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Lieferkettengesetz 2023: Auswirkungen und Anforderungen für deutsche Unternehmen

Menschenrechte und Umwelt

Lieferkettengesetz 2023: Auswirkungen und Anforderungen für deutsche Unternehmen

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    Neues Lieferkettengesetz kommt: Viele Unternehmen exportieren ihre Waren auf dem Schiffweg.
    Neues Lieferkettengesetz kommt: Viele Unternehmen exportieren ihre Waren auf dem Schiffweg. Foto: Sina Schuldt, dpa

    In Deutschland ist so gut wie alles gesetzlich geregelt. Mittlerweile auch die Sorgfaltspflicht bei Lieferketten. Die entsprechende Bestimmung wurde im Jahr 2021 verabschiedet. Am 3. März brachte das Bundeskabinett der damaligen Kanzlerin Angela Merkel das von Kritik begleitete Gesetz auf den Weg, der Bundestag beschloss am 11. Juni den Entwurf, der zwei Wochen später vom Bundesrat gebilligt wurde.

    Um dieses Lieferkettengesetz (LkSG), das im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 46 vom 22. Juli 2021 elf Seiten umfasst, dreht sich dieser Text. Der komplette Name ist übrigens deutlich sperriger: Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten.

    Lieferkettengesetz: Worum geht es?

    Wie schon der komplette Titel des Lieferkettengesetzes verrät, soll es die Achtung und Wahrung der Menschenrechte und der Umwelt im Rahmen von Warenlieferungen sicherstellen. In Abschnitt 2 §3 Sorgfaltspflichten besagt Absatz 1: "Unternehmen sind dazu verpflichtet, in ihren Lieferketten die in diesem Abschnitt festgelegten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten mit dem Ziel, menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken vorzubeugen oder sie zu minimieren oder die Verletzung menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten zu beenden."

    Diese Anforderungen hat das Gesetz an die Unternehmen: ein Risikomanagement, die Festlegung betriebsinterner Zuständigkeiten, regelmäßige Risikoanalysen, eine Grundsatzerklärung, Präventionsmaßnahmen, Abhilfemaßnahmen, die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens, die Umsetzung von Sorgfaltspflichten, die Dokumentation und die Berichterstattung.

    Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) schreibt: "Das Gesetz legt klare und umsetzbare Anforderungen für die Sorgfaltspflichten von Unternehmen fest und schafft so Rechtsicherheit für Unternehmen und Betroffene." Dabei gehe es "nicht darum, überall in der Welt deutsche Sozialstandards umzusetzen, sondern um die Einhaltung grundlegender Menschenrechtsstandards wie des Verbots von Kinderarbeit und Zwangsarbeit."

    Ab wann gilt das Lieferkettengesetz?

    Zum Jahreswechsel tritt das Gesetz in Kraft. Ab dem 1. Januar 2023 sind die Unternehmen also verpflichtet, ihrer Sorgfaltspflicht nachzugehen.

    Lieferkettengesetz: Welche Unternehmen sind betroffen?

    Dies regelt §1 Anwendungsbereich. Demnach sind an das Lieferkettengesetz alle Unternehmen gebunden, die "ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben" und zudem "in der Regel mindestens 3000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen".

    Unter das Lieferkettengesetz fallen auch ausländische Unternehmen, die "eine Zweigniederlassung gemäß §13d des Handelsgesetzbuchs im Inland haben" und außerdem "in der Regel mindestens 3000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen".

    Ab dem 1. Januar 2024 sinkt der Schwellenwert auf 1000 Arbeitnehmer. Leiharbeiter werden mit eingerechnet, sobald sie länger als sechs Monate eingesetzt werden. Bei "verbundenen Unternehmen (§15 des Aktiengesetzes)" werden "die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer sämtlicher konzernanhängehöriger Gesellschaften" der "Obergesellschaft" zugerechnet.

    Dem BMZ zufolge sind 2023 etwa 900 Unternehmen vom Lieferkettengesetz betroffen, ab 2024 dann etwa 4800.

    Welche Anforderungen hat das Lieferkettengesetz an Unternehmen?

    Bezüglich der Anforderungen an die Unternehmen verweist das BMZ auf eine Abstufung. Unterteilt werde einerseits in den eigenen Geschäftsbereich, in die unmittelbaren Zulieferer und in die mittelbaren Zulieferer, andererseits werde unterschieden nach "Art und Umfang der Geschäftstätigkeit", "dem Einflussvermögen des Unternehmens auf den Verursacher der Verletzung", "der typischerweise zu erwartenden Schwere der Verletzung" und der "Art des Verursachungsbeitrages des Unternehmens".

    Wie bereits bei der kurzen Erklärung des Lieferkettengesetzes erwähnt, werden von den Unternehmen folgende Maßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und bei unmittelbaren Zulieferern verlangt:

    • Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte verabschieden
    • Risikoanalyse: Verfahren zur Ermittlung nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte durchführen
    • Risikomanagement (inklusive Präventions- und Abhilfemaßnahmen) zur Abwendung potenziell negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte
    • Beschwerdemechanismus einrichten
    • Transparent öffentlich berichten

    Gefordert werden zudem im Fall einer Verletzung des Lieferkettengesetzes im Inland unverzügliche Abhilfemaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich, "die zwingend zur Beendigung der Verletzung führen". Hinsichtlich unmittelbarer Zulieferer ist ein "konkreter Plan zur Minimierung und Vermeidung" zu erstellen, sollte "die Verletzung nicht in absehbarer Zeit" beendet werden.

    Bei mittelbaren Zulieferern "gelten die Sorgfaltspflichten nur anlassbezogen und nur, wenn das Unternehmen Kenntnis von einem möglichen Verstoß erlangt". Dann seien unverzüglich:

    • eine Risikoanalyse durchzuführen
    • ein Konzept zur Minimierung und Vermeidung umzusetzen
    • angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem Verursacher zu verankern, wobei die Umsetzung von Brancheninitiativen als Möglichkeit genannt wird
    Arbeiterinnen in Bangladesch: Die Politik erhofft sich durch das Lieferkettengesetz eine Verbesserung der Arbeitnehmerlage auf der ganzen Welt.
    Arbeiterinnen in Bangladesch: Die Politik erhofft sich durch das Lieferkettengesetz eine Verbesserung der Arbeitnehmerlage auf der ganzen Welt. Foto: K M Asad, dpa

    Lieferkettengesetz: Welche Auswirkungen hat es?

    Auf die Unternehmen kommt, wie erwähnt, deutlich mehr Präventionsarbeit zu. Zugleich betont das BMZ, es sollen keine Geschäftsbeziehungen wegen des Lieferkettengesetzes beendet werden. Schließlich soll deutschen oder in Deutschland tätigen Unternehmen kein Nachteil durch das Gesetz entstehen.

    Deshalb soll sich kein Unternehmen dazu animiert sehen, "die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen im Partnerland zu verändern". Es wird nur dann ein Abbruch der Geschäftsbeziehungen erwartet, "wenn eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung festgestellt wurde und die bisherigen Maßnahmen des Konzepts innerhalb einer gesetzten Frist nicht erfolgreich sind". Das BMZ verspricht zugleich "substanzielle Unterstützungsangebote der Bundesregierung für Unternehmen".

    Zudem erhofft sich die Politik auch einen "Impuls, um unternehmerische Sorgfaltspflichten europaweit verbindlich zu regeln". Eine "einheitliche europäische Regelung" sei das Ziel, denn so würden "gleiche Wettbewerbsbedingungen" geschaffen. Das BMZ findet: "Als zweitgrößter Wirtschaftsraum der Welt muss die EU bei fairen Lieferketten vorangehen und Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in ihren Lieferketten beenden."

    Es soll also ein wichtiger gesellschafts- und klimapolitischer Anstoß gegeben werden, der sich nicht negativ auf die betroffenen Unternehmen auswirkt.

    Wer überprüft die Einhaltung des Lieferkettengesetzes?

    Dafür ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig. Die Bundesoberbehörde wurde 1954 gegründet, sitzt in Eschborn bei Frankfurt am Main und gehört zum Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums (offizieller Name: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, kurz: BMWK) an.

    Das BMZ schreibt hierzu: "Sie kontrolliert die Unternehmensberichte, geht eingereichten Beschwerden nach und verhängt im Notfall auch Sanktionen." Dazu werde das BAFA "ein schlankes Berichtsverfahren aufbauen, auf dessen Grundlage die Kontrolle der Unternehmen sichergestellt ist".

    Lieferkettengesetz: Welche Strafen drohen bei Verstößen?

    Laut BMZ sind Bußgelder möglich, zudem heißt es in Abschnitt 6 §23 Zwangsgeld: "Die Höhe des Zwangsgeldes im Verwaltungszwangsverfahren der (…) zuständigen Behörde beträgt abweichend von §11 Absatz 3 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes bis zu 50.000 Euro."

    Doch nicht nur Geldstrafen drohen, wie das BMZ klarstellt: "Unternehmen können bei schwerwiegenden Verstößen bis zu drei Jahre von der öffentlichen Beschaffung ausgeschlossen werden."

    Zivilrechtlich gelten demnach weiter die bestehenden Haftungsregeln nach deutschem und ausländischem Recht.

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