoindustrie kriselt und das bekommt eine Autostadt wie Ingolstadt massiv zu spüren. Erst im Sommer hat die Stadt ein millionenschweres Sparpaket geschnürt, doch das reicht angesichts eines drohenden Einbruchs bei der Gewerbesteuer immer noch nicht aus. Deshalb hat Christian Scharpf in der vergangenen Woche eine Haushaltssperre verhängt.
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