Der Tiefpunkt der Bahn-Misere war im Juni erreicht. Ausgerechnet während der Fußball-EM mit Fans aus ganz Europa kam jeder zweite Fernzug der Bahn zu spät. Es hagelte bittere Berichte der Korrespondenten über ein Land, das es einfach nicht mehr kann. Die Blamage geschah, obwohl sich die Bahn monatelang auf das Großereignis vorbereitet hatte.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt erkannte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), dass er eingreifen musste. Das nun beschlossene Sanierungskonzept resultiert aus dieser Erkenntnis. Warum so spät? Seit dem Ende der Corona-Pandemie taumelt das Staatsunternehmen, die ohnehin magere Leistung verschlechterte sich zusehends.
Zu viele Bürokraten, zu wenig Eisenbahner bei der Deutschen Bahn
Die Bahn leistet sich teure Wasserköpfe, hat aber zu wenig Schaffner, Lokführer, Fahrkartenverkäufer und Schlosser. Dieses Missverhältnis hätte früher angepackt werden können. Dass in der Verwaltung nun nicht mehr alle frei werdenden Stellen nachbesetzt werden, ist ein überfälliger Schritt. Es verwundert auch, dass sich erst jetzt die Baustellen nach dem Fahrplan richten und nicht mehr umgekehrt.
Entscheidend für das Gelingen der Trendwende ist die Generalsanierung der 40 hochbelasteten Korridore bis 2030. Wissing hat hier Mut bewiesen und sich vom Konzept der schrittweisen Instandsetzung unter dem rollenden Rad verabschiedet. Bei der Generalsanierung wird ein Abschnitt für mehrere Monate voll gesperrt und komplett überholt. Die Premiere auf der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim liegt bisher im Plan. Für Bahnchef Lutz ist sie eine Bewährungsprobe. Geht das Vorhaben schief, wie so vieles in den letzten Jahren im Schienenkonzern, ist Lutz nicht mehr zu halten. Dann muss er gehen.
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