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Nach Turbulenzen: Abgeordnete im Landtag in Thüringen wählen Landtagspräsidenten

Thüringen

Thüringer Landtag ist arbeitsfähig, aber die AfD-Kandidatin zur Vizepräsidentin fällt durch

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    Der CDU-Politiker Thadäus König ist Landtagspräsident von Thüringen.
    Der CDU-Politiker Thadäus König ist Landtagspräsident von Thüringen. Foto: Hannes P. Albert, dpa

    Am Samstag sind die Abgeordneten des Thüringer Landtags erneut zusammengekommen, um das Parlament nach den Turbulenzen und dem Abbruch der konstituierenden Sitzung am Donnerstag arbeitsfähig zu machen. Nachdem der umstrittene AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler am Vormittag die Sitzung eröffnete, änderten die Abgeordneten das Verfahren zur Wahl des Landtagspräsidenten und wählten den CDU-Abgeordneten Thadäus König in das Amt. Im ersten Wahlgang stimmten 32 Abgeordnete für die AfD-Kandidatin Wiebke Muhsal, genausoviele wie die Fraktion Sitze im Parlament hat. 54 Stimmen entfiehlen auf den CDU-Vorschlag. Es gab eine Enthaltung.

    AfD-Kandidatin fällt bei konstituierender Sitzung des Landtags in Thüringen durch

    Am frühen Nachmittag wurden auch die Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten des Parlaments gewählt, Mit Abschluss der Wahl wurde der Landtag in Erfurt arbeitsfähig. Zu stellvertretenden Präsidentinnen und Präsidenten wurden Lena Güngör (Linke), Cornelia Urban (SPD) und Steffen Quasebarth (BSW) gewählt. Die AfD-Kandidatin Muhsal fiel in diesem Wahlgang durch. Die Partei hat aber die Möglichkeit, ihre Kandidatin in Zukunft erneut aufzustellen oder eine andere Person für das Amt vorzuschlagen.

    Vor der Wahl des Landtagspräsidenten wurde die Geschäftsordnung des Parlaments geändert. Die Fraktionen konnten damit von Anfang an Kandidaten für das Amt vorschlagen und mussten nicht auf das Vorschlagsrecht der stärksten Fraktion warten. Die AfD mit ihren 32 Abgeordneten, die bei der Landtagswahl vom 1. September erstmals in einem deutschen Länderparlament stärkste Kraft geworden war, stimmte gegen die Änderung.

    Debatte im Thüringer Landtag beruhigt sich nach Streit mit AfD-Alterspräsident

    Am Freitag war die CDU-Fraktion im Streit mit dem Alterspräsidenten über den Ablauf der Thüringer Landtagssitzung vor dem Verfassungsgerichtshof in mehreren Punkten erfolgreich. In einer Eilentscheidung setzten die Verfassungsrichter dem massiv in der Kritik stehenden AfD-Alterspräsidenten klare Regeln.

    Er muss das Parlament nun über eine aktualisierte Tagesordnung abstimmen lassen. Der Landtag darf zudem noch vor der Wahl der Landtagsspitze seine Geschäftsordnung ändern. Der Beschluss des Gerichts erging einstimmig. An diesem Samstag will das Parlament in Erfurt erneut zusammentreten.

    Die CDU-Fraktion dankte dem Verfassungsgerichtshof „für die schnelle Entscheidungsfindung“ und zitierte in einem Post auf X auch aus der Entscheidung des Gerichts. „Der Verfassungsgerichtshof hat das Parlament und die Rechte der Abgeordneten gestärkt, die Demokratie geschützt und ein Verfahren festgelegt, dass morgen die Handlungsfähigkeit des Parlaments hergestellt werden kann“, schreibt die CDU.

    In ihrem Beschluss gaben die Verfassungsrichter auch eine Art Regieanweisung zum Ablauf der Sitzung: Treutler muss demnach die vorläufigen Schriftführer ernennen, die Beschlussfähigkeit des Landtags feststellen und die von der bisherigen Landtagspräsidentin vorgelegte Tagesordnung von Mitte September zur Abstimmung stellen. Anschließend soll die Sitzung in der Reihenfolge der beschlossenen Tagesordnung fortgesetzt werden. Die AfD und Treutler hatten zuvor eine andere Rechtsauffassung vertreten.

