Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Maskenaffäre: CSU-Abgeordneter Ullrich: "Bei Nüßlein ist der Kompass vollständig verrutscht"

Maskenaffäre

CSU-Abgeordneter Ullrich: "Bei Nüßlein ist der Kompass vollständig verrutscht"

    • |
    Volker Ullrich hält die Maskendeals seiner Kollegen Georg Nüßlein und Alfred Sauter für moralisch verwerflich.
    Volker Ullrich hält die Maskendeals seiner Kollegen Georg Nüßlein und Alfred Sauter für moralisch verwerflich. Foto: Oliver Wolff, dpa (Archivbild)

    Herr Ullrich, was haben Sie gedacht, als Sie erfahren haben, dass die Maskengeschäfte Ihres früheren Bundestagskollegen Georg Nüßlein völlig legal waren?

    Volker Ullrich: Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist zu respektieren. Das Handeln war dennoch grundfalsch. Mit der Krise Geld zu verdienen, mag nicht strafbar gewesen sein. Es bleibt aber politisch und moralisch verwerflich. Zugleich fühle ich mich in meiner Meinung bestärkt, dass der betreffende Paragraf 108e des Strafgesetzbuches, der die Frage der Bestechlichkeit von Abgeordneten regelt, dringend verschärft werden muss.

    Nüßlein kann bis heute nicht verstehen, was verwerflich an seiner Provision gewesen sein soll, schließlich habe der Staat die Masken ja zu vernünftigen Preisen bekommen...

    Ullrich: Der Kompass bei Georg Nüßlein ist vollständig verrutscht. Seine Einlassungen empfinde ich als heuchlerisch. Als Parlamentarier soll man selbstverständlich in einer solchen Notsituation helfen, aber man darf sich niemals daran persönlich bereichern und daraus ein Geschäftsmodell machen. Wir werden als Abgeordnete gut für unsere Arbeit bezahlt. Herr Nüßlein hat als stellvertretender Fraktionsvorsitzender sogar noch eine Zulage von mehreren tausend Euro pro Monat erhalten. Er musste diese Geschäfte nicht machen, um über die Runden zu kommen.

    Sowohl Nüßlein als auch der Landtagsabgeordnete Alfred Sauter, der ebenfalls viel Geld mit der Anbahnung von Maskengeschäften verdient hat, betonten von Anfang an, dass sie sich an geltende Gesetze gehalten haben. Sie fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Verstehen Sie das?

    Ullrich: Erstens: Es gibt jenseits der strafrechtlichen Frage eine Kategorie des politischen und moralischen Anstandes. Dagegen haben sowohl Georg Nüßlein als auch Alfred Sauter verstoßen. Zweitens: Das Gesetz zur Abgeordnetenbestechlichkeit muss verschärft werden. Es kann nicht sein, dass solche Geschäfte nur dann strafbar sind, wenn ein Mandatsträger im Parlament direkt durch Abstimmungen handelt. Wir müssen die Gesetzeslücke schließen. Wenn immer es einen direkten Mandatsbezug gibt und daraus Geschäfte entstehen, sollte es künftig von der Vorschrift umfasst sein.

    Nüßlein sagt, man könne die Amtsautorität eines Abgeordneten nicht verbieten. Kann ein einflussreicher Politiker überhaupt noch als Privatmann Geschäfte machen, ohne dabei auch seinen Namen zu nutzen?

    Ullrich: Natürlich kann es Abgrenzungsprobleme geben. Aber wenn Parlamentarier mit Ministerien und öffentlichen Dienststellen kommunizieren, wie es bei Sauter und Nüßlein der Fall war, nutzen sie doch ganz offensichtlich ihren Status und ihr Netzwerk als Parlamentarier. Die direkte monetäre Verwertung von Kontakten, die sich unmittelbar aus dem Abgeordnetenmandat ergeben, empfinde ich als problematisch.

    Kritiker einer Gesetzesverschärfung sagen, dass es für Selbstständige unattraktiv würde, für einen Landtag oder den Bundestag zu kandidieren, wenn sie dafür ihren Beruf als Unternehmer oder Anwalt auf Eis legen oder aufgeben müssten. Sie warnen vor Parlamenten ohne Praktiker. Teilen Sie diese Befürchtung?

    Ullrich: Das Argument halte ich für vorgeschoben. Wenn man nur will, ist eine Abgrenzung möglich. Abgesehen davon: Abgeordnete werden genau deswegen gut bezahlt, damit sie nicht darauf angewiesen sind, nebenher Geld zu verdienen. Damit sollten auch Interessenkonflikte verhindert werden.

    Wird die Union im Bundestag die Verschärfung des Gesetzes forcieren?

    Ullrich: Ich werde mich sehr dafür einsetzen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden