Der Deutsche Bauernverband und die bayerische Staatsregierung fürchten angesichts der geplanten Reform des Tierschutzgesetzes um die Zukunft der typischen Weidewirtschaft im Alpenraum. Der ab kommender Woche im Bundestag beratene Gesetzentwurf der Ampel-Koalition sieht ein grundsätzliches Verbot der Anbindehaltung von Rindern vor. Das Gesetz setzt dabei auch der sogenannten Kombihaltung aus Sommerweide und Stall im Herbst und Winter langfristig enge Grenzen. Unter anderem müssten demnach Rinder auch während der kalten Jahreszeit zweimal die Woche Zugang zu Freigelände haben, was laut Bayerns Landwirtschaftsministerium nicht einmal jeder zehnte der 11.000 in Bayern betroffenen Höfe gewährleisten könne.
Bayern fürchtet Schaden für Kulturlandschaft durch Tierschutzreform
Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber lehnt die Koalitionspläne deshalb entschieden ab. „Die Kombihaltung mit Sommerweide ist für unsere Alpenregion prägend und existenziell“, sagte sie unserer Redaktion. „Es sind genau diese Betriebe, die mit ihren Tieren im Sommer auf den Almen und Alpen unsere einmalige bayerische Kulturlandschaft pflegen und erhalten“, sagte die CSU-Politikerin. „Die aktuellen Pläne der Bundesregierung gefährden die Zukunft dieser Betriebe“, warnte sie. Ohne weidende Rinder würden laut Experten Weidelandschaften langfristig mit Büschen und Bäumen zuwachsen. Derzeit gibt es in Bayern noch rund 2100 Bergbauernbetriebe.
Die Staatsregierung fürchtet, dass das neue Gesetz auch darüber hinaus zu einem massiven Strukturbruch bei den kleinbäuerlichen Milchviehbetrieben in Bayern führen könnte. Nur wenige Höfe hätten die Möglichkeit zum Um- oder Neubau eines sogenannten Laufstalls, da dies viel Kapital erfordere und gerade in Dörfern oft der Platz mit ausreichendem Abstand zur Wohnbebauung fehle. . „Oftmals sind die Hofstellen im Tal baulich so beengt, dass nicht ohne weiteres ein neuer Laufstall oder auch nur ein Laufhof gebaut werden kann“, sagte Kaniber.
Deutscher Bauernverband fordert Bayern zu Förderprogramm auf
Widerstand kommt auch vom Deutschen Bauernverband. „Die Kombihaltung, nach einem Modell, wie es Bayern vorschlägt, sollte auch weiterhin möglich sein“, sagte Präsident Joachim Rukwied unserer Redaktion. „Zugleich muss es aber eine deutlich stärkere Förderung von Investitionen in Laufstallhaltung geben“, nimmt er jedoch auch die Staatsregierung in die Pflicht. „Wir empfehlen der bayerischen Staatsregierung, ein Investitionsprogramm aufzulegen, damit Landwirte ihre Rinderhaltung Richtung Boxenlaufstall oder Ähnliches umbauen können“, forderte Rukwied. Eine stärkere Förderung sei überfällig, damit die bäuerlichen Betriebe mit Rinderhaltung eine klare Zukunftsperspektive hätten.
„Die Weidehaltung hat nicht nur eine Bedeutung für die Landwirtschaft, sondern auch für die Landschaft, den Tourismus und die damit verbundene Wirtschaft in Bayern“, sagte Rukwied. „Deswegen halten wir die finanzielle Förderung von tierfreundlichen Haltungsformen für einen politischen und gesamtgesellschaftlichen Auftrag.“ Die Bundesregierung schätzt den durchschnittlichen Investitionsbedarf für einen Betrieb mit 40 Rindern auf über 360.000 Euro, um auf zeitgemäße Laufställe umzustellen. Bundesweit liege der Kostenaufwand durch das neue Gesetz bei rund 900 Millionen Euro.
Bergweiden verzeichnen höchste Artenvielfalt in Bayern
Bayern fördert bereits Investitionen für die Umstellung von Anbinde- auf Laufstallhaltung mit bis zu 40 Prozent. Zudem investiert der Freistaat nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums jedes Jahr rund 32 Millionen Euro Fördermittel ausschließlich in die Alm- und Alpwirtschaft. Damit werde unter anderem die Beweidung durch Rinder wegen der Bedeutung für die Kulturlandschaft mit entsprechenden Flächenzahlungen mitfinanziert. Bergweiden gelten als Flächen mit der höchsten botanischen Artenvielfalt in Bayern. Rund 22.000 Hektar sind dabei als Biotope gesetzlich geschützt.
Hat man etwas anderes erwartet als großes Wehklagen des Bauernverbandes? Dass das Verbot der Anbindehaltung längst im Raum steht, wusste man. Und für die Bergbauern, die eine Kombination aus Stall- und Weidehaltung betreiben, gibt es lange Übergangsfristen und einen guten Kompromiss. Ist ein zweimaliges Luftschnappen pro Woche für almverwöhnte Rinder wirklich zu viel verlangt? Auch nach der 10-jährigen Frist dürfen Bauern mit weniger als 50 Rindern mit dem zweimaligen Freigang pro Woche als Auflage ihre Viecher anbinden. Darauf kann man sich einstellen. Tatsache ist, dass der Bauernverband sofort die Gelegenheit nutzt, um Panik zu schüren und gegen die Grünen zu wettern. Aber wer immer nur nach hinten schaut, wird irgendwann abgehängt, daran sollten die Bauern denken und vor allem planen, wie sie die neuen Vorgaben gut umsetzen können, ohne dass sie um ihre Existenz fürchten müssen. Die AZ ist natürlich wieder willfährig auf den Panikzug aufgesprungen.
Ich habe einen schönen Beitrag im Fernsehen dazu gesehen. Der Tenor dazu war: Hätte auch nur ein Politiker mal in einem Stall oder Hof geschafft, würde er nicht soviel Blödsinn daherreden. Das finde ich ziemlich gut auf den Punkt gebracht.
Weiterentwicklung des Tierschutzes ist also Blödsinn für Sie? Haben Sie sich die Novellierung des Gesetzes angesehen, um es von vornherein als Blödsinn abzutun? Das Problem ist nicht, dass ein Politiker mit der Stallarbeit vertraut sein muss (es gibt auch Politiker, die aus der Landwirtschaft kommen), sondern dass man sofort verurteilt und Stimmung macht, dass die Medien einseitig und ungenau berichten, in der Folge wird etwas zerredet, bevor es wehtut. Das war beim Heizungsgesetz so und auch bei anderen Vorhaben. Hauptsache es geht gegen die Grünen …
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