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Linke-Chefin Janine Wissler will nicht zurücktreten

Die Linke

Wie die Linke ums Überleben kämpft

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    Nach dem Wahldebakel bei der Europawahl geben sich die Linken-Chefs Martin Schirdewan und Janine Wissler selbstkritisch (Archivbild). Ein Personalwechsel scheint derzeit jedoch ausgeschlossen.
    Nach dem Wahldebakel bei der Europawahl geben sich die Linken-Chefs Martin Schirdewan und Janine Wissler selbstkritisch (Archivbild). Ein Personalwechsel scheint derzeit jedoch ausgeschlossen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Wenn eine Partei in den Meinungsumfragen nicht mehr gesondert ausgewiesen wird, macht sich in der Zentrale Alarmstimmung breit. Der abgefragte Stimmanteil ist dann nämlich für einen belastbaren Umfragewert zu gering, die Institute schieben die Partei in die Rubrik „Sonstige“ ab. Seit einigen Wochen findet sich die Linke oft in dieser Strafabteilung wieder. Sie ist in vielen Umfragen unsichtbar und muss aufpassen, nicht völlig aus dem Blickfeld der Wählerinnen und Wähler zu verschwinden. Die Parteispitze arbeitet gegen den Bedeutungsverlust an, gilt dabei selbst angeschlagen. Doch eine Personalveränderung ist vorerst nicht geplant. Sie sei dafür, „erst die Inhalte und die Strategie zu diskutieren und dann über die personelle Aufstellung zu reden“, sagte die Co-Vorsitzende Janine Wissler unserer Redaktion.

    In einem wenige Tage alten Beschluss des Landesvorstands wird das Ergebnis der Europawahl als „ein schwerer Schlag“ für die Linke bezeichnet. Und weiter: „Zusammenfassend müssen wir feststellen: Unsere Wahlstrategie ist nicht aufgegangen.“ Die Wahrheit ist, dass es schon lange nicht mehr richtig funktioniert bei der Linkspartei, die 2007 aus der Verschmelzung des SPD-Ablegers WASG mit der SED-Nachfolgepartei PDS hervorging. Im Grunde geht es seit der Bundestagswahl 2021 stetig bergab, die Gründung des BSW durch die abtrünnige ehemalige Linken-Ikone Sahra Wagenknecht verstärkte den Abwärtstrend. Anfang Juni holte die Partei bei der Europawahl nur noch 2,7 Prozent der Stimmen, halb so viele wie fünf Jahre zuvor.

    Ramelow als Hoffnungsträger

    Die Hoffnung richtet sich auf den 1. September. In Thüringen wird ein neuer Landtag gewählt, die Linkspartei steht dort bei etwa 15 Prozent, der Grund dafür heißt Bodo Ramelow. Seit 2014 führt der Linke das Land und hat sich dabei hohes Ansehen erworben. Der Verfall zeigt sich gleichwohl auch hier, zur alten Stärke kann der 68-Jährige seine Partei nicht mehr führen. Dazu müssten sich die derzeitigen Umfragewerte mindestens verdoppeln, vor fünf Jahren holte die Linke in Thüringen 31 Prozent.

    Ein zweistelliges Ergebnis würde Hoffnung machen. In den Umfragen führt allerdings die AfD, gefolgt von CDU und BSW. Erstere wird mangels Koalitionspartner an keiner Regierung beteiligt sein. Es gilt als wahrscheinlich, dass der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt eine Regierung bildet. Für die Christdemokraten ist eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei allerdings genauso ausgeschlossen wie mit der AfD. Gut möglich also, dass der einzige Linke an der Spitze eines Bundeslandes bald Legende ist. Ramelow würde wohl den Rückzug ins Privatleben antreten, die Linke in der Folge weiter an Sichtbarkeit verlieren. Zappenduster sieht es für Sachsen aus, wo zeitgleich gewählt wird. Magere drei Prozent stehen auf der Umfrage-Uhr. Nur wenig besser steht es in Brandenburg, das sich drei Wochen später ein neues Landesparlament wählt.

    Wagenknecht zog viele Stimmen ab

    Die Parteivorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler bemühen sich derzeit nach Kräften, damit aus der Alarmstimmung keine Panik wird, die das zarte Hoffnungspflänzchen Thüringen unter sich begräbt. Das schlechte Ergebnis bei der Europawahl kam nicht gänzlich unerwartet, es hat die Defizite aber noch einmal deutlich vor Augen geführt. In den Augen der Wählerinnen und Wähler fehlt es der Partei an Glaubwürdigkeit und Profil. Fast 380.000 Menschen wählten die Linkspartei gar nicht mehr, rund 430.000 Stimmen verlor sie an das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).

    Um aus dem Umfrageloch herauszukommen, müsste die Linke sichtbarer werden. Für „Sonstige Parteien“ ist in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch kein Platz, bei wichtigen Themen wie Frieden oder Migration punkten die anderen. Darunter das BSW, das einen weiteren Vorteil hat. Während Schirdewan und Wissler medial trotz aller Arbeit eher blass wirken, scheint Wagenknecht omnipräsident, obwohl sie noch nicht einmal ein durchbuchstabiertes Parteiprogramm im Rücken hat.

    Wissler will bleiben

    Die Frage nach einem Personalwechsel in der Parteispitze ist da nur folgerichtig, und sie wird bereits zaghaft gestellt. Zuletzt forderten die früheren Fraktionschefs Gregor Gysi und Dietmar Bartsch eine „strukturelle, politische und personelle Erneuerung“.

    Doch noch soll die Personalfrage hintanstehen. „Wir müssen klären, wie wir Die Linke mit Blick auf die Bundestagswahl aufstellen und Vertrauen zurückgewinnen wollen“, sagte Wissler unserer Redaktion.  Die Linke müsse wahrnehmbar sein als Partei, „die sich für die Mieterinnen und Mieter einsetzt und für die Interessen der abhängig Beschäftigten“. Nach Strategie und Inhalten gehe es dann ums Personal.

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