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Migration: EU-Staaten einigen sich auf Pläne für Asylreform

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EU-Staaten einigen sich auf Pläne für Asylreform

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    An einer Reform des EU-Asylsystems wird seit Jahren gearbeitet.
    An einer Reform des EU-Asylsystems wird seit Jahren gearbeitet. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Eine breite Mehrheit von EU-Staaten hat sich nach jahrelangen Verhandlungen auf Pläne für eine weitreichende Reform des EU-Asylsystems verständigt. Vor allem Menschen, die nicht vor Krieg oder politischer Verfolgung fliehen, sollen davon abgeschreckt werden. Ein Überblick:

    Worum geht es?

    Spätestens seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 ist klar, dass die geltenden EU-Asylregeln überarbeitet werden müssen. Damals waren Länder wie Griechenland mit einem Massenzustrom an Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert und Hunderttausende konnten unregistriert in andere EU-Staaten weiterziehen. Dies hätte eigentlich nicht passieren dürfen, denn nach der sogenannten Dublin-Verordnung sollen Asylbewerber da registriert werden, wo sie die Europäische Union zuerst betreten haben. Dieses Land ist in der Regel auch für den Asylantrag zuständig.

    Was soll nun passieren?

    Kern der Reformvorschläge sind Maßnahmen, die zu einem deutlichen Rückgang des Zustroms von Menschen ohne Anrecht auf Schutz führen sollen. Wer aus einem Staat einreist, der als relativ sicher gilt, könnte künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in eine streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtung kommen. Dort würde dann im Idealfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat - wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden. Zudem soll die Überwachung und Abschiebung abgelehnter Asylsuchender erleichtert werden, zum Beispiel, in dem mehr Daten über sie gesammelt und zentral gespeichert werden.

    Um wie viele Menschen geht es?

    Die Zahl der Asylanträge in der EU stieg nach einem Rückgang während der Corona-Pandemie zuletzt wieder deutlich an. Im vergangenen Jahr wurden in den 27 Mitgliedstaaten nach offiziellen Zahlen 881.200 Erstanträge gestellt. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutete dies ein Plus von 64 Prozent. Stattgegeben wird im EU-Schnitt nicht einmal jedem zweiten Antrag.

    Wo kommen derzeit die meisten Migranten an?

    Besonders betroffen ist Italien. Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR wurden dort in diesem Jahr bereits mehr als 50.000 Migranten registriert. Die meisten von ihnen kamen aus Tunesien, Ägypten und Bangladesch und hatten damit so gut wie keine Aussichten auf eine legale Bleibeperspektive.

    Was soll künftig mit Schutzsuchenden passieren, denen beim Grenzübertritt Chancen auf Asyl eingeräumt werden?

    Sie würden nach den derzeitigen Plänen wie bisher ein normales Verfahren durchlaufen, also in der Regel in den Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen. Wenn Länder mit einem sehr großen Zustrom an Menschen konfrontiert sind, sollen sie allerdings über einen Solidaritätsmechanismus Unterstützung von anderen Mitgliedstaaten beantragen können. Eine bestimmte Anzahl an Schutzsuchenden würde dann über einen Verteilungsschlüssel in andere Länder kommen. Staaten, die sich daran nicht beteiligen wollen, müssten für jeden nicht aufgenommenen Menschen eine Kompensationszahlungen leisten.

    Warum gestalteten sich die Verhandlungen so schwierig?

    Grund waren unterschiedliche Interessen und Einstellungen zur Migration in den EU-Staaten. Derzeit besonders stark von Migration betroffene Länder wie Italien wollten nur dann mehr Verantwortung bei den Verfahren im eigenen Land übernehmen, wenn sie im Gegenzug deutlich mehr Solidarität anderer Länder garantiert bekommen. Ihr Druckmittel war die derzeitige Situation, in der viele Migranten nach ihrer Ankunft aus Ländern wie Tunesien einfach in andere Länder wie Österreich, Deutschland oder Frankreich weiterreisen können. Länder wie Ungarn wollen hingegen die EU-Außengrenzen am liebsten ganz dicht machen und sich nicht an der Umverteilung von Flüchtlingen beteiligen.

    Was ist mit Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine?

    Menschen aus der Ukraine genießen in der EU wegen einer Sonderregelung vorübergehenden Schutz, ohne dass sie Asyl beantragen müssen. Für sie haben die Diskussionen derzeit deswegen keine unmittelbare Bedeutung.

    Was wollte die Bundesregierung?

    Die Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen nachdrücklich dafür eingesetzt, dass Familien mit Kindern von den sogenannten Grenzverfahren ausgenommen werden. Um den Durchbruch zu ermöglichen, musste sie allerdings letztlich akzeptieren, dass dies doch möglich sein könnte. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte nach der Entscheidung allerdings, dass sich die Bundesregierung gemeinsam mit Portugal, Irland und Luxemburg weiter für Ausnahmen einsetzen wird. Denkbar ist auch, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt. Es hat bei der Reform ein Mitspracherecht und wird in den kommenden Monaten mit Vertretern der EU-Staaten über das Projekt verhandeln.

    Wie argumentierte die Bundesregierung?

    Faeser wies mit Blick auf die Grenzverfahren darauf hin, dass dies eine relativ kleine Gruppe sei. Sie sagte am Donnerstag in Luxemburg, es gehe zum Beispiel nicht um Familien aus Afghanistan oder Syrien, weil in das Grenzverfahren nur Menschen mit einer geringen Chance auf die Zuerkennung von internationalem Schutz sollten. Dazu sollen die durchschnittlichen Anerkennungsquoten pro Land herangezogen werden.

    Werden nun weniger Asylsuchende nach Deutschland kommen?

    Das ist noch schwer zu sagen. Deutschland müsste vermutlich über den Solidaritätsmechanismus einige Tausend Menschen pro Jahr aus den Außengrenzstaaten aufnehmen. Zugleich könnten viel weniger Menschen auf illegalem Weg kommen. Außerdem würde Deutschland profitieren, wenn - was diskutiert wird - die Rücküberstellungen nach den Dublin-Regeln vereinfacht werden.

    Wie geht es jetzt weiter?

    Der nächste Schritt sind Verhandlungen mit dem Europaparlament, das bei dem Thema ein Mitspracherecht hat. Die Gespräche sollen im Idealfall noch vor Ende des Jahres abgeschlossen werden. Dann könnten die Gesetze noch vor der Europawahl im Juni 2024 beschlossen werden. Sollte dies nicht gelingen, könnten veränderte politische Kräfteverhältnisse Neuverhandlungen nötig machen.

    (Von Ansgar Haase und Anne-Béatrice Clasmann, dpa)

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