Die Ampel-Koalition aus SPD, Grüne und FDP befindet sich seit geraumer Zeit im Dauerkrisenmodus – und zerbricht nun. Bundeskanzler Olaf Scholz entlässt den FDP-Finanzminister Christian Lindner. Im Januar plant der Kanzler dann den Weg für Neuwahlen frei machen – diese könnten im März stattzufinden.
Ampel-Koalition gescheitert: Lindner schlägt Neuwahlen vor und wird entlassen
Schon lange belasten interne Spannungen und Meinungsverschiedenheiten in zentralen Politikbereichen wie Haushalt, Klimaschutz und Migration die Zusammenarbeit der Ampel-Koalition, deren Beliebtheitswerte stetig absacken. Nach mehreren Treffen und Blockaden in den vergangenen Wochen, des Stillstands und gegenseitiger Beschuldigungen steht nun das vorzeitige Ende: Finanzminister Christian Lindner hatte Bundeskanzler Olaf Scholz vorgeschlagen, mit Neuwahlen in der Bundesrepublik den Weg für eine neue Regierung freizumachen. Dies erfuhr unsere Redaktion am Mittwochabend aus Teilnehmerkreisen. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass Olaf Scholz seinen Finanzminister entlassen hat. Am Mittwochabend trat der Kanzler vor die Presse.
Scholz sagte in seinem Statement, er habe der FDP im Streit um den Bundeshaushalt ein neues Angebot gemacht: bezahlbare Energiekosten, ein Paket für sichere Arbeitsplätze in der Autoindustrie, eine Investitionsprämie und mehr Investitionen für die Ukraine. „Der Bundesfinanzminister zeigt keinerlei Bereitschaft, dieses Angebot umzusetzen. Ein solches Verhalten will ich unserem Land nicht länger zumuten“, sagte Scholz. Zumal die Unsicherheit in Deutschland wachse, auch im Rahmen der Wiederwahl von Donald Trump in den USA.
Immer wieder habe Scholz Vorschläge zu Kompromissen in der Koalition gemacht. Doch wie Scholz sagte, sei das mit Lindner schwierig gewesen. Der Bundeskanzler kritisierte: „Zu oft hat Lindner mein Vertrauen gebrochen“ und sagte: „Es gibt keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit.“ Er machte deutlich, wie groß die Differenzen zwischen ihm und seinem Finanzminister sind.
Lindner wie die Vorwürfe von Scholz scharf zurück. Der Kanzler sei im Koalitionsausschuss nicht einmal bereit gewesen, die von der FDP gemachten Reformvorschläge als Beratungsgrundlage zu akzeptieren. Stattdessen habe er ihn „ultimativ“ aufgefordert, die Schuldenbremse zu lockern. „Olaf Scholz fehlt die Kraft, unserem Land einen neuen Aufbruch zu ermöglichen“, kritisierte Lindner und warf dem Kanzler einen „kalkulierten Bruch“ der Koalition vor. Er dagegen habe versucht, mit seinem Neuwahl-Vorschlag die Koalition „geordnet und in Würde“ zu beenden. Dies habe der Kanzler aber „brüsk zurückgewiesen“.
Bundeskanzler Scholz will im Januar die Vertrauensfrage stellen
Wie es nun weitergeht, zeichnete Scholz vor: Im laufenden Jahr will die Regierung noch einige Projekte abschließen. Bis zur letzten Bundesratssitzung sollen diese, wie Scholz sagt, nicht aufschiebbaren Gesetze den Bundestag passiert haben.
In der ersten Sitzungswoche des Bundestags will Scholz dann die Vertrauensfrage stellen – mit dieser werden Neuwahlen möglich. Darüber abstimmen soll der Bundestag dann am 15. Januar. Neuwahlen könnten so bis Ende März stattfinden. In der Zwischenzeit will Scholz bei den Themen Wirtschaft und Verteidigung auf Unionschef Friedrich Merz zugehen.
Führungsspitzen der Ampel-Koalition hatte sich zu Krisentreffen verabredet
Vor dem Treffen des so genannten Koalitionsausschusses, dem neben Scholz, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner weitere Minister sowie die Spitzen der Ampel-Fraktionen und -Parteien angehören, hatten Scholz, Habeck und Lindner im Kanzleramt am Mittwoch noch zweimal Mal über die künftige Wirtschafts- und Haushaltspolitik beraten. Nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA warnte Habeck vor einem Scheitern der Ampel. „Die Konsequenz dieses Wahlausgangs kann ja nur sein, dass Deutschland in Europa nicht ausfallen kann“, sagte er. Die Bundesrepublik müsse in Europa ein verlässlicher und handlungsfähiger Partner und die Bundesregierung „absolut handlungsfähig“ sein. Der Bruch der Koalition, sagte Habeck am Abend, sei ebenso folgerichtig wie unnötig.
CSU-Chef Markus Söder forderte Scholz auf, die Vertrauensfrage sofort zu stellen – und nicht erst Mitte Januar. „Damit könnten Neuwahlen sogar noch im Januar stattfinden“, sagte Söder.
Kern der Auseinandersetzungen war bis zuletzt die Frage, wie das Milliardenloch im Haushalt für 2025 gestopft und die schwer angeschlagene deutsche Wirtschaft wieder auf Trab gebracht werden kann. In seinem Konzept für eine Wirtschaftswende fordert Lindner unter anderem die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener und einen Kurswechsel in der Klimapolitik. Dagegen gibt es erheblichen Widerstand bei SPD und Grünen. Ebenfalls umstritten sind das neue Rentenpaket und die künftige Migrationspolitik.
Bereits am Morgen hatte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil an die Koalitionspartner appelliert, gemeinsam einen Weg aus der Regierungskrise zu finden: „Ich wünsche mir, dass alle jetzt parteitaktische Überlegungen über Bord werfen, dass man sich heute Abend in die Augen guckt, dass man sich noch mal klarmacht, welche Verantwortung man jetzt trägt.“ Ein Angebot von Habeck, mit den im Moment nicht benötigten Milliardensubventionen für eine Fabrik des US-Konzerns Intel in Magdeburg Haushaltslücken zu schließen, lehnte die FDP ab. Habecks Vorschlag sei eine Mogelpackung, sagte ihr Haushaltsexperte Christoph Meyer. „Die Intel-Milliarden hat er nicht und kann sie deswegen auch nicht verdealen.“ Nach einer Umfrage des Insa-Instituts für die Bild-Zeitung wünschen sich 57 Prozent der Deutschen ein vorzeitiges Ende der Ampel.
Lindner hat wohl Genscher kopiert, der sich damals 1982 von der Union hat "überzeugen" lassen, um Helmut Schmidt zu stürzen. Damals wurde es "medientechnisch" totgeschwiegen, aber heute? Man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter.
Warum stellt BK. Herr Scholz die Vertrauensfrage erst am 15. Januar. Das wäre auch zu einem früheren Zeitpunkt möglich denke ich.
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