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Neuwahlen: Warum die Neuwahl ein Kraftakt ist

Neuwahlen

Warum die Neuwahl ein Kraftakt ist

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    So schnell wie es die Union gern hätte, wird Kanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage nicht stellen.
    So schnell wie es die Union gern hätte, wird Kanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage nicht stellen. Foto: Carsten Koall, dpa

    In der Hektik und Verwirrung nach dem Scheitern der Ampel-Koalition ist zumindest eines klar: „Ich kann Sie schon beruhigen, dass der Bundeskanzler am Mittwoch nicht die Vertrauensfrage stellen wird“, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin auf eine Journalistenfrage. Unions-Fraktionschef Friedrich Merz muss sich also noch ein wenig in Geduld üben. Der CDU-Politiker und Kanzlerkandidat hat den Kanzler aufgefordert, die Vertrauensfrage am Mittwoch zu stellen, und zwar in Verbindung mit der Regierungserklärung, die Olaf Scholz dann abhalten will. Neuwahlen immerhin wird es geben, darin sind sich alle einig. Der Weg dahin ist allerdings nicht einfach.

    Warum steht der 15. Januar nicht mehr?

    Nach Artikel 68 des Grundgesetzes kann sich der Regierungschef mit der Vertrauensfrage vergewissern, ob er noch die Mehrheit der Abgeordneten hinter sich hat. Findet der Antrag keine Mehrheit, kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Kanzlers innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen, und es gibt Neuwahlen. Nachdem Kanzler Scholz seinen Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen und damit das Ende der Ampel-Koalition besiegelt hatte, kündigte er an, am 15. Januar die Vertrauensfrage zu stellen. Davon ist er inzwischen abgerückt. Der Kanzler habe festgestellt, dass das ursprüngliche Verfahren, die Vertrauensfrage an diesem Tag zu stellen, „zu erheblichem Missmut geführt“ habe, erklärte Hebestreit.

    Wann kommt die Vertrauensfrage?

    Scholz hat die Antwort in die Hände der Fraktionsvorsitzenden Merz (CDU/CSU) und Rolf Mützenich (SPD) gelegt. Das ist ein wenig absurd, denn Merz hat ja schon gefordert, dass Scholz die Vertrauensfrage am Mittwoch stellen soll. Der Kanzler müsste sich also nur noch mit seinem Parteifreund Mützenich besprechen. Aber logisch ist in diesen Tagen wenig, und vor allem geht es Scholz weiterhin darum, dass er noch ein paar politische Vorhaben durchsetzt.

    Was will Scholz noch?

    Eine paar Dinge kann die Minderheitsregierung von Olaf Scholz ohne Zustimmung des Bundestages umsetzen. Es geht dabei vor allem um sogenannte überplanmäßige Ausgaben, über die Finanzminister Jörg Kukies (SPD) in Eigenregie entscheiden kann. Das Bürgergeld fällt beispielsweise in diesen Bereich. Bei anderen Vorhaben, der Erhöhung des Kindergeldes etwa, wäre er auf eine Mehrheit im Bundestag angewiesen. Andere Projekte, das Deutschlandticket zum Beispiel, benötigen die Zustimmung des Bundesrates. Mützenich wird im Auftrag von Scholz versuchen, diese Dinge in die Verhandlungen mit Merz zu nehmen. Eine Hand soll dann die andere waschen: Trägt Merz die Wünsche des Kanzlers mit, bekommt er frühere Neuwahlen. Ob sich der CDU-Politiker darauf einlässt, ist fraglich.

    Gibt es Fristen?

    Obwohl Merz und viele andere Akteure gerade so tun, als ob die nächste Bundestagswahl an einem völlig beliebigen Datum stattfinden kann, müssen natürlich einige Fristen beachtet werden. Die parteilose Bundeswahlleiterin Ruth Brand warnte in einem Brief an Scholz vor einem zu frühen Wahltermin und verwies auf den großen organisatorischen Aufwand. Es müssen Wahlausschüsse auf Kreis- und Landesebene berufen, Wahlhelferinnen und Wahlhelfer geworben und geschult, Wahlräume gefunden und ausgestattet werden. Wie wichtig eine gute Vorbereitung ist, zeigt der Rückblick auf den September 2021: Die Hauptstadt versank damals im Wahlchaos. Es gab sehr viele Unregelmäßigkeiten, die Wahl musste in Teilen wiederholt werden. Am Montag kam die Bundeswahlleiterin zu Gesprächen mit ihren Länderkollegen zusammen. Ein Ergebnis lag bis Redaktionsschluss nicht vor.

    Liegt es an den Parteien?

    Die CDU steht ihrem Vorsitzenden Friedrich Merz zufolge schon in den Startlöchern. Einen Parteitag brauchen die Christdemokraten formal nicht mehr, ihr Kanzlerkandidat ist gekürt. Die SPD hingegen will ihren eigentlich für Juni angesetzten Bundesparteitag vorziehen und dabei den Kanzlerkandidaten küren. Olaf Scholz ist bislang der einzige Bewerber. Bei der CSU heißt es, man sei „startklar für den Wahlkampf“, wie Generalsekretär Martin Huber erklärte. In drei Wochen seien alle Direktkandidaten gewählt, Wahlkampfmaterialien seien bereits vorsorglich fertiggestellt worden. „Deshalb: Keine billigen Ausreden der Bundeswahlleiterin. Wir sind bereit für Neuwahlen zum schnellstmöglichen Termin.“ Die Grünen halten am Wochenende in Wiesbaden ihren Parteitag ab, Robert Habeck geht als Kanzlerkandidat ins Rennen. Die AfD wird aller Voraussicht nach Alice Weidel als Kanzlerkandidatin benennen. Insgesamt scheinen die Parteien auf Neuwahlen gut eingestellt zu sein. Wobei niemand so wirklich Lust auf Wahlkampf bei Kälte und dunklen Wolken hat.

    Liegt es am Papier?

    Bei der nächsten Bundestagswahl sind mehr 60 Millionen Menschen wahlberechtigt. Sie alle müssen benachrichtigt, Briefwahlunterlagen müssen auf Wunsch verschickt, Wahlzettel gedruckt werden. Bundeswahlleiterin Brand hatte in ihrem Brief an Scholz darauf hingewiesen, dass „insbesondere in den letzten Jahren die Beschaffung von Papier und die Beauftragung geeigneter Druckdienstleister zunehmend“ schwerer geworden sei. In der aufgeregten Debatte wurde daraus von der Opposition der Vorwurf formuliert, eine schnelle Neuwahl werde durch einen Papiermangel im Land verhindert. Die Papierindustrie hat jedoch dementiert, dass sie nicht genügend Material zur Verfügung hat.

    Wie geht es weiter?

    Am Dienstag beraten die Fraktionen im Bundestag und kommen möglicherweise zu einer Einigung, wie der Fahrplan in Richtung Neuwahlen aussehen kann. Scholz könnte die Vertrauensfrage diese Woche noch am Donnerstag oder Freitag stellen. Oder aber in den verbleibenden beiden regulären Sitzungswochen in diesem Jahr. Die erste findet Anfang, die nächste in der dritten Dezemberwoche statt. Im neuen Jahr beginnt der Parlamentsbetrieb am 13. Januar 2025.

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