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Münchener Sicherheitskonferenz: Sicherheitskonferenz in München: „Nicht im Krieg, nicht mehr im Frieden“

Münchener Sicherheitskonferenz

Sicherheitskonferenz in München: „Nicht im Krieg, nicht mehr im Frieden“

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    Wie will sich die EU in Zukunft verteidigen und wie die Sicherheit der Ukraine garantieren? Fragen, die auf der Münchner Sicherheitskonferenz diskutiert werden.
    Wie will sich die EU in Zukunft verteidigen und wie die Sicherheit der Ukraine garantieren? Fragen, die auf der Münchner Sicherheitskonferenz diskutiert werden. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Bundeskanzler Olaf Scholz fackelt auf der Bühne des Bayerischen Hofes nicht lange. Der SPD-Kanzlerkandidat eröffnet den zweiten Tag der 61. Münchener Sicherheitskonferenz. Und er widerspricht dem amerikanischen Vizepräsidenten J. D. Vance gleich sehr direkt.

    Der hatte während seines Auftritts am Freitag – ohne die Partei beim Namen zu nennen - der AfD das Wort geredet, in großen Teilen eine innenpolitische Ansprache gehalten und unter anderem gesagt: „Es gibt keinen Platz für Brandmauern.“ Vance traf wenig später AfD-Chefin Alice Weidel – nicht Scholz. Im Laufe des Tages lobte US-Präsident Donald Trump dann die umstrittene Rede seines Vizes. Das war die Ausgangslage, als der Kanzler an das Mikron trat.

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht während der 61. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht während der 61. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Foto: Boris Roessler, dpa

    Scholz, der sich in den letzten Tagen des Wahlkampfes zunehmend kämpferisch gibt, ging zunächst auf Vance Besuch im KZ Dachau kurz vor Sicherheitskonferenz ein. Die Lehre aus der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands, sagte Scholz, sei: „Nie wieder“. Dann machte er seinen Punkt: Das Bekenntnis zum „Nie wieder“ sei nicht mit der Unterstützung der AfD in Einklang zu bringen, die das monströse Verbrechen der nationalsozialistischen Vergangenheit als „Vogelschiss“ der deutschen Geschichte verharmlose. Scholz: „Deshalb werden wir es nicht akzeptieren, wenn zugunsten dieser Partei in unsere Demokratie, und unsere Wahlen und unsere demokratische Meinungsbildung eingegriffen wird.“ Das gehöre sich nicht, erst recht nicht unter Freunden, „und das weisen wir entschieden zurück.“ Starker Applaus im Bayerischen Hof. Auf eine spätere Nachfrage, ob er irgendetwas Gutes an Vance Rede gefunden habe, sagte Scholz dann alles Mögliche. Nur, wie ein „Ja“ klang es nicht.

    Olaf Scholz auf der Sicherheitskonferenz: Niemals Unterstützung für einen Diktatfrieden

    Der Kanzler, der möglicherweise seine letzten Tage im Amt hat, machte sich dann weiter für die Unterstützung der Ukraine stark. Vor dem Hintergrund der von Trump angekündigten Friedensgespräche mit Russlands Herrscher Wladimir Putin, bei denen nicht klar ist, ob und wenn ja wie die Ukrainer oder die EU eingebunden sind, sagte er: „Ein Diktatfrieden wird niemals unsere Unterstützung finden.“ Auch auf eine Lösung, die amerikanische und europäische Sicherheitsinteressen entkoppele, werde man sich nicht einlassen. Davon profitiere nur einer: Putin. Der könne nicht damit rechnen, dass die Unterstützung für die Ukraine nachlasse. Und er habe seine Ziele nicht erreicht, Schweden und Finnland seien in die Nato eingetreten, Wolodymyr Selenskyj sei immer noch Präsident der Ukraine.

    Wie aber will Deutschland, wie will die EU militärisch stark werden? Wie schon am Vortag Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) machte sich auch Scholz für eine Reform der Schuldenbremse stark. Es würde künftig dreistellige Milliarden-Beträge für Verteidigung gebraucht, das gehe nicht mit kleineren Einsparungen. Und er griff den Vorschlag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf, die Schuldenregeln zu lockern, damit die EU-Staaten ihre Verteidigungsausgaben erhöhen können.

