Für US-Präsident Donald Trump wird das Regieren nach den Kongresswahlen in dem gespaltenen Land schwieriger: Seine Republikaner verloren bei den Zwischenwahlen das Repräsentantenhaus an die Demokraten. Den Senat im Parlament in Washington verteidigten die Republikaner allerdings. Damit behält Trump nach dem mit Spannung erwarteten Stimmungstest zur Hälfte seiner Amtszeit ein wichtiges Machtinstrument in der Hand. Die Demokraten haben dagegen erstmals seit acht Jahren wieder das Sagen im Repräsentantenhaus. Sie können bei Gesetzesvorhaben ein gewichtiges Wort mitreden. Darüber hinaus können sie künftig Untersuchungen gegen den Präsidenten einleiten.
Die Verluste der Republikaner blieben vergleichsweise moderat. Trump jubelte daher auf Twitter: "Großartiger Erfolg heute Abend." Die Demokraten hatten auf eine "blaue Welle" gehofft, die ausblieb. Blau ist die Farbe der Partei. Im Wesentlichen deckte sich der Ausgang der Zwischenwahlen am Dienstag - nach zwei Jahren Amtszeit von Trump - mit den Vorhersagen der Wahlforscher. Der Präsident selbst stand nicht zur Wahl.
Wegen der vielen Zeitzonen in den USA hatte sich die Wahl über insgesamt 18 Stunden erstreckt. Bis das endgültige Ergebnis feststeht, wird es noch einige Tage dauern, weil beispielsweise in Kalifornien Briefwahlstimmen erst in den Tagen nach der Wahl gezählt werden.
Beide Lager hatten es mit Kampagnen geschafft, viele Wähler zu mobilisieren. Nicht zuletzt Trumps Amtsvorgänger Barack Obama hatte in den letzten Wahlkampftagen für die Kandidaten seiner Partei geworben. Die Wahlbeteiligung, bei den sogenannten "Midterms" traditionell gering, lag höher als vor vier Jahren (damals 36,4 Prozent). Genaue Zahlen standen jedoch zunächst aus.
Ermutigend dürfte für den Präsidenten sein, dass in den insgesamt 470 Rennen um Plätze im Repräsentantenhaus und im Senat vor allem Bewerber seiner Partei positiv abschnitten, die er selbst unterstützte. Allerdings waren im Senat die Voraussetzungen für die Republikaner auch günstig, weil bei den sogenannten Midterms nur 35 von 100 Posten zur Wahl standen - und die meisten von Demokraten gehalten wurden.
Rekord nach Midterm-Wahl: 96 Frauen im Repräsentantenhaus
Darüber hinaus wurden alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus vergeben. Dort werden Prognosen zufolge so viele Frauen sitzen wie noch nie. In der Berechnung des Senders CNN ziehen 96 Frauen in die Kammer des US-Parlaments ein. Der bisherige Frauen-Rekord lag laut Forschungsdienst des US-Kongresses bei 85 in den Jahren 2015 bis 2017.
Dem Wahltag war ein intensiver und teilweise bis an die Grenze der Fairness reichender Wahlkampf vorausgegangen. Trump hatte nach Angaben des Weißen Hauses auf 50 Kundgebungen gesprochen. Dabei hatte er vor allem auf das Thema Migration gesetzt und - ohne Belege zu nennen - düstere Szenarien gewalttätiger Einwanderer gezeichnet. Nachwahlbefragungen des Senders CNN gingen allerdings davon aus, dass für die Wähler besonders das Thema Gesundheitspolitik eine Rolle spielte.
Zu den prominenteren Verlierern bei den Demokraten gehörte die Senatorin Heidi Heitkamp in North Dakota. Sie hatte gegen ihren Widersacher Kevin Cramer schon seit Wochen fast hoffnungslos in Umfragen zurückgelegen. Joe Donelly muss in Indiana nach sechs Jahren seinen Senatssitz abgeben. In Texas schaffte es der demokratische Hoffnungsträger Beto O'Rourke um Haaresbreite nicht, den Amtsinhaber und früheren Präsidentschaftsbewerber Ted Cruz aus dem Amt zu hieven. In Utah konnte der frühere Gegenkandidat von Barack Obama, Mitt Romney, den Sitz für die Republikaner erwartungsgemäß locker halten.
Gegner: Trump vergiftet politisches Klima
Zu Siegern im Rennen um Senatsposten aufseiten der Demokraten zählen unter anderem auch der parteilose Senator Bernie Sanders, der meist mit den Demokraten stimmt. Auch die möglichen Präsidentschaftskandidatinnen für 2020, Elizabeth Warren und Kirsten Gillibrand, sowie Hillary Clintons Ex-Vizepräsidentschaftskandidat Tim Kaine (Virginia) und Bob Menendez (New Jersey) gehörten zu den Gewinnern.
