Die Zahlen sind aus Sicht von Bund und Ländern alarmierend. Nachdem im vergangenen Jahr etwa 230.000 Geflüchtete neu nach Deutschland kamen, könnten es in diesem Jahr 330.000 werden. Insgesamt würden sich damit zum Jahresende rund 1,5 Millionen Flüchtlinge in Deutschland aufhalten. Hinzu kommen etwa eine Million Menschen aus der Ukraine. Ihre Versorgung kostet Geld, und vor allem darum soll es am Montag beim Treffen von Kanzler Olaf Scholz mit Vertretern der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) gehen: Wer zahlt die ganzen Rechnungen, die immer höher werden?
Geklärt werden soll etwa, ob sich der Bund stärker an der Finanzierung von Unterkunft und Versorgung von Geflüchteten beteiligt. Denn die Kommunen fühlen sich überfordert. Konkret im Gespräch ist dabei eine mögliche Rückkehr zur sogenannten Pro-Kopf-Berechnung beim Bundeszuschuss. Die Spannbreite geht da allerdings weit auseinander: Während in der Ampel von 5000 Euro pro Person die Rede ist, kursiert auf Länderseite eine mindestens doppelt so hohe Summe.
Schnelle Abschiebung soll kommen
Neben den Kosten geht es aber auch um Maßnahmen zur stärkeren Steuerung und Begrenzung der Migration. Ein erstes Migrationspaket hat die Regierung bereits beschlossen. Enthalten sind darin einerseits Regeln, die eine schnellere Abschiebung abgelehnter Asylsuchender ermöglichen, andererseits auch eine Gesetzesänderung zu einer schnelleren Arbeitsaufnahme von Asylbewerbern oder Geduldeten. Auch dies soll die Sozialkassen entlasten.
Konkretisieren wollen die Länder ihr bereits Mitte Oktober beschlossenes Vorhaben, bundesweit einheitliche Bezahlkarten für Asylbewerber einzuführen. Mit diesen könnten Dinge des täglichen Bedarfs gekauft werden. Der Bezug von Bargeld, das dann in die Heimatländer überwiesen wird, gilt vielen als sogenannter Pull-Faktor, der Migranten dazu bringt, gezielt Deutschland anzusteuern. Sachleistungen über ein Kartensystem könnten den Anreiz verringern, glaubt etwa die FDP.
Kehrtwende in der Migrationspolitik bei den Grünen?
Geplant sind zudem strengere Abschieberegeln. Vor allem die Grünen stemmten sich lange dagegen. Doch jetzt kündigten die Parteivorsitzende Ricarda Lang und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann einen Kurswechsel an. "Wenn die Kapazitäten – wie jetzt – an ihre Grenzen stoßen, müssen auch die Zahlen sinken", erklärten sie. Auch wenn sich in der Partei prompt Widerspruch regte, stehen bei den Grünen die Zeichen auf Kompromiss. Kaum zustimmen dürften sie allerdings dem Vorschlag, Asylverfahren künftig in Staaten außerhalb der Europäischen Union durchzuführen. Das hatte etwa der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gefordert.
Am Freitag traf sich Scholz mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im Kanzleramt zu einer Art Vorbesprechung des Treffens am Montag. Denn die Union ist mit im Boot, seit der Kanzler eine Zusammenarbeit im "Deutschlandpakt" angeboten hat. Merz legte der Ampel bereits 26 Forderungen zur Begrenzung der Zuwanderung vor. Ob die noch in das Beschlusspapier zur MPK einfließen, ist nicht bekannt. Beide Seiten vereinbarten Stillschweigen, nur wenig drang am Freitag nach draußen. Das Gespräch mit dem Bundeskanzler sei sehr gut, aber nicht abschließend gewesen, hieß es. Die Atmosphäre wurde als sachlich und konstruktiv geschildert.
Die Migration wird am Montagabend das Hauptthema sein. Bei dem turnusgemäßen Treffen stehen aber auch die Planungsbeschleunigung und das Deutschlandticket auf der Tagesordnung. Was am Ende dabei genau herauskommt, ist unklar. Absehbar ist, dass es ein sehr langer Abend werden wird.