Die Anschlagsserie, mit der Israel derzeit konfrontiert ist, ist die bisher größte Herausforderung für die Regierung von Premierminister Naftali Bennett. Viele Bürger fürchten um ihre persönliche Sicherheit. Innerhalb einer Woche wurden . Israel sei mit einer „mörderischen arabischen Terrorwelle konfrontiert“, meinte Bennett in einer Videobotschaft. Aber seine Regierung werde den Terrorismus „mit eiserner Hand“ bekämpfen.
Das Land ist in Alarmstimmung. Wer einen Waffenschein besitze, solle seine Waffe tragen, ermahnte der Premier die Bürger. Die Polizei beantragt 4000 neue Stellen, und Verteidigungsminister Benny Gantz will zum Schutz der Bevölkerung die Polizei mit 1000 Soldaten verstärken. Die einzelnen Terrorattacken scheinen zwar nicht koordiniert zu sein. Ihnen gemeinsam ist aber, dass sie durch Beiträge in den palästinensischen sozialen Medien initiiert sein könnten, in denen Terrorangriffe propagiert werden.
Weil für zwei Attentate der Islamische Staat die Verantwortung übernommen hat, wurden die Sicherheitskräfte angewiesen, Personen mit Verbindungen zu der Terrororganisation aufzuspüren. Der dritte Anschlag wurde von einem palästinensischen Arbeiter aus der Westbank ausgeführt, der illegal auf einer Baustelle in der Tel Aviver Vorstadt Bnei Brak beschäftigt worden war.
Am Donnerstag gab es wieder eine neue Attacke. Ein Palästinenser stach mit einem Schraubenzieher auf einen Israeli ein.
Auch das Regierungsbündnis schwebt wegen der Anschläge in Gefahr
Nicht nur die Bevölkerung ist über die Anschlagsserie beunruhigt, sondern auch die Koalitionsregierung. Sollte die Terrorserie anhalten, könnte das zum Kollaps des seit zehn Monaten bestehenden Regierungsbündnisses führen, sagen politische Beobachter. Die persönliche Sicherheit gehört zu den zentralen Themen in der israelischen Politik. Die Regierung verfügt nur über eine knappe Mehrheit im Parlament. In der bunt zusammengesetzten Koalition sind rechte, linke und eine Zentrumspartei vertreten, zudem eine islamistische Partei. Bennett wird daran gemessen werden, ob er die unterschiedlichen Ideologien in seiner Regierung auf eine gemeinsame Linie einschwören kann.
In Jerusalem wird derzeit erwogen, während des bevorstehenden Ramadan die besetzten Gebiete abzuriegeln. Davon wären 140.000 Palästinenser in den besetzten Gebieten betroffen, die einen Job in Israel haben und deren Löhne im Durchschnitt drei Mal höher sind als jene im Westjordanland. Ihre Einkünfte sind für die palästinensische Wirtschaft von größter Bedeutung und unterstützen eine halbe Million Familien. Mahmoud Abbas, der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, hat deshalb ein starkes Interesse, dass es nicht zu weiteren Anschlägen kommt.
Der Fastenmonat Ramadan ist für manche auch eine Zeit des Krieges
Aber Israel befürchtet eine weitere Eskalation der Lage vor Beginn des muslimischen Ramadan. Die meisten Moslems nehmen den Fastenmonat, der dieses Jahr am Samstag beginnt, zwar ernst. Sie verzichten von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang auf Speisen und Getränke, greifen nicht zur Zigarette und haben keinen Sex. Aber der Ramadan ist nicht nur eine Zeit der Einkehr, sondern ebenso ein Monat des Dschihad. Wer während des Fastenmonats Ungläubige umbringt, dem öffne Allah die Tore und offeriere ihm seine Barmherzigkeit, predigen fanatische Anführer: Die Tore des Paradieses würden den „Märtyrern“ geöffnet und die Tore der Hölle geschlossen.
Das Versprechen an Selbstmordattentäter, dass sich der Dschihad während des Ramadan besonders lohne, geht auf den Propheten Mohammed zurück. Im Jahr 624 errang er im Fastenmonat mit der Schlacht von Badr einen strategisch wichtigen Sieg über den mächtigsten Stamm von Mekka, seiner Heimatstadt. Seither ist der heilige Monat Ramadan für viele Moslems auch eine Zeit des Kriegs und des Terrors. Im vergangenen Jahr hatten im Ramadan Spannungen zwischen israelischen Streitkräften und Palästinensern an der Aksa-Moschee in Jerusalem zu einem elftägigen, blutigen Krieg des israelischen Militärs mit der radikal-islamischen Hamas geführt.