1. Donald Trump sitzt auch künftig fest im Sattel
"Donald Trump darf sich als Sieger fühlen", sagt der Amerika-Experte Thomas Jäger unserer Redaktion. Der US-Präsident ist bei den Kongresswahlen vergleichsweise glimpflich davongekommen. Zwar verloren seine Republikaner das Repräsentantenhaus an die Demokraten. Den Senat aber konnten sie verteidigen. Die Hoffnung auf eine echte "blaue Welle", einen demokratischen Umbruch im Land, wurde also nicht erfüllt. Trump jubelte daher auf Twitter: "Großartiger Erfolg heute Abend."
Besonders ermutigend dürfte für den Präsidenten sein, dass in den insgesamt 470 Rennen um Plätze im Repräsentantenhaus und im Senat vor allem Bewerber seiner Partei positiv abschnitten, die er selbst unterstützte. Um etwa dem neuen Senator Mike Braun zu helfen, war Trump allein vier Mal nach Indiana gefahren. Im Rennen um das Amt des Gouverneurs in Florida war der glühende Trump-Anhänger Ron DeSantis erfolgreich. Parteiinterne Trump-Gegner wie etwa Carlos Curbelo in Florida taten sich dagegen schwer. Jäger wagt die Prognose: "Damit ist Trump innerhalb seiner Partei als Kandidat für 2020 gesetzt."
2. Trump kann nicht durchregieren
Allem Jubel zum Trotz: Trumps Macht ist durch die Wahl erheblich geschrumpft. Künftig wird er gegen eine Mehrheit der oppositionellen Demokraten im Repräsentantenhaus anregieren müssen. Mit der Mehrheit im Repräsentantenhaus haben es die Demokraten nämlich in der Hand, sämtliche republikanischen Gesetzesprojekte und damit wesentliche Vorhaben Trumps blockieren. Sie können Aussagen erzwingen und sich interne Papiere vorlegen lassen. Somit könnten die Demokraten versuchen, Trump zur Vorlage seiner ausstehenden Steuererklärungen zu zwingen. Die Milliarden, die Trump für den Mauerbau an der Grenze zu Mexiko braucht, kann Trump wohl abschreiben.
Auch Regierungsstillstände wie unter Obama werden kommen, weil die demokratische Mehrheit seine Haushaltsgesetze durchkreuzen wird. Allerdings ist die sich abzeichnende Mehrheit der Demokraten nach Ansicht vieler Experten möglicherweise wegen potenzieller interner Abweichler zu gering. David Mayhew, Politik-Professor an der renommierten Yale-University, sagte zur Bild-Zeitung: "Ich erwarte keine große Veränderung hinsichtlich der Macht Trumps. Bei vielen Themen und Angelegenheiten agiert er ziemlich selbstständig und unabhängig vom Kongress. "
3. Trump wird nicht seines Amtes enthoben
Es ist der Traum eines so manchen Trump-Kritikers – dass er endlich seines Amtes enthoben wird. Doch so einfach ist das nicht. Ein Amtsenthebungsverfahren ("Impeachment") kann mit der einfachen Mehrheit im Repräsentantenhaus beschlossen werden. Das Verfahren - das einem Gerichtsprozess ähnelt - wird aber im Senat geführt, wo auch ein Urteil fällt. Am Ende müssen mindestens 67 der 100 Senatoren den Präsidenten für schuldig befinden. Allerdings haben die Republikaner im Senat ihren Vorsprung sogar ausgebaut – und die Partei hält trotz aller Skandale zu ihrem Präsidenten.
Allerdings könnte schon das Verfahren an sich für Trump unangenehm werden. Dass der einstige Baumagnat womöglich einiges zu verbergen haben könnte, darauf deutet zum Beispiel hin, dass er die Veröffentlichung seiner Steuererklärungen verweigert. Nicht ausgeräumt ist auch der Verdacht, sein Wahlkampfteam könnte 2016 geheime Absprachen mit Russland getroffen haben.
