Als Keir Starmer die Bühne in Liverpool betritt, geht ein Raunen durch den Saal, dann erschallt schallender Applaus. Seine Rede zeigt auf, welche Ziele die Labour-Partei in der Regierung verfolgen würde. Sein Motto: „Zuerst das Land, dann die Partei.“ Großbritannien solle seine Zukunft wiederbekommen. Es solle ein Land sein, wo Bemühungen belohnt werden. Wo arbeitende Menschen Erfolg haben. Großbritannien solle eine Supermacht der sauberen Energie werden.
Bei Veranstaltungen und kleineren Diskussionsrunden im Rahmen der jährlichen Labour-Parteikonferenz liegt in der englischen Küstenstadt Liverpool neben dem Duft des Meeres auch die Hoffnung auf einen Wechsel in der Luft. Immer mehr Britinnen und Briten spüren nach zwölf Jahren unter den Torys, dass das Land für die aktuellen Herausforderungen nicht gut gerüstet ist. „Man kann sich ja hier umschauen. Nichts funktioniert.
Labour holt in den britischen Umfragen wieder auf
Die Züge fahren nicht. Das nationale Gesundheitssystem NHS steckt in der Krise, und die Lebenshaltungskosten steigen unaufhörlich. Und nun haben wir eine Regierung, die primär daran interessiert ist, den Reichsten zu helfen“, sagte der Schatten-Gesundheitsminister Wes Streeting unserer Redaktion. War die Labour-Partei beim letzten Parteitag 2021 in Brighton noch gespalten und hinkte in den Umfragen hinterher, geht es jetzt bergauf. Laut YouGov würde Labour im Fall einer Wahl aktuell 45 Prozent erhalten, die Torys unter Premierministerin Liz Truss kämen nur auf 28 Prozent. Das ist der größte Vorsprung seit über 20 Jahren.
Der neue konservative Finanzminister Kwasi Kwarteng hatte am vergangenen Freitag im Parlament Steuererleichterungen angekündigt, welche durch Staatsschulden finanziert werden sollen. Die Märkte reagierten sensibel. Das Pfund sank mit einem Wert von nur knapp über einem Dollar auf ein historisches Tief. Die Zentralbank kündigte an, den Leitzins weiter zu erhöhen. Kredite und Hypotheken werden damit noch teurer. Besonders enttäuscht sind Britinnen und Briten jedoch von dem Schritt der konservativen Regierung unter der neuen Premierministerin Liz Truss, Steuern für Besserverdienende zu senken. Laut YouGov lehnen dies 72 Prozent der Wähler ab.
Mehr Pfleger und saubere Energie: Das plant die britsiche Labour-Partei
In der Labour-Hochburg Liverpool stellte Parteichef Starmer seine ambitionierten Pläne vor. Tausenden Frauen und Männern soll das Medizinstudium schmackhaft gemacht und noch mehr Pflegerinnen und Pfleger eingestellt werden, um dem Gesundheitsdienst NHS auf die Beine zu helfen. Ein staatliches Energieunternehmen namens „Great British Energy“ soll gegründet werden. Wie er dies finanzieren würde, ist noch nicht klar. Das müsse die Partei aber aktuell auch noch nicht bis ins Detail darlegen, betonten Experten. Schließlich seien die Torys für das wirtschaftliche Chaos im Land verantwortlich zu machen.