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Magdeburg: Warum blieben die Sicherheitsbehörden untätig?

Magdeburg

Warum blieben die Sicherheitsbehörden untätig?

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    Am 20. Dezember ist auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg ein Autofahrer in eine Menschengruppe gefahren. Es gab mehrere Tote und Verletzte.
    Am 20. Dezember ist auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg ein Autofahrer in eine Menschengruppe gefahren. Es gab mehrere Tote und Verletzte. Foto: Sebastian Kahnert, dpa

    Nach dem Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt mit mindestens fünf Toten kommen Details ans Licht, die vor allem die Sicherheitsbehörden in den Fokus rücken. Denn Taleb A., der das Auto in die Menschenmenge steuerte und gegen den inzwischen Haftbefehl erlassen wurde, war den Ermittlern nicht unbekannt. Er war schon in der Vergangenheit mit Drohungen aufgefallen.

    Unter anderem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat nach eigenen Angaben einen Hinweis zu dem Täter erhalten. Er sei im Spätsommer letzten Jahres über die Social-Media-Kanäle eingegangen, so das Bamf. „Dieser wurde, wie jeder andere der zahlreichen Hinweise auch, ernst genommen.“ Da das Bundesamt keine Ermittlungsbehörde sei, sei die hinweisgebende Person, wie in solchen Fällen üblich, direkt an die verantwortlichen Behörden verwiesen worden. Auch der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, sagte im ZDF, das BKA sei im November 2023 aus Saudi-Arabien auf den Mann aufmerksam gemacht worden. „Hier ist auch ein Verfahren eingeleitet worden. Die Polizei in Sachsen-Anhalt hat dann auch entsprechende Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen.“

    Die Sache sei aber unspezifisch gewesen. „Er hat auch verschiedene Behördenkontakte gehabt, Beleidigungen, auch mal Drohungen ausgesprochen. Er war aber nicht bekannt, was Gewalthandlungen angeht“, sagte Münch zu dem Festgenommenen. Diese Dinge müssten aber nochmal überprüft werden, um zu schauen, ob den Sicherheitsbehörden etwas durchgegangen sei. „Wir haben hier ein völlig untypisches Muster, und wir müssen das auch in Ruhe jetzt auch analysieren.“

    Der Täter von Magdeburg passt nicht in die üblichen Muster

    Darauf weist auch der Terror-Experte Peter Neumann hin. „Er passt tatsächlich in kein Muster“, sagte er unserer Redaktion. „Ein 50-jähriger Saudi, der sich vom Islam abgewandt hatte und gegen den Islam kämpfte, dann aber einen Anschlag nach islamistischem Muster durchführte - so einen Typen hatten weder ich noch andere Experten auf dem Schirm.“ Hinzu sei wohl gekommen, dass er in den letzten Jahren Wahn- und Verschwörungsvorstellungen entwickelt habe, die sich zunehmend nicht nur gegen seine Heimat, sondern auch gegen Deutschland richteten. In sozialen Medien und Interviews erhob Taleb A. zuletzt teils wirr formulierte Vorwürfe gegen deutsche Behörden. Er hielt ihnen unter anderem vor, nicht genügend gegen Islamismus zu unternehmen. Wie eine Sprecherin des Gesundheitsunternehmens Salus mitteilte, war der 50-Jährige als Facharzt für Psychiatrie im Maßregelvollzug in Bernburg tätig. Er habe mit suchtkranken Straftätern gearbeitet und sei seit März 2020 in der Einrichtung tätig gewesen. Seit Ende Oktober 2024 war er urlaubs- und krankheitsbedingt nicht mehr im Dienst.

    Es gebe zunehmend eine Grauzone zwischen Extremismus und psychischer Erkrankung, so Neumann. Solche unspezifischen Gefährder müssten stärker in den Blick genommen werden. „Durch das Internet haben wir immer mehr selbst-ermächtigte und zumindest teilweise im Internet radikalisierte Einzeltäter, die sich ihre eigenen Wahn- und Verschwörungsideologien zusammenbasteln und in kein klares Muster passen“, sagt der Terror-Experte. Das habe sich seit der Corona-Pandemie klar verstärkt. Für die Behörden sei das eine gewaltige Herausforderung. „Es gibt eine so große Anzahl von scheinbar Verwirrten und zumindest dem Anschein nach Gefährlichen, speziell in den sozialen Medien, dass die Unterscheidung zwischen denjenigen, die nur Sprüche machen und denjenigen, die es ernst meinen, immer schwieriger wird“, sagt Neumann. „Früher hatten Sicherheitsbehörden das Problem, dass sie zu wenig Informationen hatten. Heute haben sie eine Flut an Informationen, die sich nur schwer bewältigen lässt.“