Bislang ist in den USA übrigens noch kein Präsident des Amtes enthoben worden. Gegen drei US-Präsidenten - Andrew Johnson (1868), Richard Nixon (1974) und Bill Clinton (1998 und 1999) - wurden Amtsenthebungsverfahren begonnen. Johnson und Clinton wurden am Ende freigesprochen. Nixon trat vor dem Abschluss des Verfahrens zurück, um einer Amtsenthebung zuvorzukommen. Nach der US-Verfassung muss ein Präsident des Verrats, der Korruption oder anderer schwerer Verbrechen und Vergehen für schuldig befunden werden, um des Amtes enthoben zu werden.
4. Amerikas Spaltung vertieft sich
"Wir haben genug von der Spaltung", hat am Wahlabend die Demokratin Nancy Pelosi gerufen, die nun das Amt des "Speaker of the House" wiedererlangen will. Doch das dürfte ein frommer Wusch bleiben. Bei den US-Kongresswahlen wollen viele Wähler laut einer Nachwahlbefragung des Fernsehsenders CNN ihren Ärger über Donald Trump ausdrücken. 39 Prozent der Befragten erklärten, ihre Stimme abgegeben zu haben, um ihre Ablehnung des Präsidenten deutlich zu machen. Nur 26 Prozent sagten, sie wollten Trump mit ihrer Stimme unterstützen. Ein Drittel der Wähler erklärte, Trump habe bei ihrer Entscheidung keine Rolle gespielt. Eine große Mehrheit von 77 Prozent findet zudem, dass das Land tiefer gespalten sei als früher. Nur 8 Prozent sehen mehr Einigkeit.
Trump hat im Wahlkampf alles dafür getan, die Gräben zu vertiefen. Er hat die Demokraten als Verbrecher dargestellt, gegen Flüchtlinge gewettert, den aggressiven Ton der vergangenen Monate noch einmal verschärft. Trump ist ein Präsident, der die Öffentlichkeit belügt, der politische Gegner beleidigt, der Verbündete verprellt, der alle Normen auf den Kopf stellt. Diese Stimmung wird Trump versuchen beizubehalten. Denn selbst wenn die Midterms vorbei sind: Der Countdown zur nächsten Abstimmung hat bereits begonnen. Mit Stand Mittwoch waren es noch 726 Tage bis zur Präsidentenwahl 2020.
Doch Trump ist letztlich nur ein Symptom, das zeigt sich schon daran, dass auch in anderen Ländern Populisten an die Macht kommen - zuletzt in Brasilien. "In all diesen Gesellschaften geht die Schere zwischen Arm und Reich auseinander und die wirtschaftliche Kluft wird größer", sagt Amerika-Experte Thomas Jäger. "Dazu kommt eine kulturelle Auseinandersetzung zwischen denen, die den Globalisierungsprozess als Zugewinn an Lebenschancen begreifen und denjenigen, die die Globalisierung ängstigt."
5. Für Europa wird es schwierig bleiben
Dass Trump die Wahl als Erfolg deutet, lässt auch darauf schließen, dass er keine Notwendigkeit für eine Änderung seiner Politik sieht. Für Europa sind das schlechte Nachrichten. Das transatlantische Verhältnis dürfte weiter leiden. "Dieses traditionelle westliche Bündnis kommt nicht zurück", sagte der frühere Bundesaußenminister Sigmar Gabriel bei einem US-Besuch am vergangenen Freitag. "Das hat er zerstört." Auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen rechnet nicht mit einer Entspannung der "trumpschen Außenpolitik". "Es wird keine Kurskorrektur geben, eher eine Intensivierung, eine weitere Polarisierung", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag im Deutschlandfunk. Die jetzige "Wahlniederlage" werde Präsident Donald Trump innen- sowie außenpolitisch anfeuern.
Zwar bedeute das Wahlergebnis für die Europäer, dass es ein breiteres Spektrum gebe und nun auch andere Stimmen in einer der beiden Kammern eine Mehrheit hätten, sagte Röttgen. "Das wird auch in außenpolitischen Fragen eine Rolle spielen." Die in der Außenpolitik entscheidenden Befugnisse des Präsidenten aber blieben unangetastet. Röttgen forderte, dass in Europa Länder wie Deutschland und Frankreich vorangehen und einen "außenpolitischen Kern" bilden müssten. Andernfalls müssten sich die Europäer nicht wundern, "wenn andere mit ihren aggressiven Ansätzen und in aggressivem Ton die Politik übernehmen".
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