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Lokführer-Gewerkschaft GDL provoziert Kritik am Streikrecht

Bahnstreik

Braucht es eine Reform? Der Lokführer-Streik provoziert Kritik am Streikrecht

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    Zug fällt heute aus: Ein Hinweis, dem Reisende nun mehrere Tage lang an Bahnhöfen begegnen.  Sechs Tage dauert der GDL-Streik.
    Zug fällt heute aus: Ein Hinweis, dem Reisende nun mehrere Tage lang an Bahnhöfen begegnen. Sechs Tage dauert der GDL-Streik. Foto: Peter Kneffel

    Der Verdruss über den mehrtägigen GDL-Bahnstreik und seine Folgen hat in Deutschland eine Debatte über ein Tabuthema ausgelöst: Die Einschränkung des Streikrechts. „Ein Streik an kritischen Infrastrukturen wie der Bahn muss immer das letzte Mittel sein, nie das erste“, sagte die Chefin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Gitta Connemann (CDU), unserer Redaktion, und ergänzte: „Daher fordern wir für neuralgische Infrastruktur wie im Bahnverkehr, in der Energieversorgung oder an Flughäfen einen Streik-Vorlauf von mindestens vier Tagen, einen Notdienst und vor allem ein zuvor abgeschlossenes Schlichtungsverfahren.“ Für eine verpflichtende Schlichtung plädierte auch der Wirtschaftsrat der CDU. Die FDP im Bundestag fordert die GDL und ihren Vorsitzenden Claus Weselsky zum Dialog auf.

    Bisher sind in Deutschland grundsätzlich nur freiwillige Schlichtungsverfahren zulässig. Eine staatliche Zwangsschlichtung von Tarifkonflikten wäre verfassungswidrig, erklärt etwa die Gewerkschaft Verdi. Sie beharrt auf dem geltenden Streikrecht und hat für die nächste Zeit Arbeitsniederlegungen angekündigt, um die Lohnforderungen der Beschäftigten im Handel durchzusetzen.

    GDL agiert unverhältnismäßig

    Vom Lokführerstreik sind bis Montagabend unter anderem die Personenzüge der Deutschen Bahn betroffen. Der Konzern zeigt sich ratlos, Personalvorstand Martin Seiler sagte: „Es gibt absolut keinen Grund mehr, sich Gesprächen zu verweigern.“ Die Bahn bietet unter anderem eine 37-Stunden-Woche bei gleichem Gehalt sowie eine Lohnerhöhung auf bis zu 13 Prozent. GDL-Chef Weselsky lehnt das ab und stößt damit auf Kritik. „Die GDL darf die Gesprächsangebote der Deutschen Bahn nicht einfach ignorieren“, forderte etwa FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler und ergänzte: „Statt blinder Streiks ohne erkennbare Perspektiven sollte die GDL jetzt in den Dialog eintreten."

    Das Arbeitskampfrecht ist in Deutschland nicht gesetzlich geregelt, sondern im Wesentlichen durch die Rechtsprechung entwickelt worden, wie es in einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages heißt. Durch die GDL-Streiks könnte sich das ändern. Denn: „Die GDL agiert unverhältnismäßig“, argumentiert MIT-Chefin Connemann, die dem mit rund 25.000 Mitgliedern größten parteipolitischen Wirtschaftsverband in Deutschland vorsteht. Weselsky verweigere Gespräche und nehme „dennoch das ganze Land in Geiselhaft“. Für den Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, legt der GDL-Streik „ein Defizit des Streikrechts offen: Für zentrale Aufgaben und die Infrastruktur unseres Landes muss bei verfahrenen Tarifverhandlungen eine verpflichtende Schlichtung eingeführt werden. Dieser Schlichterspruch muss dann am Ende von beiden Seiten angenommen werden." 

    Mehr Geld mit Tarifvertrag

    Darüberhinausgehende Maßnahmen lehnt Steiger ab. „Ich halte hingegen nichts von Versuchen, der GDL ihren Gewerkschaftsstatus abzusprechen“, sagte er unserer Redaktion. „Wir erleben es in anderen lebensnotwendigen Bereichen des Öffentlichen Dienstes, dass dort DGB-Gewerkschaften wie Verdi statt der GDL ganze Städte oder das Land als Faustpfand benutzen."

    DGB-Chefin Yasmin Fahimi macht derweil weiter Druck „auf die politischen Akteure in den Ländern und im Bund, damit sie sich für mehr Tarifbindung einsetzen – auch durch neue gesetzliche Regelungen.“ Hintergrund ist, dass nur noch rund die Hälfte der Beschäftigten in Tarifverträgen gebunden ist. Vor zwanzig Jahren waren es noch gut zwei Drittel. Tarifbeschäftigte bekommen laut DGB im Schnitt 844 Euro brutto mehr.

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