Sichtlich gelöst und zuversichtlich präsentiert das Trio mit einem Funken Selbstironie in Berlin sein neues Vorhaben. Auf dem Podium der Bundespressekonferenz sitzen Bodo Ramelow, Dietmar Bartsch und Gregor Gysi vor der blauen Wand, die drei Politiker der Linkspartei sind zwischen 66 und 76 Jahre alt. Sie sind damit allesamt nicht mehr die Jüngsten und genau deshalb bewusst in ihrer Mission als „Seniorenexpress“ unterwegs. „Natürlich haben wir getrennte Wohnungen und Betten“, witzelt Gysi, um gleich klarzustellen, dass sie nicht bei jeder Gelegenheit das Trio geben wollen.
Die Linke steckt in einer tiefen Krise. In den Umfragen kratzt sie an der Fünf-Prozent-Hürde. Bleibt sie tatsächlich darunter, kann nur der Gewinn von drei Direktmandaten sicherstellen, dass die Linke - wie schon 2021 - über die sogenannte Grundmandatsklausel mit einer Mandatszahl, die ihrem Wahlergebnis entspricht, in den Bundestag einzieht. Vor diesem Hintergrund ist der mediale Auftritt vom Mittwoch zu sehen.
Ein Ausscheiden aus dem Bundestag würde nicht nur die Partei treffen, sondern auch die politische Landschaft verändern. Gregor Gysi bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Wenn es im Bundestag keine linken Argumente mehr gibt – zu Themen wie soziale Gerechtigkeit, Steuergerechtigkeit oder Ost-West-Gleichheit – dann wird die Debatte eng. Das können wir nicht zulassen.“
Projekt „Silberlocke“ der Linken: Kein Ersatz für die Jugend
Inhaltlich setzt die „Mission Silberlocke“ auf die Kernthemen der Linken: den Kampf gegen Kinderarmut, Reformierung des Steuersystems und Einführung eines modernen Versicherungssystems. Bartsch kritisiert die Rentenpolitik der Ampel scharf: „Die Aktienrente ist eine verheerende Fehlentscheidung. Was wir brauchen, ist eine soziale Rentenversicherung, in die alle einzahlen.“ Er macht außerdem deutlich, dass es ein Skandal sei, dass die Regierung über horrende Rüstungsausgaben rede, während die Kinderarmut in Deutschland wachse und die Bildung leide. „Eine einzige Taurus-Rakete kostet so viel wie die Ausbildung von vier Medizinstudenten.“
Mit dem Projekt „Silberlocke“ wollen die Altvorderen eine Brücke schlagen zwischen den erfahrenen Kräften der Partei und einer jüngeren Generation, die darauf dringt, endlich mehr Gehör zu finden. Doch genau hier liegt auch der Reibungspunkt: Innerhalb der Partei sind nicht alle begeistert davon, dass nun drei ältere Männer den Ton angeben – besonders der junge, feministische Flügel zeigt sich skeptisch. Doch Gregor Gysi betont: „Wir wollen die Jüngeren nicht ersetzen, sondern begleiten“.
Zu ihren besten Zeiten erreichte die Linke knapp zwölf Prozent
Ramelow fügt selbstironisch hinzu, dass die ältere Generation noch viel zu lernen habe. „Wir alten Herren müssen Begriffe lernen, die wir vorher noch nie gehört haben. TikTok ist ein Beispiel – das hat eine ganz andere Wirkung als Plakate.“ Die „Mission Silberlocke“ ist also mehr als nur ein PR-Gag. Sie ist der Versuch einer verzweifelten Partei, die zu ihren besten Zeiten knapp zwölf Prozent der Stimmen holte, wieder Fuß zu fassen. Doch die Zeit bis zur Wahl am 23. Februar ist kurz, die Herausforderungen immens: eine fragmentierte Parteibasis, ein winterlicher Wahlkampf und eine in Teilen desillusionierten Anhängerschaft. Gysi, der sich selbst als Zweckoptimist bezeichnet, betont: „Keiner von uns kann sicher sein, wie die Wahl ausgeht. Aber wir müssen kämpfen, um ein gutes Ergebnis zu erzielen.“
Die „Silberlocken“ haben die Mission angenommen. Ob sie den Abstieg verhindern können, liegt jedoch nicht allein in ihren Händen. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob der „Seniorenexpress“ Fahrt aufnehmen kann – oder ob der Zug für die Linke endgültig abgefahren ist.
Das wird ein interessanter Wahlkampf und ein noch interessanterer Wahlabend am 23. Februar werden. Die Linke ist ja schon kampferprobt mit den drei Direktmandaten. Aber nach dem Abgang von Wagenknecht ist auch die Klientel der Linken geschrumpft. Denn auch das BSW greift auf die selbe Wählerschicht zu. Interessant wird es auch in Bayern, da will Söder bekanntlich ja alle Wahlkreise gewinnen. Sein Koalitionspartner in Bayern wiederum setzt ja auch darauf, drei Direktmandate zu gewinnen. Für die FDP kommt so etwas gar nicht erst als Möglichkeit in Frage. Die muss um alles oder nichts kämpfen, aber im Gegensatz zu früheren Jahren gibt es für sie diesmal keine sogenannten Leihstimmen aus dem konservativen Lager. Bleibt nur zu hoffen, dass die AfD nicht lachender Dritter bei der Stimmenschlacht wird.
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