    Selenskyj fragt auf der Münchner Sicherheitskonferenz: „Sind Ihre Streitkräfte bereit?“

    Wer an dieser Stelle sehr aufmerksam zuhörte, war Selenskyj selbst. Er kam nach Scholz auf die Bühne und hatte dessen Bekenntnis, dies sei „die Stunde Europas“ im Ohr. Eine solche würde er sich wünschen. Allerdings: Nicht mal ein gemeinsamer Auftritt von Scholz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron wird auf der Sicherheitskonferenz zustande kommen. Deren Chef Christoph Heusgen hatte kurz vor Start dem Deutschlandfunk geschildert, wie er daran gescheitert war, die beiden gemeinsam auf eine Bühne zu bekommen. Der frühere außenpolitische Berater von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte beklagt, wie schlecht es um die deutsch-französische Beziehung - früher immer der Motor für europäischen Fortschritt - bestellt sei.

    Selenskyj legte auf der Bühne sofort den Finger in die Wunde. Er fragte die EU: „Sind Ihre Streitkräfte bereit?“ Er forderte eine eigene europäische Armee, eine geeinte Stimme Europas. US-Präsident Trump akzeptiere keine Schwäche. Mit wem der rede? „Wenn es nicht Brüssel ist, dann ist es Moskau.“

    Bundeswahlkampf auf internationaler Bühne?

    Inwieweit Scholz an der von Selenskyj geforderten Einheit Europas weiterarbeiten kann, entscheidet sich bei der Bundestagswahl kommende Woche. War sein Auftritt im Bayerischen Hof einer der letzten auf der ganz großen internationalen Bühne? In Umfragen liegt die SPD seit Wochen sehr stabil deutlich hinter der mit Abstand führenden CDU. Deren Kanzlerkandidat und Scholz Herausforderer Friedrich Merz hat Samstagmittag seine Zeit, um sich auf einem Panel zu positionieren. Im Gegensatz zu Scholz hat er Vance am Rande der Konferenz getroffen.

    Merz Auftritt beginnt mit einer für ihn feinen Sache. Die Moderatorin redet ihn bereits als Bundeskanzler an. Der freut sich sichtlich, dankt für das Kompliment und sagt dann zu: „Zwischen ihnen und mir liegen noch 60 Millionen Wähler.“

    Natürlich wird auf den verschiedenen Podien in München auch Wahlkampf gemacht. Es wird dann aber schnell wieder ernst und es geht um das Eigentliche der Konferenz: Der CDU-Chef macht klar: „Es geht um die gesamte politische Ordnung, die wir seit 1990 in Europa aufgebaut haben. Deswegen halten wir zu der Ukraine.“ Die EU müsse alles tun, damit diese aus einer Position der Stärke verhandeln könne. Auch Merz sagt in Richtung der neuen Trump-Administration: „Es ist absolut inakzeptabel, dass Russland und die USA verhandeln, ohne dass die Ukraine und die EU dabei sind.“

    „Wir müssen unsere Verteidigungsausgaben aufbessern“, fordert Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der CDU auf der Münchner Sicherheitskonferenz.
    „Wir müssen unsere Verteidigungsausgaben aufbessern“, fordert Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der CDU auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Foto: Matthias Schrader, AP, dpa

    Was Merz dieses Mal zu Taurus-Lieferungen sagt

    Auch Merz betont: „Wir müssen unsere Verteidigungsausgaben aufbessern, das ergibt sich aus den vergangenen drei Jahren.“ Das Sondervermögen werde 2027 aufgebraucht sein, danach müsse das Militärbudget im regulären Haushalt aufgestockt werden. „Wir müssen sehr viel mehr Geld ausgeben.“ Woher es kommen soll, bleibt offen. Merz will aber nicht nur über Ressourcen reden, sondern auch über Standardisierung, Vereinfachung und das Nutzen von Größenvorteilen bei der Produktion. „Ich kann nicht akzeptieren, dass wir in der EU 150 verschiedene Waffensysteme produzieren.“ Donald Trump habe schon während seiner ersten Präsidentschaft darauf gedrungen, dass die EU mehr für Verteidigung tue. Seither sind Jahre vergangen. Merz betont. „Wenn wir jetzt nicht den Weckruf hören, dann ist es vielleicht zu spät für die gesamte Europäische Union.“

