Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Nordirland: US-Präsident Biden in Belfast: Ein Besuch als Drahtseilakt

Nordirland

US-Präsident Biden in Belfast: Ein Besuch als Drahtseilakt

    • |
    Selfie mit begeisterten Zuhörern in Belfast: US-Präsident Joe Biden macht ein Foto nach seiner Rede an der Ulster University.
    Selfie mit begeisterten Zuhörern in Belfast: US-Präsident Joe Biden macht ein Foto nach seiner Rede an der Ulster University. Foto: Patrick Semansky, AP/ dpa

    Es war kein Zufall, dass sich Joe Biden und der britische Premierminister Rishi Sunak in Belfast nur auf einen bilateralen Tee im noblen Grand Central Hotel trafen, statt sich gemeinsam auf einer Bühne zu präsentieren. „Der Besuch des US-Präsidenten war nicht, was er hätte sein können“, kommentierte der britische Nachrichtensender Sky News am Mittwoch. Weil die politische Situation in Nordirland weiter ungeklärt ist, fiel eine große Show anlässlich des Besuchs des US-Präsidenten in Nordirland aus. 

    US-Präsident Joe Biden erinnerte an das Leid im Bürgerkrieg

    Denn obwohl sich Sunak im Februar auf einen überarbeiteten Deal mit der EU geeinigt hatte, weigert sich die erzkonservative „Democratic Unionist Party“ (DUP) in Nordirland nach wie vor, einer Regierungsbildung mit der nationalistischen Sinn-Fein-Partei zuzustimmen. Im Regionalparlament „Stormont“ herrscht weiter Stille. Lange Zeit war unklar, ob Biden anlässlich des 25. Jahrestages des Karfreitagsabkommens überhaupt in den Norden der Insel reisen würde. Dieser hielt sich jedoch an seine Zusage, die er im März gegeben hatte, und flog nach Belfast. Statt eine Rede im Regionalparlament zu halten, sprach Biden nur an der Ulster-Universität. 

    In dem neu eröffneten Campus erinnerte er vor Regierungsbeamten, Wirtschaftsführern und Studenten an die Situation vor dem Karfreitagsabkommen, als in der Region ein Bürgerkrieg herrschte. „Jede Person, die in den sogenannten ,Troubles’ getötet wurde, hinterließ einen leeren Stuhl an einem Esstisch“, sagte er. Die Verhandlungen, die schließlich zu dem Abkommen führten, seien harte Arbeit gewesen.

    Biden appellierte an die DUP, die Regierungsarbeit wieder aufzunehmen

    Das Abkommen, das am 10. April 1998 in Belfast unterzeichnet wurde, gilt als Meilenstein für das Ende der Gewalt. Es legte unter anderem fest, dass Unionisten und Nationalisten im Regionalparlament gemeinsam regieren sollen. Die US-Regierung unter Bill Clinton spielte bei den Verhandlungen eine wichtige Rolle. Clinton wird kommende Woche in Nordirland erwartet. 

    Am Ende seiner Rede rief der US-Präsident DUP sanft dazu auf, ihre Regierungsarbeit wieder aufzunehmen. „Ich glaube, dass die durch das Karfreitagsabkommen geschaffenen demokratischen Institutionen für die Zukunft Nordirlands entscheidend bleiben“, sagte Biden. Mit der Blockade wehrt sich die Partei gegen den Deal mit der EU, mit dem eine harte Grenze zwischen dem einst vom Bürgerkrieg gebeutelten Landesteil Nordirland und der Republik Irland verhindert werden soll, indem die Zollgrenze in die Irische See verlegt wurde. Für sie rückte Großbritannien so in noch weitere Ferne. 

    Der US-Präsident auf den Spuren seiner irischen Vorfahren

    Die Blockade der DUP anzusprechen war deshalb für den Präsidenten so heikel, weil die Partei schon im Vorfeld klargemacht hatte, dass sie sich gerade von Joe Biden nicht unter Druck setzen lassen wolle. „Die Unionisten sehen die Rolle der USA kritisch“, sagte Katy Hayward, Professorin an der Queens University Belfast. Sie nehmen den Katholiken als einen „besonders grünen Präsidenten wahr“. Der DUP-Abgeordnete Sammy Wilson bezeichnete Biden im Vorfeld gar als „anti-britisch” und „pro-republikanisch”.

    Dass Biden einen engen Bezug zu Irland hat, spiegelte sich in seinen Reiseplänen wider. Nach seinem kurzen Besuch in Belfast reiste er am Mittwochnachmittag weiter in die Republik Irland. Auf dem Weg in die Hauptstadt Dublin wollte er die Grafschaft Louth besuchen, die einstige Heimat seines Urgroßvaters. Am Freitag ist eine Rede in der St. Muredach’s Cathedrale in Ballina im Nordwesten Irlands geplant. Die Kirche wurde aus Ziegelsteinen gebaut, die Vorfahren des 80-Jährigen einst verkauft haben sollen. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden