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Nach Tönnies-Skandal: "Mafiöse Strukturen": Linke kritisiert Zustände in deutscher Fleischindustrie

Nach Tönnies-Skandal

"Mafiöse Strukturen": Linke kritisiert Zustände in deutscher Fleischindustrie

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    Susanne Ferschl ist Stellvertretende Fraktionschefin der Linken.
    Susanne Ferschl ist Stellvertretende Fraktionschefin der Linken. Foto: Ralf Lienert

    Die Linke fordert deutlich mehr Kontrollen und Arbeitnehmerrechte, um Missstände in der deutschen Fleischindustrie zu bekämpfen. Das Verbot von Werkverträgen in der Branche reiche nicht aus, sagte die Stellvertretende Fraktionschefin der Linken, Susanne Ferschl. „Ein Hauptproblem ist, dass viel zu wenig kontrolliert wird“, betonte sie. „Im Nahrungsmittelbereich kommt nur alle 17 Jahre ein Kontrolleur in ein Unternehmen, um die Arbeitsverhältnisse zu kontrollieren“, sagte die Linken-Politikerin, die viele Jahre Gesamtbetriebsratschefin von Nestlé Deutschland war. „Da ist es logisch, dass hier Wildwuchs ohne Ende herrscht.“

    Ferschl nannte die Zustände in der deutschen Fleischindustrie eine Schande in Europa. „Hier handelt es sich tatsächlich um kriminelle und mafiöse Strukturen“, sagte die Linken-Politikerin. „Das fängt schon an, wenn man sieht, mit welchen Versprechungen und schönen Filmchen man versucht, die Menschen in ihrer osteuropäischen Heimat anzuwerben.“ Zum Teil müssten sich die Menschen 16-Stunden-Schichten leisten und sich dazwischen unter katastrophalen hygienischen Bedingungen in Mehrbettzimmern abwechselnd ein einzelnes Bett teilen. „Deutschland muss sich für diese Zustände vor den europäischen Nachbarn schämen“,  betonte Ferschl.

    Die Linke fordert einfachere Gründungen von Betriebsräten

    Auch im Ausland litten Wettbewerber mit ordentlichen Beschäftigungsverhältnissen unter dem deutschen Billigfleisch-System. „In Dänemark herrschen ganz andere Verhältnisse. Hier sind Stundenlöhne von 25 Euro üblich. Die Schichten sind auf 7,5 Stunden begrenzt, das ist teilweise die Hälfte von dem, was in der deutschen Fleischindustrie gearbeitet wird.“ Es sei ist absurd, dass Deutschland das europäische Schlachthaus geworden sei, weil nirgendwo so billig geschlachtet werden könne.

    Die Linke sieht einen Haupthebel in mehr Mitbestimmung und fordert einfachere Gründungen von Betriebsräten: „Arbeitnehmervertreter haben einen sehr guten Einblick, was in ihrem Betrieb läuft und haben per Gesetz die Aufgabe, darüber zu wachen, dass die gesetzlich geltenden Rechte der Mitarbeiter eingehalten werden“, betonte Ferschl. Dies sei der bessere Weg als eine Tierwohlabgabe oder die Forderung nach einen Mindestpreis für Fleisch. „Wir brauchen neben klaren Regelungen in der Landwirtschaft und in den Unternehmen auch ein Lieferkettengesetz, an das der Einzelhandel gebunden ist. Nur so löst man die Probleme und nicht umgekehrt.“ (pom)

    Das vollständige Interview mit Susanne Ferschl lesen Sie hier.

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