Während die meisten von uns schlafen, könnte diese Nacht die Welt verändern. Ja, ja, wir Journalisten neigen zum Pathos. Sagt man. Aber diese US-Wahl hat tatsächlich das Zeug dazu. Und so ist es dringend an der Zeit für ein Porträt über eine ganz besondere Geisterstunde: die Wahlnacht.
Fangen wir gleich mit der wichtigsten Frage an. Nein, nicht Harris oder Trump. Sondern: Lohnt es sich, wach zu bleiben? Sagen wir mal so, das hängt stark von der persönlichen Erwartungshaltung ab. Wenn Sie wissen wollen, wer gewonnen hat, klare Empfehlung: Gehen Sie lieber ins Bett. Weil die Erfahrung zeigt: So eine US-Wahl zieht sich. Weil es innerhalb der Vereinigten Staaten vier Zeitzonen gibt, also die einen noch wählen, wenn die anderen schon zählen. Aber auch, weil das Wahlsystem unübersichtlich ist - es ist beispielsweise keineswegs sicher, dass die Kandidatin oder der Kandidat mit den meisten Stimmen automatisch gewonnen hat. Crazy, oder?
Für Politiker ist die Wahlnacht wie das erste Date nach langem Baggern
Jedenfalls werden wir wohl lange nur wissen, dass wir nichts wissen. Für die Kandidaten ist die Wahlnacht deshalb so etwas wie das alles entscheidende erste Date. Man hofft, aber es kann auch komplett schiefgehen. Monatelang haben sie gebaggert, haben Versprechen versprochen, sich von ihrer besten Seite gezeigt und nun schlägt sie, die Stunde der Wahrheit. Nicht alle können dann damit umgehen, wenn sie einen Korb bekommen.
Vielleicht geht auch deshalb von Wahlnächten eine solche Faszination aus. Sie verfallen in eine Stimmung wie beim WM-Finale. Also doch wach bleiben? Durch Fernsehprogramme, soziale Netzwerke und Live-Ticker zappen. „Fachleuten“ beim Dauertalk in nachgebauten Weißen Häusern zuhören, deren Expertise darin besteht, dass sie vor ein paar Jahren mal in Florida surfen waren oder eine Cousine dritten Grades mit einem Ami verheiratet ist. Sendezeit must schließlich go on!
Staunen Sie mit CNN-Reportern, die wissen, dass sie nichts wissen
Mit Koffein durch die Nacht, staunen, wie CNN-Moderatoren blaue und rote Felder über die Landkarte wirbeln, dass der Sessel daheim im Wohnzimmer mit den Ohren schlackert - und die dann doch immer wieder nur rufen: Too close to call. Auf gut Deutsch: keine Ahnung, wie es ausgeht.
Dann um fünf Uhr morgens kurz vor dem Elfmeterschießen der Swing States doch noch wegdämmern. Und mit der Eilmeldung wieder aufwachen, dass unklar ist, ob das Elfmeterschießen wiederholt werden muss, weil Anwälte einen Videobeweis fordern. Was für eine Nacht!
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