    Natürlich geht es in der Folge auch um die von Kanzler Scholz nach wie vor verweigerten Taurus-Lieferungen für die Ukraine: Auf Nachfrage von Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), ob er diese als Regierungschef freigeben würde, sagt Merz dieses Mal: „Meine persönliche Ansicht ist: Wir sollten liefern, aber auf koordinierte Weise im europäischen Rahmen.“ Er sei bereit, dass Deutschland unter seiner Führung wieder eine führende Rolle in Europa übernehme.

    Es scheint an der Zeit dafür zu sein. Den Zustand, der auch die Stimmung des sicherheitspolitischen Gipfeltreffens an diesem Wochenende auf den Punkt bringt, formuliert die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, die mit Merz in der Diskussionsrunde sitzt. Sie sagt: „Wir sind nicht im Krieg, aber wir sind auch nicht mehr im Frieden.“

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    6 Kommentare
    Thomas Thürer

    Was will uns Scholz damit sagen? „ wir es nicht akzeptieren, wenn zugunsten dieser Partei in unsere Demokratie, und unsere Wahlen und unsere demokratische Meinungsbildung eingegriffen wird“ Werden die Wahlen, wie in Rumänien, annulliert, wenn der SPD das Ergebnis nicht passt? Was versteht Scholz unter „Eingreifen“? Dürfen nur die „demokratischen“ Parteien Meinungen vortragen? Wieso waren SPDler im US-Wahlkampf unterwegs? Wieso äußern sich SPIEGEL und ARD zum gesellschaftlichen System in den USA? Ist das kein „Eingreifen“? Warum kam man sich nicht inhaltlich austauschen, sondern feuert polemisch inhaltsreich Blendgranaten?

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    Wolfgang Steger

    Herr Thürer, glauben Sie ernsthaft, dass amerikanische Wähler den Spiegel lesen oder ARD schauen , dass es sie interessiert hat, wenn SPD Politiker in ihrem Land waren ? Dass der USA Vize in München eine Wahlempfehlung während des deutschen Wahlkampfes abgibt, wundert nicht, denn die Faschisten halten weltweit zusammen.

    Friedrich Eckert

    "glauben Sie ernsthaft, dass amerikanische Wähler den Spiegel lesen oder ARD schauen" Ist es nicht völlig egal, was die amerikanischen Wähler machen oder nicht? Wenn deutsche Politiker und Medien sich im US-Wahlkampf für Harris positionieren, darf man dann nicht heulen, wenn es umgekehrt auch gemacht wird. Diese Unterstellungen Ihrerseits sind einfach niveaulos.

    Wolfgang Steger

    Herr Eckert, wollen Sie nicht verstehen, um was es geht ? Deutsche Medien und Politiker haben nicht in den amerikanischen Wahlkampf eingegriffen, weil der amerikanische Wähler weder deutsche Medien liest , noch mitbekommt, was deutsche Politiker gesagt haben. Haben Sie Belege dafür, dass deutsche Spitzenpolitiker sich in Washington an das amerikanische Volk gewandt haben mit der Forderung, es sollte Harris wählen?

    Inge Brenner

    Karl Brenner Sehr interessant, dass Herr Merz bei der Lieferung von Waffensystemen wie Taurus schon vor er zum Kanzler gekürt wird etwas zurückrudert und betont, dass Waffenlieferungen immer in Absprache mit Europa stattfinden, und er somit seine knackige Forderung als Oppositionsführer jetzt schon relativiert.

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    Franz Xanter

    "Wir sollten liefern, aber auf koordinierte Weise im europäischen Rahmen." Bedeutet doch, dass in Koordination geliefert wird. Eine Absprache im Sinne von wer liefert wann was. Bedeutet in der Ausführung aber auch, es wird geliefert.

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