Alexej Nawalny sitzt seit Januar 2021 in Russland hinter Gittern. Er wurde mehrfach verurteilt, seitdem er aus Deutschland zurückkehrte, wo er sich von einer Vergiftung erholt hatte. Derzeit summiert sich seine Haftzeit auf neun Jahre, von denen er rund zweieinhalb Jahre abgesessen hat. Nun könnten viele weitere Jahre hinzukommen. Am Montag beginnt ein neuerlicher Prozess gegen den Kritiker des Kreml.
Nawalny aktuell: Neuer Prozess beginnt in Straflager
Nawalny muss sich ab Montag erneut vor Gericht verantworten. Nicht in einem ordentlichen Gerichtssaal, sondern direkt im Straflager Melechowo, in dem er derzeit sitzt. Die Anklage lautet unter anderem auf Verharmlosung von Faschismus und Aufrufen zum Extremismus. Auch die Gründung und Finanzierung einer extremistischen Organisation ist ein Hauptanklagepunkt. Als extremistische Organisation wurde unter anderem Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung eingestuft.
Die Anklage hat mehr als 700 Seiten Material zusammengestellt. Eine Verurteilung dürfte als wahrscheinlich gelten, wie ein aktuelles Urteil zeigt. Lilia Tschanyschewa wurde jüngst zu siebeneinhalb Jahren Straflager verurteilt. Sie hatte den Nawalny-Stab in Ufa geleitet. Das Urteil kam zustande, obwohl Tschanyschewa ihre Arbeit einstellte, als die Stäbe als extremistisch eingestuft wurden.
Nawalny News: Kremlkritiker drohen bis zu 30 Jahre Haft
Nawalny drohen bei der Anklage offenbar bis zu 30 Jahre Straflager unter erschwerten Bedingungen. Der im Exil lebende Iwan Schdanow, ehemaliger Leiter der Anti-Korruptions-Stiftung, ist sich sicher, dass es zu einer Verurteilung kommt. "Am Ende wird der Richter herauskommen und die Entscheidung verlesen: 30 Jahre Straflager unter erschwerten Bedingungen", sagte er in einem Video, das er bei Youtube veröffentlichte.
Schon jetzt wird Nawalny im Straflager unter erschwerten Bedingungen geführt. Der 47-Jährige wirkt kränklich und ausgezehrt. Im Februar gab er vor Gericht zu Protokoll, dass er seit Monaten fast ohne Unterbrechung in einer kleinen Strafzelle festgehalten wird. "Mir wurde gesagt: Aus der Strafzelle kommst du überhaupt nicht mehr raus. Drei Tage Strafzelle, weil ich einen Knopf nicht zugemacht habe. Fünf Tage, weil ich die Hände hinter meinem Rücken hatte. Dann sieben Tage, weil ich mich nicht richtig vorgestellt habe", sagte Nawalny.
Kommt es zur Höchststrafe, könnte Nawalny wohl erst im Frühjahr 2051 aus der Haft entlassen werden. Der Kremlkritiker hat wenig Hoffnung auf einen für ihn guten Ausgang der neuerlichen Gerichtsverhandlung: "Ich werde im Gefängnis sitzen, so lange dieses System existiert, so lange Putin an der Macht ist."