Selbst wenn in den kalten Monaten die nächsten Corona-Wogen durch das Land rollen, soll der Alltag der Menschen weitgehend normal laufen. Darauf hat sich die Bundesregierung in Gestalt von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) geeinigt. Im Klartext: Schulen bleiben auf, Geschäfte bleiben auf, Kneipen bleiben auf. Konzerte, Kinos und Theater können besucht werden. „Freiheitseinschränkungen darf es nur geben, wenn sie erforderlich sind. Lockdowns und Ausgangssperren erteilt unser Konzept deshalb eine Absage“, erklärte Buschmann am Mittwoch. Es sei richtig, mehr auf Eigenverantwortung der Bürger zu setzen, „so wie es auch die meisten anderen europäischen Staaten tun“.
Die Rollenverteilung zwischen beiden Ministern blieb gleich: Während Lauterbach der Seuchen-Mahner ist, gibt Buschmann den Freiheits-Verteidiger. Und es bleibt auch dabei, dass die Liberalen die Corona-Politik der Ampel-Koalition maßgeblich prägen. Für die meisten Menschen in Deutschland wird sich in Herbst und Winter im Vergleich zu heute nicht viel ändern. Im Fernzug und in Flugzeugen muss Maske getragen werden. Das gilt auch für Krankenhäuser und Altenheime. Um medizinische Einrichtungen betreten zu dürfen, muss wieder ein negativer Corona-Test vorgelegt werden. Davon ausgenommen sind dem Fahrplan der Ampel zufolge frisch Geimpfte und gerade Genesene.
Corona-Regeln ab Herbst: Länder können eine Testpflicht in Schulen und Kindergärten anordnen
Dieses Paket an Corona-Maßnahmen soll bundesweit als Mindeststandard gelten. Wenn die Länder es für nötig erachten, können sie die Maskenpflicht auch im Nahverkehr in Bussen, Straßenbahnen und Regionalzügen anordnen. Gleiches ist möglich in Schulen (ab Klasse fünf) und in Freizeit-, Sport- und Kultureinrichtungen sowie der Gastronomie. In diesen Bereichen kommt man allerdings um die Maske herum, wenn man einen negativen Test vorlegen kann oder vollständig geimpft ist und die letzte Dosis höchstens drei Monate zurückliegt. Auch wer kürzlich eine Infektion durchgemacht hat, ist befreit. Der Genesenenstatus soll für 90 Tage gelten.
Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, haben die Länder auch das Mittel, wieder eine Testpflicht in Schulen, Kindergärten und Asylbewerberheimen einzuführen. „Wenn die Situation es gebietet, gilt auch eine Maskenpflicht bei Außenveranstaltungen und es kommt zu Obergrenzen im öffentlichen Raum. Wir können die Pandemie nur gemeinsam überwinden“, sagte Lauterbach.
Neue Corona-Maßnahmen für den Herbst soll ab 1. Oktober greifen
Er spielte damit auf die schärfsten Schwerter der Seuchenpolitik an, die die Bundesregierung Ländern und Kommunen geben will. Für den Fall, dass das Gesundheitssystem an sein Limit gerät, können sie eingesetzt werden. Dazu zählen neben den von Lauterbach genannten Personenobergrenzen und der Pflicht zum Masketragen bei Veranstaltungen im Freien, auch die Erstellung von Hygienekonzepten (Desinfektionsmittel, Belüftung) sowie ein Abstandsgebot von 1,5 Metern in der Öffentlichkeit.
Der Corona-Fahrplan soll noch im August vom Bundeskabinett verabschiedet und dann durch das Parlament per Novelle des Infektionsschutzgesetzes beschlossen werden. Greifen werden die Corona-Vorgaben nach dem Willen von SPD, Grünen und FDP zwischen 1. Oktober dieses Jahres und 7. April nächsten Jahres. Sie werden nach den Worten Lauterbachs durch andere Instrumente ergänzt, um den Erreger zu bekämpfen. An erster Stelle steht eine weitere Impfkampagne mit neuen Impfstoffen, flankiert von einem Pandemieradar mit tagesaktuellen Daten. Für Pflegeheime soll ein angepasstes Schutzkonzept vorgelegt werden, um zu verhindern, dass sie wieder zu Sterbehäusern werden.