Die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern gehen sowohl den Kommunen also auch der Opposition im Bundestag nicht weit genug.
Die Kommunen stören sich insbesondere daran, dass es keine längerfristige Regelung von Finanzierungsfragen gab. "Eine Einigung erst im November kommt für das Jahr 2024 deutlich zu spät und stößt bei den Kommunen auf große Enttäuschung", sagte etwa der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der "Rheinischen Post".
Oppositionsführer Friedrich Merz bezeichnete die Ergebnisse als "enttäuschend". Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte der Fraktionschef der Union: "Bundeskanzler Scholz spielt auf Zeit und will die Probleme bis zum November aussitzen." Damit werde die Situation für Helfer, Landräte und Geflüchtete immer schwieriger.
Eine Milliarde Euro als zusätzliche Beteiligung
Der Bund hatte bei dem Treffen am Mittwochabend eine Milliarde Euro als zusätzliche Beteiligung an den Kosten der Flüchtlingsversorgung für dieses Jahr zugesagt. Über die künftige Verteilung der Kosten soll aber erst im November entschieden werden. Zuvor hatte der Bund für 2023 bereits 1,5 Milliarden Euro für Flüchtlinge aus der Ukraine sowie 1,25 Milliarden Euro für andere Geflüchtete zugesagt.
Nach Angaben von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verständigten sich Bund und Länder zudem unter anderem darauf, die maximale Dauer des Ausreisegewahrsams von 10 auf 28 Tage zu verlängern, um Abschiebungen konsequenter durchzusetzen. Außerdem sollen Rücknahmeabkommen mit weiteren Herkunftsländern geschlossen werden.
Merz warnt vor "Migrationskrise"
CDU-Chef Merz warnte dennoch: "Ohne wirksamen Grenzschutz, Druck auf die Herkunftsstaaten und eine echte Rückführungsoffensive schlittert Deutschland in eine neue Migrationskrise." Er forderte, die sogenannte irreguläre Migration müsse spürbar begrenzt werden.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bezeichnete den Bund-Länder-Beschluss als "große Enttäuschung" und forderte weiteres Geld vom Bund. "Nur eine Milliarde Euro für ganz Deutschland ist lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ist ein dünnes und mageres Ergebnis und für die Kommunen viel zu wenig - das muss von der Ampel dringend aufgestockt werden", sagte der CSU-Vorsitzende.
Der Hinweis des Bundes auf seine Haushaltslage könne nicht das letzte Wort sein. "Über Unterbringung und Humanität darf nicht nach Kassenlage entschieden werden", sagte Söder. Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt hatten Vorbehalte gegen den Beschluss auch in einer Protokollerklärung festgehalten.
Linke: Ampel spielt Konservativen und Rechten in die Hände
Die AfD-Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla erklärten: "Noch mehr Geld für noch mehr Flüchtlinge wird die Flüchtlingskrise nicht lösen, sondern verlängern." Linken-Chef Martin Schirdewan warf der Bundesregierung dagegen vor, Geflüchtete statt Fluchtursachen zu bekämpfen. "Statt soziale Sicherheiten zu schaffen, spielt die Ampel Konservativen und Rechten in die Hände", kritisierte er.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verteidigte die geplanten Maßnahmen. "Wir schützen die Menschen, die vor Krieg und Terror geflüchtet sind. Damit wir hierzu weiter in der Lage sind, begrenzen wir die irreguläre Migration", erklärte sie. "Uns geht es um eine nachhaltige Entlastung der besonders stark geforderten Kommunen. Wir sorgen jetzt für schnellere, effizientere und vor allem digitale Verfahren." Sie verwies darauf, dass auch die Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern gestärkt werde.
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour begrüßte zwar das zusätzliche Geld vom Bund, forderte aber rasch weitere Schritte. "Wer sich von Gipfel zu Gipfel hangelt, der kriegt keinen Boden unter die Füße", sagte Nouripour in der ARD. Die von Bund und Ländern vereinbarte Arbeitsgruppe für die zukünftige Kostenverteilung müsse daher so schnell wie möglich Lösungen für die Zeit nach 2023 finden.
(dpa)