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Neuseeland: Rücktritt von Premierministerin Jacinda Ardern

Neuseeland

Jacinda Ardern war stark, weil sie keine Angst davor hatte, schwach zu sein

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    "Lass uns endlich heiraten!" Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern nach der Bekanntgabe ihres Rücktritts mit ihrem Partner Clarke Gayford.
    "Lass uns endlich heiraten!" Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern nach der Bekanntgabe ihres Rücktritts mit ihrem Partner Clarke Gayford. Foto: Ben Mckay, dpa

    Jacinda Ardern hat die Dinge schon immer ein bisschen anders gemacht als andere. Oft besser. Den Menschen zugewandt. Mit einem guten Gespür für den Augenblick. Die neuseeländische Premierministerin wusste um ihre Wirkung - und nutzte sie. Mit nur 37 Jahren wird sie Regierungschefin, eine der jüngsten der Welt. Sie nimmt Elternzeit, bringt ihr Baby kurzerhand mit zur UN-Vollversammlung und scheut sich nie, Emotionen zu zeigen. 

    In der Corona-Pandemie verhängt Neuseeland härtere Regeln als die meisten anderen Staaten. Nicht alle Entscheidungen erweisen sich im Nachhinein als richtig - und trotzdem gelingt es Ardern, ihre Landsleute mitzunehmen. Weil sie echt ist, unverstellt. Mit den gleichen Sorgen und Problemen wie all die Frauen und Männer und Kinder da draußen. Sie wirkt stark, weil sie schwach ist. 

    Was für die einen inszeniert erscheint, gibt anderen das Bewusstsein dafür zurück, dass Politiker auch nur Menschen sind und dass das auch völlig ok ist. Nach fünf Jahren endet dieses Experiment nun so überraschend, wie es begonnen hatte. Ardern verlässt die große Bühne - und sie tut es wieder anders als die meisten anderen. 

    Neuseelands Regierungschefin tritt überraschend zurück

    Am Donnerstag verkündet Jacinda Ardern ihren Rücktritt. Schon am 7. Februar macht die Premierministerin Schluss. Kein Skandal, kein Machtkampf, keine zerbrochene Koalition ist der Grund, sondern nur ihr Gespür für den richtigen Moment. "Ich weiß, was man für diesen Job braucht, und ich weiß, dass ich nicht mehr genug im Tank habe. Es ist so einfach", sagt sie in ihrer ersten Pressekonferenz des Jahres, von der niemand ahnte, dass es ihre letzte als Regierungschefin werden könnte. "Wir alle geben, solange wir geben können - und dann ist es vorbei", erklärt die inzwischen 42 Jahre alte Sozialdemokratin und fügt etwas pathetisch hinzu: "Und für mich ist es nun an der Zeit."

    Kritiker werden nun sagen: Die Show ist vorbei und die Umfragewerte waren zuletzt ohnehin gesunken. Doch viel spricht dafür, dass Jacinda Ardern als Kommunikationswissenschaftlerin zwar selbstverständlich weiß, dass Politik von Bildern lebt, diese Bilder aber nicht nur aus strategischen Gründen produzierte. Als ihre Tochter einmal eine Videoschalte crasht, weil sie der Meinung ist, es sei einfach noch nicht an der Zeit, um zu schlafen, ist das nicht gestellt. Es ist das normale Leben. Der Alltag in seiner ganzen Unplanbarkeit.

    Im Supermarkt übernahm Jacinda Ardern einmal die Rechnung einer jungen Mutter

    Als die Regierungschefin einmal auf einer Pressekonferenz darauf angesprochen wird, dass sie kurz zuvor in einem Supermarkt die Einkäufe einer jungen Frau bezahlt hatte, die mit etwas ratlos ihren Kindern an der Kasse stand und ihren Geldbeutel vergessen hatte, schien ihr das eher unangenehm zu sein. Nicht die PR-Abteilung der Politikerin, sondern die Frau aus dem Supermarkt hatte die Geschichte über Soziale Medien öffentlich gemacht, um sich zu bedanken. Auf die Frage, warum sie spontan eingesprungen sei, sagte Ardern, als sei das die einzig logische Antwort: "Weil sie eine Mutter ist."

    Viele Neuseeländerinnen und Neuseeländer sind stolz auf diese ungewöhnliche junge Frau, die ihr Land regierte. Von einer "Jacindamania" ist sogar die Rede. Und die fünf Jahre an der Spitze der Regierung sind keine einfachen. Nicht nur wegen Corona. Als ein rechtsextremistischer Attentäter in Christchurch in Moscheen 51 Menschen erschießt, als das ganze Land sprachlos ist, findet sie die richtigen Worte. Worte voller Empathie. 

    2020 wird sie souverän im Amt bestätigt. Eigentlich für drei Jahre. Doch Ardern gibt die Macht schon früher ab. Sie macht es mal wieder anders als andere. Sie merkt, dass die Akkus zur Neige gehen. Dabei sollte man immer "ein bisschen Reserve für die ungeplanten und unerwarteten Herausforderungen haben, die unweigerlich kommen", wie sie zum Abschied sagt. 

    Lächelnd erzählt sie am Donnerstag, sie freue sich darauf, wieder Zeit mit ihrer zu verbringen. "Also, an Neve: Mama freut sich darauf, dieses Jahr mit dabei zu sein, wenn Du eingeschult wirst. Und zu Clarke, lass uns endlich heiraten!"

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