Zwischen Russland und der Ukraine herrscht Krieg. Nach einer ersten russischen Angriffswelle auf Städte im gesamten Land reagiert der Westen auch in militärischer Hinsicht: Die NATO hat am Donnerstagmittag ihre Verteidigungspläne für Osteuropa aktiviert. Doch welche Folgen hat das für die Bundeswehr? Und was bedeutet diese Entscheidung konkret?
Militär-Einsatz in der Ukraine schließt NATO aus – Schutz aber für Osteuropa
Russland greift die Ukraine nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg aus verschiedenen Richtung an und attackiert militärische Infrastruktur und wichtige Ballungszentren. Das Vorgehen mit Luft- und Raketenangriffen, Bodentruppen und Spezialkräften gefährde das Leben unzähliger unschuldiger Zivilisten, sagte er am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Brüssel.
Eine militärische Unterstützung der Ukraine schließt Stoltenberg weiter aus. "Wir haben keine Nato-Truppen in der Ukraine, und wir haben auch keine Pläne, Nato-Truppen in die Ukraine zu schicken", sagt Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. Er macht jedoch deutlich, dass die Verpflichtung zur kollektiven Verteidigung nur für die Nato-Alliierten gilt. "Wir unterstützen die Ukraine, wir bieten absolute Sicherheitsgarantien für die Nato-Verbündeten." Da die Ukraine kein Mitglied des Bündnisses ist, kann sie auch nicht nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags Beistand beantragen.
NATO aktiviert Verteidigungspläne für Osteuropa - was bedeutet das?
Zudem hat er bekannt gegeben, dass die NATO ihre Verteidigungspläne für Osteuropa aktiviert. Die Entscheidung soll im Nordatlantikrat gefallen sein. Mit diesem Akt erhält der Befehlshaber der Alliierten Streitkräfte in Europa die Befugnisse, um Truppen anzufordern oder zu verlegen.
Derzeit ist der US-amerikanische Generalleutnant Tod Walters der Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte in Europa. Er hatte angesichts der Situation zwischen Russland und der Ukraine bereits vergangene Woche die Bereitschaftszeiten für mehrere zehntausend Bündnissoldaten verkürzt. Somit müssen Kräfte der schnellen Eingreiftruppe NRF nun innerhalb von nur sieben Tagen verlegt werden können – normalerweise haben sie eine Verlegungsfrist von 30 Tagen.
Doch die Eingreiftruppe der NATO, die am schnellsten im Kriegsgebiet wäre, ist die so genannte VJTF-Truppe: Für sie beträgt die "Notice-to-Move"-Frist nur fünf Tage. Das bedeutet, dass die Soldaten innerhalb von höchstens fünf Tagen bereit für eine Verlegung ins Krisengebiet sein müssen. Die Einheiten dieser Truppe wären die ersten, die von der NATO an die Ostflanke verlegt würden.
Was bedeuten die NATO-Verteidigungspläne für Osteuropa für die Bundeswehr?
In einer Erklärung der 30 Mitgliedsstaaten begründet die NATO ihr Vorgehen folgendermaßen: "Wir haben beschlossen, zusätzliche Schritte zu unternehmen, um die Abschreckung und Verteidigung im gesamten Bündnis weiter zu verstärken." Alle getroffenen Maßnahmen seien aber weiterhin "präventiv, verhältnismäßig und nicht eskalierend". Die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten werden am Freitag zu einer Sondersitzung zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammenkommen.
Das Bundesverteidigungsministerium hat nach dem russischen Angriff auf die Ukraine "nationale Alarmmaßnahmen" ausgelöst. "Die Bundeswehr ist vorbereitet und erhöht derzeit weiter ihre Bereitschaft", teilte das Ministerium am Donnerstag in Berlin mit. "Das bedeutet auch, dass die Bevölkerung gegebenenfalls in den nächsten Tagen mehr militärische Bewegungen im öffentlichen Raum wahrnehmen kann."
Es könne zu Einschränkungen im Verkehrsbereich kommen, da Transportkapazitäten zu Lande, zu Wasser und in der Luft für militärische Zwecke vorgehalten werden müssten, so das Ministerium. Die Bundeswehr werde "bis in die einzelne Dienststelle vorbereitende Maßnahmen für den Fall einer Verlegung" der schnellen Eingreiftruppe NRF Force treffen.
Auch deutsche Einsatzkräfte sind gefragt, wenn es um den Schutz der NATO-Staaten in Osteuropa geht. Als Reaktion auf den Konflikt bereitet die Bundeswehr die Verlegung weiterer Eurofighter nach Rumänien vor. Dort sollen sie die Südostflanke der NATO schützen. Die Kampfflugzeuge werden noch am Donnerstag vom Fliegerhorst Neuburg an der Donau starten, wie unsere Redaktion erfuhr. Das Verteidigungsministerium hatte erst in der vergangenen Woche drei Eurofighter nach Rumänien verlegt.
Die Maschinen sollen vom Militärflughafen Mihail Kogalniceanu bei Konstanza aus in ein italienisches Eurofighter-Kontingent integriert werden. Diese Art der Zusammenarbeit macht es möglich, einen bestehenden Luftverteidigungsverband schnell aufwachsen zu lassen. Dazu zahlen auch gemeinsame "Schutzflüge" im Luftraum. Soldaten und Eurofighter gehören zum Taktischen Luftwaffengeschwader 74. (zian mit dpa)
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