    Die Verfassungsrichter erklärten: „Die beabsichtigte Regelung, die vorsieht, dass sämtliche Fraktionen - und nicht allein die stärkste Fraktion - bereits für den 1. Wahlgang Wahlvorschläge für die Wahl des Landtagspräsidenten unterbreiten dürfen, verletzt Verfassungsrecht nicht.“

    Die CDU hatte das höchste Thüringer Gericht als letztes Mittel angerufen nach einer chaotischen Landtagssitzung am Donnerstag mit einer Vielzahl von Unterbrechungen und der Verweigerung von Rede- und Antragsrechten durch Treutler. Ihrem Antrag schlossen sich auch BSW, Linke und SPD an.

    Tauziehen ums Präsidentenamt in Thüringen

    Hintergrund ist ein Tauziehen um das Vorschlagsrecht für die Besetzung des Präsidentenamtes. Die AfD besteht bisher auf der Besetzung des zweithöchste Staatsamt in Thüringen, weil sie erstmals in einem deutschen Landesparlament die stärkste Fraktion stellt. Sie sträubt sich gegen einen Antrag von CDU und BSW, wonach alle Fraktionen Personalvorschläge bereits im ersten Wahlgang unterbreiten könnten.

    Der Politikwissenschaftler Jürgen Falter sagte bereits vor der Entscheidung des Verfassungsgerichts im Interview mit unserer Redaktion, dass es hierbei unterschiedliche Rechtsauffassungen gebe: „Zumindest in einem Punkt ist die Verfassung nicht eindeutig formuliert, nämlich was passiert, wenn der von der stärksten Fraktion – also der AfD – vorgeschlagene Kandidat für das Amt des Landtagspräsidenten im ersten wie auch im zweiten Wahlgang keine Mehrheit findet. Können dann für den dritten Wahlgang die anderen Fraktionen eigene Kandidaten vorschlagen oder nicht?“ Die Thüringer Landesverfassung ließe hier Interpretationsspielraum.

    Er steht im Mittelpunkt des Polittheaters im Thüringer Landtag: AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler.
    Er steht im Mittelpunkt des Polittheaters im Thüringer Landtag: AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler. Foto: Martin Schutt, dpa

    Bisher liegt es bei der stärksten Fraktion, die in Thüringen erstmals in einem Landesparlament von der AfD gestellt wird. CDU, BSW, Linke und SPD haben bereits angekündigt, dass sie keinen AfD-Kandidaten in das zweithöchste Staatsamt in Thüringen wählen werden.

    Der chaotische Verlauf der Landtagssitzung und das Agieren der AfD hatten bundesweit für Aufsehen und Kritik gesorgt. Der Jenaer Verfassungsrechtler Michael Brenner warf der AfD vor, die Sitzung instrumentalisiert zu haben, „um ein bisschen die Demokratie, die Geschäftsordnung und vielleicht auch die Thüringer Verfassung vorzuführen und die Grenzen auszutesten“.

    Die AfD mit ihrem Rechtsaußen Björn Höcke ist vom Landesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft und wird beobachtet. Einen der vier Landtagsvizeposten soll aber auch die AfD beanspruchenden können, machte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, deutlich. (mit dpa)

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    13 Kommentare
    Franz Xanter

    Okay, das Verfassungsgericht hat entschieden! Aber hätte man dies nicht voraussehen können? Hätte man nicht bereits im Vorfeld die Geschäftsordnung ändern können? Ja, hätte man, wenn man qualifizierter Politiker bzw. Politikerin gewesen wäre. Die Anzeichen waren eindeutig und unmissverständlich! Man hätte im Vorfeld bereits handeln können, insbesondere um Schaden von der Demokratie der Politik abzuwenden und das problemlose Funktionieren dieser Demokratie sicherzustellen. Aber man wollte ja nicht! War man zu sehr mit sich selbst beschäftigt? Dachte man, die entsprechenden Prozente könnte man problemlos noch holen? Für mich zeugt dies alleinig von nicht qualifizierten Politikerinnen und Politikern, welche hier einen Wählerauftrag erfüllen sollen. Dies alles hätte vermieden werden können, doch scheinbar sind Politikerinnen und Politiker mehr mit sich selbst beschäftigt als notwendige Zeichen in der Demokratie zu erkennen und folgerichtig zu handeln.

