Das «Bündnis Sahra Wagenknecht» (BSW) hat nun auch einen Landesverband Hessen und ist damit in elf Bundesländern vertreten. Bei der Gründungsversammlung in Wiesbaden wählten die Mitglieder den früheren Linke-Politiker Ali Al-Dailami sowie den Unternehmer Oliver Jeschonnek zu Vorsitzenden. Mit dem Schritt liege man beim Parteiaufbau «voll im Plan», erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende des BSW, Shervin Haghsheno.
Für Hessen seien Themen wie Krieg und Frieden, die soziale Frage und die Bildung wichtig, sagte Al-Dailami, der auch Bundestagsabgeordneter der Partei ist, und mit 100 Prozent Zustimmung zum Landesvorsitzenden gewählt wurde. Im vergangenen Herbst war er aus der Linkspartei ausgetreten. Man wolle deutlich machen, dass man mit der außenpolitischen Situation «überhaupt nicht zufrieden» sei.
Forderung nach massiven Investitionen in Bildung
Mit dem Aufbau des Nato-Kommandos in Wiesbaden werde die hessische Landeshauptstadt «zu einer Drehscheibe des Ukrainekrieges» hinsichtlich Waffenlieferungen und Ausbildung von Soldaten. Im Falle einer möglichen Eskalation oder eine «Flächenbrandes» könne somit «auch Hessen zu einer Zielscheibe dieses Krieges werden». Nötig seien Verhandlungen und ein Ende des Krieges, sagte Al-Dailami.
Auch in Hessen lebten zudem Kinder, Rentnerinnen und Rentner in Armut, deshalb sei es ein «Zynismus», dass viel Geld in die Aufrüstung fließe. «Wir sagen ganz klar, auch damit muss Schluss sein.» Zudem brauche es massive Investitionen in die Bildung. Es dürfe nicht sein, dass der Geldbeutel der Eltern über den schulischen Werdegang eines Kindes entscheide.
Der 42-jährige Al-Dailami war von 2013 bis 2021 Vorsitzender des Kreisverbandes Gießen der Linken gewesen und von 2018 bis 2022 stellvertretender Parteivorsitzender. Der BSW-Co-Vorsitzende Jeschonnek ist 48 Jahre alt und führt ein mittelständisches Beratungsunternehmen. Er erhielt bei seiner Wahl 80,4 Prozent Zustimmung.
Jeschonnek setzt auf «wirtschaftliche Vernunft»
Als Mittelständler sei für ihn «wirtschaftliche Vernunft» ein zentrales Thema, sagte Jeschonnek. Er könne nicht länger zusehen, wie sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland verschlechterten. Dabei verwies er unter anderem auf zu viel Bürokratie, eine langsame Digitalisierung und eine marode öffentliche Infrastruktur.
Die Linken waren in Hessen bei der Landtagswahl im Oktober 2023 nach 15 Jahren im Parlament mit 3,1 Prozent (-3,2) an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Al-Dailami erklärte, die Linke habe sich in der Frage von Krieg und Frieden «nicht sehr klar gegen Waffenexporte» gestellt. Die Aussagen seien widersprüchlich. Mit der Neugründung des BSW-Landesverbandes wolle man klarmachen, dass es hier eine «Repräsentationslücke» gebe, die nicht nur die Linke offen gelassen habe.
Bei der hessischen Linken sieht man derweil keine große Schwächung durch das BSW. Seit der Ankündigung der Abspaltung des Bündnisses verzeichne man verstärkt Eintritte, «die anhalten und uns sehr freuen» - mehr als 420 seien es bisher in diesem Jahr gewesen. Der Landesverband sei stabil, und der Blick gehe nach vorne.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden