Mehr als 880 Menschen haben gestern den Ärmelkanal in kleinen Booten in Richtung Großbritannien überquert. Das ist die höchste Zahl, die an einem einzigen Tag in diesem Jahr bisher registriert wurde. Insgesamt stieg die Zahl der Menschen, die auf diesem Weg 2024 nach Großbritannien gelangten, auf mehr als 12.300, wie die britische Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf das Innenministerium meldete.
Für den britischen Premierminister Rishi Sunak sind das schlechte Neuigkeiten. Er hat das Thema Migration zu einem der Top-Themen seines Wahlkampfs für die anstehende Parlamentswahl am 4. Juli gemacht und versprochen, die Boote zu stoppen.
Wenn es nach dem konservativen Regierungschef geht, sollen irregulär eingereiste Menschen künftig ohne Prüfung ihres Asylantrags und ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda abgeschoben werden.
Keine Beweise für abschreckende Wirkung
Eigentlich sollte der Plan längst in der Umsetzung sein. Doch obwohl im Rahmen einer Vereinbarung mit Ruanda bereits 240 Millionen Pfund (rund 284 Millionen Euro) an das ostafrikanische Land geflossen sind, konnte bisher mit Ausnahme einer freiwilligen Ausreise dorthin kein einziger Migrant abgeschoben werden.
Trotzdem wird das Programm auch von Politikern in der EU immer wieder als Vorbild gepriesen. Laut Sunak soll es eine abschreckende Wirkung entfalten. Dafür gibt es bisher jedoch keine Belege. Experten bezweifeln, dass es Migranten davon abhalten wird, die gefährliche Überfahrt in kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu wagen.
Sollte Sunak, wie erwartet, bei der britischen Parlamentswahl am 4. Juli eine Niederlage erleiden, dürfte es voraussichtlich nie zu den Abschiebungen kommen. Die oppositionelle Labour-Partei hat in den Umfragen einen haushohen Vorsprung vor Sunaks Tories und will den Asylpakt mit Ruanda kippen.
(dpa)