Nach der Tötung zweier ukrainischer Soldaten im oberbayerischen Murnau konzentrieren sich die Ermittlungen auf die Klärung des Tatmotivs. "Das Motiv der Tat ist derzeit noch unklar, wobei eine politische Tatmotivation nicht ausgeschlossen werden kann und in alle Richtungen ermittelt wird", teilte die Generalstaatsanwaltschaft München am Montagnachmittag mit. Die Behörde hatte zuvor die Ermittlungen übernommen. Konkret zuständig innerhalb der Behörde ist die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET).
Die beiden Männer im Alter von 23 und 36 Jahren waren am Samstagabend auf dem Gelände eines Einkaufszentrums in Murnau in Oberbayern erstochen worden. Die Polizei nahm kurz darauf einen Mann unter dringendem Tatverdacht fest. Es handelt sich dabei um einen 57 Jahre alten Russen. Er wohne bereits seit Anfang der 1990er-Jahre in Deutschland, teilte die Generalstaatsanwaltschaft weiter mit. Der Obduktion zufolge erlagen die Männer an ihren schweren Stichverletzungen. Der ältere der beiden starb direkt am Tatort, der jüngere kurze Zeit später in einem Krankenhaus. Die Männer hatten im Landkreis Garmisch-Partenkirchen gelebt.
Nicht zwingend politische Motive bei Tötung zweier Ukrainer in Murnau
Dass die Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen an sich zieht, bedeutet jedoch nicht, dass zwingend auch eine politische Tatmotivation hinter dem Fall steckt. Laut Polizeiangaben gab es zunächst auch keine Hinweise darauf, dass der russische Angriffskrieg eine Rolle spielte. In Deutschland leben Hunderttausende Ukrainer und Russen.
Nach den bisherigen Ermittlungen kannten sich die drei Männer. Es habe eine Vorbeziehung bestanden, erläuterten die Ermittler. Es sei davon auszugehen, dass alle drei Alkohol konsumiert hatten. "Bei dem Tatverdächtigen haben wir eindeutige Anhaltspunkte, dass er alkoholisiert war", sagte Polizeisprecher Stefan Sonntag. Ukrainischen Medien zufolge waren die beiden Männer nach Kriegsverletzungen zur medizinischen Rehabilitation in Deutschland. Die Generalstaatsanwaltschaft teilte dazu mit, die beiden hielten sich seit der zweiten Jahreshälfte 2023 für medizinische Behandlungen in der Region Murnau auf.
Murnaus Bürgermeister schockiert nach Bluttat
Am Tatort an einem Einkaufszentrum lagen am Montag zahlreiche Blumen und Transparente, am Boden standen Kerzen. "Die Ukrainer des Bezirks trauern zutiefst und verurteilen das Verbrechen!" war zu lesen, auf einem anderen Plakat stand "Nein - Terrorismus! Nein - Krieg! Nein - Morde! Nein - Tod!" Daneben Bilder der beiden Getöteten und die ukrainische Flagge. Einheimische zeigten sich schockiert. Viele kamen an den Ort, legten Blumen nieder - manche verharrten im stillen Gebet. Murnaus Bürgermeister Rolf Beuting (ÖDP) sagte dem BR, die ukrainische und die deutsche Gemeinschaft seien geschockt. Einen Zusammenhang mit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine sah der Bürgermeister nicht. Er bezeichnete die Tat als bedauerlichen Einzelfall, "in dem wohl sehr viel Alkohol eine Rolle gespielt hat".
Gegen den Tatverdächtigen erging bereits am Sonntag Haftbefehl. Einen Bericht des Bayerischen Rundfunks, nach dem der Tatverdächtige die Tat eingeräumt hat, bestätigten die Ermittler zunächst nicht. Auch zu den Verletzungen der beiden Getöteten, die dem Vernehmen nach in Murnau behandelt wurden, äußerten sich die Ermittler nicht. Es gehe hier um Persönlichkeitsrechte, sagte Polizeisprecher Sonntag.
Ukrainischer Außenminister Kuleba dankt deutschen Behörden
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hatte seine Diplomaten angewiesen, den Fall besonders im Blick und den ständigen Kontakt zu den Sicherheitsorganen Deutschlands zu halten, damit der Verdächtige nach der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werde, hieß es in den Berichten vom Sonntagabend. Kuleba dankte den deutschen Behörden für die Festnahme des 57 Jahre alten Verdächtigen, wie das Internetportal "Ukrajinska Prawda" berichtete. In der Ukraine wurde zunächst noch geklärt, in welchen Einheiten die Männer gedient hätten, hieß es in den Medienberichten aus Kiew. Es werde auch Kontakt zu den Angehörigen aufgenommen. (dpa)