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Milliardendefizit: Bei Krankenkassen wächst der Widerstand gegen weitere Erhöhung des Zusatzbeitrags

Milliardendefizit

Bei Krankenkassen wächst der Widerstand gegen weitere Erhöhung des Zusatzbeitrags

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    "Unter dem Strich müssen Beitragszahler die Zeche zahlen, indem die Beiträge 2024 und in den Folgejahren steigen", sagt der DAK-Vorstandsvorsitzende Andreas Storm der Augsburger Allgemeinen.
    "Unter dem Strich müssen Beitragszahler die Zeche zahlen, indem die Beiträge 2024 und in den Folgejahren steigen", sagt der DAK-Vorstandsvorsitzende Andreas Storm der Augsburger Allgemeinen. Foto: Jens Kalaene, dpa

    Bei den Krankenkassen wächst die Kritik an der Bundesregierung geplanten weiteren Erhöhung der Zusatzbeiträge. „Wenn der Bund sich weigert das wachsende strukturelle Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung mit einem höheren Steuerzuschuss auszugleichen, muss er den allgemeinen Beitragssatz erhöhen und nicht am Zusatzbeitrag schrauben“, sagte der Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen VDEK Uwe Klemens der unserer Redaktion. Auch die Chefin der 1,4 Millionen Mitglieder starken Knappschaft-Krankenkassen, Bettina am Orde, warnte vor einem ruinösen Wettbewerb auf Kosten der Krankenkassen, wenn sich die Bundesregierung ihrer Verantwortung entziehe. 

    Krankenkassen: Bund wälzt seine Aufgaben auf Beitragszahler ab

    „Das wachsende Defizit liegt nicht am Wirtschaften einzelner Krankenkassen, sondern daran, dass die Politik immer mehr gesamtgesellschaftliche Aufgaben auf die Gesetzliche Krankenversicherung und damit die Beitragszahler abwälzt“, sagte der ehrenamtliche Ersatzkassenverbands-Vorsitzende Klemens. „Deshalb wäre es ein Gebot der Logik, ehrlicherweise den allgemeinen Beitragssatz zu erhöhen, wenn man wie der Bundesgesundheitsminister feststellt, dass die Einnahmen nicht mehr auskömmlich sind und es zugleich keine Leistungskürzungen geben soll“, betonte er. 

    Der gesetzlich festgeschriebene allgemeine Beitragssatz in der Krankenversicherung liegt seit 2015 bei 14,6 Prozent, der mögliche Zusatzbeitrag stieg zum Jahreswechsel von 1,3 auf 1,6 Prozent.

    „Der Gesundheitsminister und der Finanzminister sollten sich deshalb so ehrlich sein und den gesetzlichen Beitragssatz erhöhen, wenn sie keine Mittel aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung stellen wollen, anstatt die Kassen in höhere Zusatzbeiträge zu zwingen“, sagte Klemens. Er stellte sich damit hinter einen Vorstoß von DAK-Chef Andreas Storm, der zuvor im Gespräch mit unserer Redaktion Ehrlichkeit in der Beitragsdebatte gefordert und vor einem drohenden unfairen Wettbewerb unter den Krankenkassen gewarnt hatte, wenn der Zusatzbeitrag wie von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigt weiter steigen sollte.

    Knappschaft-Chefin warnt Regierung vor ruinösem Wettbewerb

    Auch die Geschäftsführerin der Knappschaft–Krankenkassen am Orde warnte, davor die Kassen für Probleme haftbar zu machen, für die sie nicht verantwortlich seien. „Die Finanzierung, die über die Beitragszahlenden läuft, sollte sich zwingend über den allgemeinen Beitragssatz und keinesfalls über den kassenindividuellen Zusatzbeitrag generieren“, forderte sie. „Letzteres nähme erneut die Kassen für Maßnahmen in die Pflicht, die sie nicht zu verantworten haben und verstärkt einen ruinösen Wettbewerb.“ Sie warnte vor unklaren Belastungen durch die geplante Krankenhausreform. „Diese dürfen keinesfalls ausschließlich den Beitragszahlenden auferlegt werden“, warnte am Orde.

    Die Krankenkassen hätten einmütig Vorschläge gemacht, wie sich Beitragssatzerhöhungen vermeiden ließen. „Die Absenkung der Mehrwertsteuer von Arzneimitteln auf das Niveau von Lebensmitteln oder die auskömmliche Finanzierung der Krankenversicherung von Bürgergeldempfangenden sind Maßnahmen, die auch langfristig stabilisierend wirken würden“, sagte am Orde. Eine finanzielle Entlastung in einer Größenordnung von bis zu 15 Milliarden Euro wäre damit erreichbar.

    Ersatzkassen: "Niemand weiß, woher Geld für Krankenhausreform kommen soll"

    Auch der VDEK-Verbandsvorsitzende Klemens forderte die Bundesregierung auf, wie im Koalitionsvertrag angekündigt, gesamtgesellschaftliche Aufgaben aus Steuergeldern zu finanzieren. „Allein für die Krankenversicherung der Bürgergeldempfänger überweist der Bund gut zehn Milliarden Euro zu wenig, dazu kommen nochmal 5,3 Milliarden Euro Corona-Kosten für die Sicherung der Pflege, die der Bund den Kassen bisher nicht erstattet hat“, kritisierte Klemens. „Und niemand weiß, woher das vom Minister versprochene Geld für die zusätzlichen Kosten zum Umbau der Kliniklandschaft bei der Krankenhausreform herkommen soll.“

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den gesetzlich festgelegten durchschnittlichen Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung zu Jahresbeginn von 1,3 auf 1,6 Prozent angehoben und im Juni eine Erhöhung für 2024 auf maximal 2,0 Prozent vorhergesagt.

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