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Fassungslosigkeit in Afghanistan nach Abschiebeflug aus Deutschland

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Fassungslosigkeit in Afghanistan nach Abschiebeflug aus Deutschland

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    Polizeibeamte begleiten einen Afghanen in ein Charterflugzeug. Vor einer Woche wurden 28 afghanische Straftäter in ihre Heimat abgeschoben.
    Polizeibeamte begleiten einen Afghanen in ein Charterflugzeug. Vor einer Woche wurden 28 afghanische Straftäter in ihre Heimat abgeschoben. Foto: Michael Kappeler, dpa (Archivbild)

    Die Abschiebung von Schwerkriminellen und Gefährdern aus Deutschland auch nach Afghanistan und Syrien wird in Berlin von einer breiten Mehrheit der Parteien gefordert. Insbesondere die Messerattacke von Solingen am 23. August durch einen ausreisepflichtigen Syrer, bei der drei Menschen getötet wurden, hat die Debatte angeheizt. Entsprechend groß war die Zustimmung, als am vergangenen Freitag 28 Afghanen, die – nach allem, was bekannt ist – in Deutschland wegen schwerer Straftaten in Haft saßen, mit dem Flugzeug in ihre Heimat gebracht wurden.

    Vorausgegangen waren monatelange Gespräche mit den Taliban über Vermittler aus Katar – Berlin unterhält keine diplomatischen Kontakte zu der Taliban-Regierung, der Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.

    Das Bundesinnenministerium nennt juristische Gründe für das Handgeld

    Doch nachdem bekannt geworden war, dass jeder der Straftäter vor dem Abflug ein Handgeld von 1000 Euro erhalten hatte, gab es auch Kritik. Die Berliner CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein sprach in der Bild-Zeitung von „absolutem Hohn für jeden Steuerzahler“, dass verurteilte Straftäter zum Abschied auch noch Geld erhalten hätten. Das Bundesinnenministerium rechtfertigte das Handgeld damit, dass man nicht habe riskieren wollen, dass ein Gericht die Abschiebung mit dem Hinweis darauf kassiert, dass den Afghanen in der Heimat eine schnelle Verelendung drohen würde. Auch die Vertreter CDU-geführter Länder hätten der Zahlung zugestimmt.

    Hohe Wellen schlägt die Abschiebung in Afghanistan selbst. „Die afghanischen Medien haben durch die Bank mit scharfer Kritik auf die Umstände der Abschiebung reagiert“, sagte der Afghanistan-Experte und Initiator vieler Hilfs- und Schulprojekte am Hindukusch, Reinhard Erös, unserer Redaktion. Dabei sei es weniger darum gegangen, dass die Afghanen in ihr Land zurückgebracht worden sind. „Für Fassungslosigkeit sorgen die 1000 Euro, die jeder bekommen hat und das sind wirklich üble Burschen, nicht einfache Taschendiebe. Das ist in Afghanistan ein Jahreseinkommen.“ Allerdings glaubt Erös, dass den Afghanen das Geld nach der Landung in Kabul umgehend abgenommen worden sei.

    Unter den Insassen des Abschiebefluges waren schwere Straftäter

    Bei den Insassen des Sonderfluges handelt es sich um Männer, die sich in Deutschland schwerer Delikte, darunter Totschlag oder schwerer Sexualstraftaten, schuldig gemacht haben. Ein Afghane war verurteilt worden, nachdem er in Illerkirchberg (Baden-Württemberg) mit drei weiteren Männern eine zum Tatzeitpunkt 14-Jährige mehrfach vergewaltigt hatte.

    „Für solche Verbrechen an Minderjährigen wird man in Afghanistan aufgehängt“, betonte Erös. Doch es sei davon auszugehen, dass die Taliban sich verpflichtet haben, auf die Todesstrafe für die 28 Straftäter zu verzichten. Bemerkenswert ist, dass die Machthaber trotz der Kritik im eigenen Land zu der Abschiebung schweigen. Erös glaubt, dass Zahlungen aus Berlin geflossen sind. „Ich gehe davon aus, dass die Taliban diese Einnahmequelle nicht durch öffentliche Erklärungen gefährden wollen.“

    Längst wird auch die Abschiebung nicht straffällig gewordener Afghanen und Syrer gefordert

    Die Diskussion über die Migrationspolitik in Deutschland hat jedoch längst eine andere Ebene erreicht. Aus der Union, aber auch den Landkreisen und Kommunen kommen Forderungen nach Abschiebungen auch unbescholtener Afghanen und Syrer – das ist die überwältigende Mehrheit – in ihre Heimatländer.

    Rund 250.000 Afghaninnen und Afghanen haben derzeit einen Schutzstatus in Deutschland, weitere 5000 durchlaufen aktuell entsprechende Verfahren, rund 13.000 haben keine Aufenthaltserlaubnis. Reinhard Erös ist sich sicher, dass die Taliban bereit sind, Rückkehrer in größerem Stil über Nachbarstaaten oder auch direkt aufzunehmen. Natürlich nicht zum Nulltarif.

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