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Netanjahus Rede im US-Kongress: Proteste und Kritik begleiten den Besuch

Krieg in Nahost

Deutliche Kritik begleitet Netanjahus Rede

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    Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu winkt nach seiner Rede im US-Kongress. Hinter ihm der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, und der Vorsitzende des Senats für auswärtige Beziehungen, Ben Cardin.
    Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu winkt nach seiner Rede im US-Kongress. Hinter ihm der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, und der Vorsitzende des Senats für auswärtige Beziehungen, Ben Cardin. Foto: Julia Nikhinson, dpa

    Die Miene ernst, die Stimme fest, die Gesten kraftvoll, die Pausen gekonnt dramatisch: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hielt seine Rede vor dem US-Kongress am Mittwoch mit der gewohnten rhetorischen Wucht, unterbrochen nur vom Applaus der Zuhörer. Er sprach von den Gräueltaten der Hamas und dem Leid der israelischen Geiseln, pries den Mut israelischer Soldaten, verteidigte Israels Vorgehen im Gazastreifen, beschwor die amerikanisch-israelische Freundschaft und warnte vor den Umtrieben Irans. In weiten Teilen war die Rede erwartbar – und löste in Israel dennoch breite Enttäuschung aus.

    Viele Menschen, allen voran die Familien der Entführten, hatten gehofft, Netanjahu würde in Washington einen Durchbruch in den indirekten Verhandlungen mit der Hamas zur Befreiung der Geiseln verkünden. Stattdessen wurden sie am darauffolgenden Morgen auf schmerzhafte Weise an die Gefahren der Geiselhaft erinnert: Israels Armee, die IDF, hatte über Nacht die Leichen von fünf Geiseln in Gaza geborgen. Einige von ihnen hatten die Terroristen offenbar schon bei ihrem Großangriff vom 7. Oktober ermordet.

    Nancy Pelosi kritisiert Netanjahus Rede

    Mit seiner Rede habe Netanjahu beabsichtigt, „aus der Sendezeit und den stehenden Ovationen Kapital zu schlagen, ohne etwas Greifbares im Hinblick auf den Krieg und für die Menschen in Israel zu liefern“, sagte der israelische Analyst und Sicherheitsexperte Avi Melamed. Netanjahu strebe vorrangig danach, „seine Regierung zu bewahren“. Dies sei der „bei weitem schlechteste Auftritt eines ausländischen Würdenträgers“ gewesen, der das Privileg gehabt habe, vor dem US-Kongress zu reden, schrieb die frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, auf der Plattform X.

    Das sogenannte Forum, in dem viele Geiselfamilien sich organisiert haben, kritisierte Netanjahu ebenfalls. Zwei Wochen lang habe er sich geweigert, auf Anfragen der Vermittler in den indirekten Verhandlungen mit der Hamas zu antworten, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung. „Mit dieser Verzögerungstaktik wird bewusst die Chance sabotiert, unsere Lieben zurückzuholen. Sie untergräbt die Verhandlungen und weist auf ein schwerwiegendes moralisches Versagen hin.“

    Netanjahu hofft auf Sieg von Donald Trump

    Viele Kritiker Netanjahus werfen dem Premier vor, die Verhandlungen unnötig in die Länge zu ziehen, um seine eigene Macht zu sichern. Denn zwei seiner radikalen Minister drohen damit, die Koalition zu sprengen, sollte Netanjahu einem aus ihrer Sicht „schwachen“ Deal mit der Hamas zustimmen. Nicht alle jedoch teilen diese Lesart. Die linke israelische Zeitung Haaretz zitierte am Mittwoch anonym mehrere hochrangige Politiker aus Netanjahus Likudpartei mit der Einschätzung, Netanjahu strebe sehr wohl eine Einigung mit der Hamas an – aber mit leichter Verzögerung. „Netanjahu will ein Abkommen, das im August beginnt, so dass es hält, bis Trump ins Amt kommt“, sagte ein ungenannter Likudminister. In Israel gilt es weithin als ausgemacht, dass Netanjahu bei den US-Präsidentschaftswahlen auf einen Sieg Donald Trumps hofft, in der Annahme, dieser würde Israel bei den Kämpfen gegen die Hamas in Gaza und die Hisbollah im Libanon freiere Hand lassen. Allerdings könnten seine Hoffnungen enttäuscht werden. Israel müsse den Gazakrieg schnell beenden, sagte Trump am Donnerstag in einem Interview mit dem US-Sender Fox New, eine Forderung, die er in den letzten Monaten schon mehrfach geäußert hatte. Zudem soll Trump es Netanjahu noch immer übel nehmen, dass dieser nach der Präsidentschaftswahl 2020 Joe Biden zum Sieg gratulierte.

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    1 Kommentar
    Rainer Kraus

    Es ist scheinheilig und verwerflich, wenn man das Morden anmahnt, nichts unternimmt und die Verbrechen zulässt.

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