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Maskenaffäre: Was macht eigentlich Georg Nüßlein?

Maskenaffäre

Was macht eigentlich Georg Nüßlein?

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    Seit Ende März hat Georg Nüßlein keine Bundestagssitzung mehr besucht.
    Seit Ende März hat Georg Nüßlein keine Bundestagssitzung mehr besucht. Foto: Bernhard Weizenegger

    Die beiden schwäbischen Abgeordneten Georg Nüßlein und Alfred Sauter haben einiges gemeinsam: Beide stehen im Zentrum der Maskenaffäre, beide kommen aus dem Landkreis Günzburg, beide bestreiten die strafrechtlichen Vorwürfe – und beide halten an ihren Mandaten fest. Doch während Sauter zurzeit fast häufiger im Bayerischen Landtag anzutreffen ist als vor der Affäre, ist Nüßlein seit Wochen nicht mehr im Bundestag aufgetaucht. Was steckt dahinter? Und wo steckt Nüßlein?

    Am 25. Februar hatte der Immunitätsausschuss des Bundestages Ermittlungen gegen Nüßlein genehmigt. Sofort danach startete eine Razzia in Nüßleins Büros, in seinem Wohnhaus in Münsterhausen (Landkreis Günzburg), bei Liechtensteiner Banken und in Büros und Privaträumen des Geschäftsmannes Thomas Limberger. Es war der Beginn der Maskenaffäre, einer der größten Politskandale der jüngeren Geschichte. Nüßlein hat von einer Limberger-Firma in der Karibik 660.000 Euro erhalten. Eine zweite Zahlung über 540.000 Euro stoppte eine Liechtensteiner Bank, weil ihr der Geldfluss verdächtig vorkam. Insgesamt sollte Nüßlein also 1,2 Millionen Euro erhalten. Alfred Sauter hat diese Summe über eine Treuhand-Firma, die offiziell seiner Familie zuzurechnen ist, tatsächlich bekommen. Und es sollte wohl noch mehr Geld fließen.

    Gegen Alfred Sauter (links) und Georg Nüßlein gibt es Bestechungsvorwürfe.
    Gegen Alfred Sauter (links) und Georg Nüßlein gibt es Bestechungsvorwürfe. Foto: Bernhard Weizenegger

    Nüßlein gab unter dem Druck erst sein Amt als Vize-Chef der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion auf und trat dann sogar aus der CSU aus. Sein Mandat als Bundestagsabgeordneter will er aber bis zum Ende der Legislaturperiode behalten. „Gleichwohl werde ich das Mandat, das mir die Wähler 2017 übertragen haben, bis zum Ende dieser Wahlperiode mit bestmöglichen Einsatz ausüben“, hieß es in einer persönlichen Erklärung Nüßleins vom 7. März. Seit Ende März hat Georg Nüßlein aber an keiner Sitzung des Bundestags mehr teilgenommen.

    Nüßlein hat seinen "bestmöglichen Einsatz" versprochen

    Wie steht es also um den „bestmöglichen Einsatz“? Nüßleins Anwalt Gero Himmelsbach hat eine einfache Erklärung für die Absenzen: Am 24. und 25. März sei der Abgeordnete noch im Bundestag gewesen. Seitdem sei Nüßlein krankgeschrieben, teilt Himmelsbach auf Anfrage mit. Zur Art der Erkrankung und zur Frage, ob der Politiker sich in einer Klinik befinde, macht der Anwalt keine Angaben.

    Wie aktiv der vormalige CSU-Politiker nun im Bundestag tatsächlich noch ist, lässt sich schwer feststellen. Es gibt keine Protokolle, die Angaben darüber beinhalten, welche Abgeordneten bei einer Sitzung anwesend waren oder nicht. Was es aber gibt, ist eine Auflistung über die namentlichen Abstimmungen. Laut Homepage des Bundestages hat Georg Nüßlein demnach zuletzt am 29. Januar 2021 an einer namentlichen Abstimmung im Bundestag teilgenommen. Seither ist dort jeweils unter der Rubrik "Abstimmungen" vermerkt": nicht abgegeben". Üblicherweise nehmen die Abgeordneten an namentlichen Abstimmungen teil, wenn sie im Bundestag sind.