    Bundeskanzler verspricht Aufklärung nach der Todesfahrt von Magdeburg

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach bei einem Besuch vor Ort von einer „furchtbaren, wahnsinnigen Tat“. Es gebe keinen friedlicheren und fröhlicheren Ort als einen Weihnachtsmarkt. Jetzt sei wichtig, dass man aufkläre, mit aller Präzision und Genauigkeit, sagte Scholz. „Es darf nichts ununtersucht bleiben - und so wird es auch sein.“ Man müsse den Täter, seine Handlungen und Motive genau verstehen und darauf mit den strafrechtlichen Konsequenzen reagieren. Auch FDP-Generalsekretär und Ex-Justizminister Marco Buschmann fordert eine genaue Aufklärung der Tat. „Wir müssen nun den Opfern beistehen, die Tat seriös aufklären und überprüfen, was wir in Zukunft besser machen können, um solche furchtbaren Taten zu verhindern“, sagte Buschmann unserer Redaktion.

    Die bayerische Polizei verstärkt im Weihnachtsendspurt nochmals die Sicherheitsvorkehrungen auf den Weihnachts- und Adventsmärkten im Freistaat. „Aufsetzend auf die bereits jetzt schon bestehenden Sicherheitskonzepte verstärken wir nochmals den Schutz der Weihnachtsmärkte und erhöhen lageangepasst die Polizeipräsenz“, sagte Innenminister Joachim Herrmann. Allerdings lägen trotz des Anschlags in Magdeburg derzeit keine Hinweise auf konkrete Gefährdungen bayerischer Weihnachtsmärkte vor.

    Taleb A. war am Freitagabend mit hoher Geschwindigkeit mit einem Auto auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gerast. Dabei wurden vier Frauen im Alter von 45, 52, 67 und 75 Jahren sowie ein neunjähriger Junge getötet. Weitere 200 Menschen wurden verletzt. Viele von ihnen erlitten schwere und schwerste Verletzungen, sind aber inzwischen außer Lebensgefahr.

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    5 Kommentare
    Richard Merk

    Gewisse Gemeinsamkeiten bestehen zwischen dem OEZ-Attentäter David S. und mutmaßliche Täter Taleb A.. Hass auf Muslime, möglicherweise Sympathien für die AfD und psychische Probleme treffen offensichtlich auch auf den Attentäter in Magdeburg zu. Die bayerische Staatsregierung konnte lange nicht einsehen, dass dieses Attentat im OEZ als ein rechtsradikal motivierten Anschlag einzuordnen ist. Ein mögliches rassistische Motiv muss klar benannt werden.

    Peter Pfleiderer

    "Er war aber nicht bekannt, was Gewalthandlungen angeht“, sagte Münch zu dem Verdächtigen." - Der Leiter des BKA braucht sich nicht über einen Vertrauensverlust zu wundern. Der Täter hat bereits 2013 unter verweis auf einen islamistischen Anschlag mit Terror gedroht. - "Der Magdeburg-Attentäter hat offenbar bereits 2013 mit einer terroristischen Tat gedroht. ... Er habe Handlungen angedroht, die international Beachtung finden würden und auf den Anschlag von Boston vom April 2013 verwiesen. Die Drohung erfolgte am 17. April 2013, zwei Tage nach dem Anschlag auf den Boston-Marathon." - www.spiegel.de/panorama/justiz/magdeburg-news-am-sonntag-haftbefehl-gegen-tatverdaechtigen-erlassen-a-7c21a20a-8d4f-45f9-8501-864a43906db6

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    Martin Goller

    Er wurde dafür verurteilt. In einem Rechtsstaat passiert sowas. Hätte man ihn dafür in die Todesstrafe nach Saudi Arabien schicken sollen? Was machen wir bei AfDlern die ähnliches loslassen? Nach Russland schicken?

    Rainer Kraus

    Es wird schon langsam peinlich, denn immer wieder die selben Fragen, warum die Politiker und Sicherheitsbeamten nicht tätig waren und wurden? Und es passiert nichts und keine Konsequenz oder Lerneffekt.

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    Wolfgang Leonhard

    Vielleicht liegt es daran, dass man hinterher immer schlauer ist. Man kann nicht jeden Sonderling sofort wegsperren. "Hunde, die bellen, beißen nicht." Darauf haben sich die Polizeibehörden wohl verlassen. Vielleicht war es aber auch nicht vorstellbar, dass ein studierter Arzt im Staatsdienst, Islamhasser und bekennender AfD-Anhänger einen solchen Anschlag durchführt. Wenn man sich die Aufmärsche der Neonazis in Magdeburg ansieht, wird jedenfalls klar, dass er sein Ziel erreicht hat.

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