Die traditionelle Abstimmung zur Hälfte der Amtszeit eines Präsidenten ist immer auch ein Referendum über dessen Politik. Bei Trump gilt das in besonderer Weise, weil er das Land so stark polarisiert hat. Der 72-Jährige bezeichnete die Demokraten als Gefahr für das Land. Seine Gegner warfen ihm vor, gesellschaftliche Gräben zu vergrößern und das politische Klima zu vergiften.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte in einer ersten Reaktion auf Twitter, dass das Verhältnis zu den USA neu auszurichten sei. "Es wäre ein Irrglaube, nun auf Kurskorrekturen von Donald Trump zu setzen", schrieb er. Experten der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sahen Trump trotz des Machtverlusts seiner Republikaner eher noch gestärkt. Er könne weiter Personal nominieren und die USA radikal verändern, sagte Josef Braml, leitender Mitarbeiter der DGAP für die Entwicklungen in den USA am Mittwoch in Berlin. Er sprach von einem "Pyrrhussieg" der Demokraten, der es Trump sogar ermöglichen könne, ein zweites Mal ins Weiße Haus einzuziehen.
Die Mehrheit im Repräsentantenhaus bietet den oppositionellen Demokraten aber auch neue Möglichkeiten: Sie könnten versuchen, Trump zur Vorlage seiner ausstehenden Steuererklärungen zu zwingen. Sie könnten sich auch für ein Amtsenthebungsverfahren ("Impeachment") einsetzen, das mit der einfachen Mehrheit im Repräsentantenhaus beschlossen werden kann. Das letzte Wort hätte aber der Senat. Und dort ist eine Mehrheit für eine Amtsenthebung nicht in Sicht.
Nach der Midterm-Wahl: Was ist jetzt möglich?
Amtsenthebungsverfahren: Die US-Verfassung gibt beiden Kammern Rechte und Pflichten vor. Die Demokraten könnten mit einer Mehrheit im Abgeordnetenhaus beispielsweise ein Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) gegen Trump einleiten. Aber der Senat müsste das Verfahren führen und dann auch entscheiden - mit einer Zweidrittelmehrheit. Derzeit ist eine solche Mehrheit nicht vorstellbar.
Untersuchungen: Die Demokraten können im Abgeordnetenhaus auch zahlreiche Untersuchungen gegen Trump einleiten, Zeugen vorladen und Dokumente einfordern. Solche Untersuchungen könnten für Trump unangenehm werden, wenn es beispielsweise um seine Steuererklärungen, die Wahlkampffinanzierung bei der Präsidentenwahl von 2016 und die mögliche Einmischung Russlands in die Wahl geht...
... Wie sensibel des Thema für das Weiße Haus zu sein scheint, lässt sich erahnen, nachdem Trumps Sprecherin Sarah Sanders den Demokraten bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der Wahlnacht empfahl, sie sollten keine Zeit mit Ermittlungen verschwenden.
Blockadepolitik: Eine demokratische Mehrheit kann auch die Gesetzgebung blockieren oder den Präsidenten Rechenschaft ablegen lassen. Aber: Dies würde voraussetzen, dass die Demokraten als geschlossener Block abstimmen - was nicht unbedingt der Fall sein muss. Ein Beispiel: Demokraten aus landwirtschaftlich geprägten Bundesstaaten können schlecht gegen Farm-Gesetze stimmen, die für ihre Klientel gut wären. Ähnlich gespalten sind Demokraten vor allem in ländlichen Gebieten, wenn es beispielsweise um eine Verschärfung der Waffengesetzgebung geht...
... Eine Blockadepolitik birgt auch Risiken. Weil der Wahlkampf für die Präsidentenwahl 2020 praktisch direkt nach dieser Zwischenwahl beginnt, könnte Trump die Demokraten dafür verantwortlich machen, wenn nichts mehr vorwärts geht. Schließlich könnte Trump - wie sein Vorgänger Barack Obama - seine Pläne per Dekret am Kongress vorbei durchboxen. Allerdings kann sein Nachfolger diese einfach per Anordnung rückgängig machen - so wie es Trump mit Obamas Politik in Teilen gemacht hat.
Zusammenarbeit: Ein geteilter Kongress kann für Republikaner wie Demokraten auch die Chance bieten, Dinge gemeinsam anzupacken, beispielsweise um die Kosten für Medikamente zu senken oder aber die Infrastruktur im Land auf Vordermann zu bringen.
Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, geht davon aus, dass das Regieren für Trump schwieriger wird. "Die beiden Lager müssen sich einen, sie müssen zusammenfinden", sagte der CSU-Vize dem Bayerischen Rundfunk. Die Gesetzgebung werde für Trump schwieriger. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen rechnet nicht mit einer Entspannung der "trumpschen Außenpolitik". "Es wird keine Kurskorrektur geben, eher eine Intensivierung, eine weitere Polarisierung", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag im Deutschlandfunk. Russland sieht kaum Aussichten auf eine Entspannung im Verhältnis zwischen beiden Ländern, wie ein Kreml-Sprecher in Moskau sagte.
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