    Die Grünen sind so oder so sauer über Nüßleins Verhalten nach Bekanntwerden der Affäre und der Ermittlungen. Die Neu-Ulmer Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz schimpft: „Herr Nüßlein nimmt die Aufgaben seines Mandats nicht mehr ernsthaft wahr. Wenn er ehrlich konsequent wäre, sollte er sein Mandat niederlegen.“ Der Grünen-Landtagsabgeordnete Max Deisenhofer kritisiert, dass die CSU im Kreis Günzburg Sauter und Nüßlein immer noch nicht zum Verzicht auf ihre Mandate im Bundes- und Landtag aufgefordert hat.

    Behält Nüßlein das Mandat nur, um abzukassieren?

    Was bei vielen Abgeordneten – auch aus den Reihen der Union – in Gesprächen mitschwingt, ist der Vorwurf, Nüßlein behalte das Mandat nur, um abzukassieren. Fraglos geht es um eine ganze Stange Geld, die von Ende Februar bis zur Bundestagswahl Ende September zu verdienen ist, und darüber hinaus um zahlreiche Nebenleistungen und Vergünstigungen.

    Da ist zum einen die monatliche Abgeordnetendiät. Sie ist von 2007 bis heute um rund 3000 Euro massiv angehoben worden und beträgt im Moment 10.083 Euro. In den sieben Monaten von Ende Februar bis Ende September bezieht Nüßlein also gut 70.000 Euro. Daneben haben die Abgeordneten Anspruch auf eine steuerfreie Kostenpauschale von monatlich 4498 Euro. Sie dient zum Beispiel der Finanzierung von Bürokosten im Wahlkreis oder Mehraufwendungen am Sitz des Parlaments. Wie hoch die durch das Mandat bedingten Ausgaben tatsächlich sind, spielt keine Rolle, da es sich ja um eine Pauschale handelt. Zusätzlich können Bundestagsabgeordnete alle Verkehrsmittel der Deutschen Bahn kostenlos nutzen. Seit 2012 dürfen sie die DB-Netzkarte auch für Privatreisen verwenden.

    Abgeordneter kann mit Übergangsgeld von 180.000 Euro rechnen

    Spannend wird es auch nach dem Ende des Mandats: Georg Nüßlein hat angekündigt, im Herbst nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren. Nach dem Ausscheiden haben Abgeordnete Anspruch auf ein Übergangsgeld. Es soll dem Politiker bei der Wiedereingliederung in einen „normalen“ Beruf dienen. Für jedes Jahr im Bundestag erhält der scheidende Abgeordnete einen Monat Übergangsgeld in Höhe der Abgeordnetendiät, höchstens aber 18 Monate lang. Nüßlein sitzt seit 2002 im Bundestag, er hat also diese Höchstgrenze erreicht und erhält damit eineinhalb Jahre lang jeweils 10.083 Euro pro Monat, macht 181.494 Euro. Verdient er in dieser Zeit anderweitig Geld, wird dies auf das Übergangsgeld angerechnet.

    Bei der Altersversorgung hat Georg Nüßlein die Höchstgrenze von 67,5 Prozent hingegen nicht erreicht. Für jedes Jahr im Bundestag erwirbt ein Abgeordneter einen Pensionsanspruch von 2,5 Prozent der Diät, das sind zurzeit 252 Euro im Monat. Nach 18 vollen Jahren im Parlament macht das im Fall Nüßlein 4536 Euro. Würde das laufende 19. Jahr mitzählen, dann wären es bereits 4788 Euro.

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