Kriminelle Syrer und Afghanen sollen in Kürze in ihre Heimatländer abgeschoben werden. Das kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin an. „Wir arbeiten ganz präzise daran, dass Sie bald auch zum Beispiel berichten können über Abschiebungen, die nach Afghanistan konkret durchgeführt worden sind“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch während der traditionellen Pressekonferenz vor der Sommerpause. Seine Ankündigung bezog straffällige Syrer mit ein.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hatte zuvor geurteilt, dass Flüchtlinge bei einer Rückführung nach Syrien nicht mehr ernsthaft bedroht seien. Bislang gilt der Grundsatz, dass in das von Diktator Baschar al-Assad beherrschte Land keine Schutzsuchenden aus Deutschland zurückgeschickt werden. Gleiches gilt für das von den radikalislamischen Taliban kontrollierte Afghanistan. „Ich habe das Urteil mit Interesse gesehen. Das unterstützt die Haltung der Bundesregierung und auch die Haltung des Bundeskanzlers“, meinte Scholz.
Niemand sei vor Assads Folterregime sicher
In Münster verhandelt wurde der Fall eines Mannes, der an der Schleusung von Geflüchteten beteiligt war. „Wer als Schleuser tätig ist, kann auch nach Syrien zurück“, erklärte der Kanzler. Der 66-Jährige unterstrich mehrfach seine Bestrebung, die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge spürbar zu senken und mehr abgelehnte Asylbewerber außer Landes zu schaffen. „Dazu bekenne ich mich.“ Kritik an dem Richterspruch kam hingegen von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. In Syrien sei niemand vor dem „Folterregime des Diktators Assad“ sicher.
Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid stellte sich hinter die Position des Kanzlers und des Gerichts, wonach kriminelle Syrer und Afghanen abgeschoben werden können, warnte aber vor einer Übertragung auf alle Flüchtlinge aus diesen Ländern. „Dazu ist immer eine Abwägung im Einzelfall notwendig.
Das Urteil des OVG Münster zeigt, dass dies rechtlich möglich ist“, sagte er unserer Redaktion. „Davon unberührt bleibt unsere humanitäre Verantwortung für Flüchtlinge aus diesen Ländern, die nicht einfach zwangsweise zurückgeschickt werden können.“
Olaf macht's noch einmal
In der Pressekonferenz gab Scholz außerdem bekannt, seine Partei trotz schwacher Umfragewerte im nächsten Jahr in den Wahlkampf zu führen. „Ich werde als Kanzler antreten, erneut Kanzler zu werden“, sagte er. Die SPD sei geschlossen wie nie. Ob das tatsächlich der Fall ist, daran hat eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa erhebliche Zweifel geweckt. Demnach hält nur ein Drittel der Parteimitglieder den amtierenden Kanzler für den besten Kandidaten. Ebenso viele Genossen sähen in Verteidigungsminister Boris Pistorius den besseren Mann.
Unter den Wählern ist dessen Rückhalt noch größer. Der Niedersachse belegt bei der Frage nach den beliebtesten Politikern des Landes regelmäßig Platz 1. Die SPD erreicht in den Umfragen derzeit Werte um die Marke von 15 Prozent und liegt damit zehn Punkte unter dem Wahlergebnis von 2021.
Die Diskussion um die Führung der SPD hatte in den zurückliegenden Tagen wieder Fahrt aufgenommen, weil der bei den Amerikanern unbeliebte Präsident Joe Biden auf eine erneute Kandidatur verzichtet hat. Gleichwohl ist nicht seine geringe Popularität, sondern sein hohes Alter der Hauptgrund für den Rückzug aus dem Wahlkampf. Lobende Worte fand der Bundeskanzler für die wahrscheinliche Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, Vize-Präsidentin Kamala Harris. „Ich halte für sehr gut möglich, dass Kamala Harris die Wahl gewinnt“. Sie sei eine sehr erfahrene und kompetente Politikerin. „Die weiß, was sie will und was sie kann“, beschrieb er die 59-Jährige. Im Falle eines Wahlsieges von Ex-Präsident Donald Trump will Scholz dennoch am engen transatlantischen Verhältnis festhalten.
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