Die Politiker-Tochter und Masken-Millionärin Andrea Tandler muss weiter in Untersuchungshaft bleiben. Das Landgericht München I hat eine Haftbeschwerde der PR-Unternehmerin am Mittwoch abgewiesen. Die Richter der 6. Strafkammer sehen einen dringenden Tatverdacht und Fluchtgefahr bei Tandler. Auch die Beschwerde ihres Geschäftspartners Darius N. wurde abgewiesen. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden vor, im Zuge der Vermittlung von Maskendeals während der Corona-Pandemie 14 bis 15 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben. Bei dem Geschäft mit mehreren deutschen Gesundheitsministerien flossen rund 48 Millionen Euro Provision an Andrea Tandler und ihren Partner.
Masken-Deals: Tandler werden dreierlei Arten von Steuerhinterziehung vorgeworfen
Tandler, Tochter der CSU-Legende Gerold Tandler, und ihr Partner wurden am 24. Januar festgenommen. Hintergrund der Verhaftung ist der 150 Seiten starke Ermittlungsbericht der Steuerfahndung. Detailliert listen die Ermittler darin auf, was Tandler und ihrem Partner aus steuerstrafrechtlicher Sicht zur Last liegt. Konkret geht es um drei Arten der Steuerhinterziehung, die im Zusammenhang mit den Masken-Deals vorliegen sollen: Gewerbesteuer, Einkommensteuer und Schenkungssteuer.
Hat Tandlers Partner seine Provision praktisch geschenkt bekommen?
Den vertraulichen Erkenntnissen der Steuerfahndung zufolge hat Tandler über die Firma "Little Penguin" rund vier Millionen Euro Gewerbesteuer an die Gemeinde Grünwald entrichtet. In München wäre ungefähr das Doppelte an Gewerbesteuer fällig geworden. Zudem gehen die Steuerbehörden offenbar davon aus, dass Tandler und N. den immensen Gewinn aus der Vermittlung der Maskendeals privat hätten versteuern müssen. Stattdessen wurden aber über die GmbH "Little Penguin" Steuern bezahlt. Das wäre Einkommensteuer-Hinterziehung. Steuerersparnis wiederum rund vier Millionen Euro.
Darüber hinaus sind die Steuerexperten der Ansicht, dass durch das Konstrukt der GmbH und das Einbringen hoher Beträge Schenkungssteuer in Millionenhöhe hätte bezahlt werden müssen. Demnach habe Darius N. nichts Entscheidendes zur Vermittlung des Maskengeschäftes der Schweizer Firma Emix beigetragen und seinen Teil der Provision quasi geschenkt bekommen. Von ihrem Geld hatten sich Tandler und N. kiloweise Gold und Villen in Grünwald gekauft.
Der Familie Tandler gehört eine Wohnung in Davos
Würde eines Tages ein Gericht tatsächlich eine Steuerhinterziehung von 14 bis 15 Millionen Euro bei Tandler und N. feststellen, wäre eine Haftstrafe unausweichlich. Diesen Umstand einer drohenden hohen Strafe wertet die Justiz regelmäßig schon für sich genommen als großen Fluchtanreiz. Doch bei der Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler kommt noch eines erschwerend hinzu: Die Steuerfahnder sind nach Recherchen unserer Redaktion auf eine Wohnung im Schweizer Nobelort Davos gestoßen, die ihrer Ansicht nach der Familie Tandler gehört beziehungsweise wirtschaftlich zuzuordnen ist. Auf die Spur brachte die Ermittler eine Überweisung von rund 15.000 Euro auf ein Konto bei der Graubündner Kantonalbank, die als Verwendungszweck "Wohnung Tandler" trug.
Das Appartement befindet sich in bester Lage in der Davoser Hertistraße – unweit des Golf Clubs Davos und mehrerer Luxushotels. Diese Wohnung, zusammen mit der Tatsache, dass Andrea Tandler mit den jungen Multimillionären der Firma Emix auf Du und Du ist, und den Millionenprovisionen hat bei den Ermittlern die Alarmglocken schrillen lassen. Sie befürchten, dass Tandler sich in die Schweiz absetzen könnte.
Die zuständige Richterin hat neulich Starkoch Schuhbeck verurteilt
Tandler und ihre Anwälte haben in den Haftbeschwerden jedwede Fluchtgefahr zurückgewiesen, ebenso hat ein Sprecher Tandlers mehrfach alle Vorwürfe bestritten. Dennoch hat das Landgericht München I nun den Haftbefehl aufrechterhalten. Es sieht ebenfalls eine konkrete Gefahr, dass Tandler flüchten könnte. Die 6. Strafkammer unter Vorsitz von Andrea Wagner ist auf Wirtschafts- und Steuerstrafsachen spezialisiert, sie hat Ende Oktober den Starkoch Alfons Schuhbeck wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt.
Hinter dem scharfen Vorgehen der Staatsanwaltschaft könnte freilich auch noch ein anderes Motiv stecken. Zuletzt waren der Justiz in zwei spektakulären Wirtschaftskrimis Hauptverdächtige entwischt. Cum-Ex-Architekt Hanno Berger hatte sich in die Schweiz abgesetzt und wurde erst nach Jahren ausgeliefert. Und im Wirecard-Skandal ist der mutmaßliche Milliardenbetrüger Jan Marsalek nach wie vor nicht auffindbar. Das soll nicht noch einmal passieren.