    Wolfgang Leonhard

    Die Grünen hatten diese Änderung der Geschäftsordung noch in der alten Legislatur vorgeschlagen. Damals hat die CDU das unverständlicherweise abgelehnt. Diesen Streit, der nur der AfD nutzt, hätte man sich sparen können. Bei so viel politischer Dummheit kann man nur noch den Kopf schütteln.

    Johann Koch

    >>>Treutler muss demnach die vorläufigen Schriftführer ernennen, die Beschlussfähigkeit des Landtags feststellen und die von der bisherigen Landtagspräsidentin vorgelegte Tagesordnung von Mitte September zur Abstimmung stellen. <<< Ich gehe davon aus, dass Treutler auch dies einfach ignoriert.

    Wolfgang Leonhard

    Die AfD-Kandidation Muhsal ist eine verurteilte Betrügerin, die ausgerechnet den Thüringer Landtag mit einem fingierten Arbeitsvertrag betrogen hat. Ihre Aufstellung ist natürlich nur eine gezielte Provokation Höckes.

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    Thomas Keller

    Ich finde es erstaunlich das in solchen Positionen das erweiterte Führungszeugnis nicht vorgelegt werden muss. In der freien Wirtschaft kommt man vorbestraft nicht auf das Gelände bzw. bekommt die erst Stelle gar nicht. Diese "Volksvertreter" allerdings schon.

    Christoph Stenzenberger

    Wenn die CDU kategorisch alles was von den Grünen kommt kategorisch ablehnt, dann müssen sie jetzt halt um so lauer flattern. Dass sie damit Höcke diese schmierige Showeinlage ermöglicht haben und die AfD sich jetzt weiter zum Opfer der Altparteien geriert, nimmt man da doch gerne in Kauf, nicht wahr? Hauptsache die Grünen sind weg!?

    Rainer Kraus

    Thüringer Verfassungsgerichtshof: • Klaus von der Weiden: CDU • Anika Klafki: SPD • Jeris Petermann: LINKE • Jörg Geibert: CDU • Klaus Hinkel: SPD • Renate Wittmann: GRÜNE • Barbara Burkert: Grüne • Christoph Ohler? Noch Fragen Ihr Demokraten?

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    Robert Miehle-Huang

    Daß die Fascho-Partei im Thüringer Verfassungsgerichtshof ein ebenso unwürdiges Schauspiel abliefert wie im Landtag können sie nicht wirklich wollen, Herr Kraus, oder?

    Rolf Kalo

    Chrstoph Ohler ist dort auf Vorschlag der CDU. Keine weiteren Fragen!

    Wolfgang Leonhard

    Was wäre denn die Alternative zur Entscheidung des Verfassungsgerichts gewesen? Dass der eigentlich neutrale Alterspräsident von der AfD die Konstituierung des Landtags dauerhaft verhindert? Oder dass die anderen Parteien nachgeben und eine verurteilte Betrügerin zur Landtagspräsidentin wählen? Herr Kraus, Sie haben mal wieder gezeigt, wo Sie stehen.

    Walter Koenig

    Ihr Gelaber zeigt nur, dass Sie weder eine Ahnung von einem Rechtsstaat noch eine Ahnung von Gesetzen habe. Wenn Ihre AfD es könnte, dann wäre schnell Schluss mit dem Rechtsstaat. Einen Vorgeschmack konnte man ja schon bekommen, was die AfD von Recht und Gesetz hält.

    Maria Reichenauer

    Wenn niemand ein öffentliches Amt bekleiden dürfte, nur weil er Mitglied einer politischen Partei ist, das wäre ja absurd. Jurist bleibt Jurist und muss nach dem Gesetzbuch urteilen, nicht nach dem Parteibuch. Dennoch darf er eine politische Meinung haben, Ihre Frage läuft also ins Leere.

    Martin Goller

    Frau Reichenauer, sie missverstehen Herrn Kraus, und zwar auf die gefährlichste Weise: Herr Kraus und seine faschistenfreunde in der AfD und bei Trump Denken nämlich genau so: die anderen sind parteiisch und handeln nur nach Parteibuch. Wenn nun die AfD an der Macht ist, hat sie das Recht ihre Meinung auch durch Richter und Verwaltung voranzutreiben. Siehe Polen, siehe Ungarn, usw.

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