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Angela Merkel enthüllt Memoiren „Freiheit“ - Einblicke und Anekdoten

Buchvorstellung

Zwischen Kirsch-Whiskey und Flüchtlingspolitik: Merkel liest aus Memoiren

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    Ex-Kanzlerin Angela Merkel hat am Dienstagabend im Deutschen Theater in Berlin ihr Buch «Freiheit. Erinnerungen 1954 - 2021» vorgestellt.
    Ex-Kanzlerin Angela Merkel hat am Dienstagabend im Deutschen Theater in Berlin ihr Buch «Freiheit. Erinnerungen 1954 - 2021» vorgestellt. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Es gab in ihrer 16 Jahre währenden Kanzlerschaft eine Veranstaltung mit Angela Merkel, die Kultstatus erlangte. Im Mai 2013 plauderte eine völlig entspannte CDU-Chefin vor ein paar hundert Gästen im Berliner Maxim Gorki Theater mehr als eine Stunde lang über Gott und die Welt. Die erstaunten Journalisten im Publikum hatten schon viel mehr auf sich genommen, um dann weniger von Merkel zu erfahren als bei diesem Termin. Zehneinhalb Jahre später sitzt Merkel wieder in einem Theater, es geht um ihr Buch „Freiheit. Erinnerungen 1954 – 2021“, das an diesem Tag weltweit auf den Markt gekommen ist. Der Auftritt gerät zu einer gelungenen Fortsetzung.

    Mehrere hundert Menschen sind bei Angela Merkels Lesung dabei

    Zur Buchpremiere strömen am Dienstagabend ein paar hundert Menschen ins Deutsche Theater in Berlin-Mitte. Merkels Buch - in blauem Einband gehalten und mit einem großen Porträtfoto der Autorin versehen – liegt im hell erleuchteten Foyer in großen Stapeln auf dem blitzblanken Boden. Die Veranstaltung ist restlos ausverkauft, vor dem Deutschen Theater versuchen es ein paar Merkel-Fans trotzdem. Sie sei bereit, sagt eine Frau, „alles“ für eine Karte zu geben. Merkels langjährige Weggefährtin und Büroleiterin Beate Baumann, die als Co-Autorin beteiligt war, ist auch dabei. Sie hält sich hinter der Bühne auf, das Rampenlicht gehört der Chefin.

    Im Gespräch mit dem Journalisten Hugo Müller-Vogg behauptete Merkel einmal von sich, nicht kühl zu sein. „Ich mag es allenfalls nicht, Gefühle so zu zeigen, wie das manchmal erwartet wird“, sagte sie damals. Als sie bei der Buchpremiere auf die Bühne kommt, im weißen Blazer, eine ihrer bekannt-berühmten Bernsteinketten um den Hals, winkt die Kanzlerin a.D. einmal lässig ins Publikum. Kühl ist sie tatsächlich nicht. Ihre Hoffnung sei, dass auch die Menschen mit dem Buch etwas anfangen könnten, „die sich nicht den ganzen Tag mit Politik beschäftigen“, sagt sie. Als Merkel im Dezember 2021 aus dem Amt schied, begann sie kurz danach mit den Vorbereitungen. Dass es bis zur Drucklegung so lange dauerte, hatte vor allem damit zu tun, dass sie und Baumann keine Fehler machen wollten. Für Historiker sei das Buch nun „okay“, sagt sie lächelnd.

    Angela Merkel plaudert aus dem Nähkästchen: Erinnerungen und Geschichten

    „Wer wollen Sie in Ihrer Geschichte gewesen sein?“ Das möchte Anne Will herausfinden, die als Moderatorin durch den Abend führt. Merkel macht es ihr leicht. Freimütig erzählt sie die Anekdote aus ihrer Schulzeit, als sie im Morgengrauen mit einem Freund in einem Ruderkahn saß, beide hatten „reichlich Kirsch-Whiskey konsumiert“. Der Ausflug endete mit einem Sturz ins Wasser.

    Merkel umfasst während er Lesung mit den Fingern der linken Hand immer wieder den Zeigefinger der rechten, die Merkel-Raute vermeidet sie. Es wirkt ein wenig so, als ob sie sich die berühmte Geste abtrainiert hat. Die ehemalige CDU-Vorsitzende liest einige Passagen vor. Sie hat offenbar geübt, vielleicht gab ihr Corinna Harfouch ein paar Tipps. Die Schauspielerin hat Merkel beim Einlesen der Hörbuchversion von „Freiheit“ begleitet, an diesem Abend sitzt sie auf einem der roten Samtsitze im Publikum.

    „Halts Maul, Kassandra!“ hat ein paar Tage vorher im Deutschen Theater Premiere gefeiert. In dem Stück geht es darum, wie man die DDR lieben kann, ohne sie zu verklären. Das passt gut zu Merkels Buch, in den ersten gut 300 Seiten geht es um ihr Leben in der DDR und die frühen Ministerjahre. Dann folgen etwas mehr als 400 Seiten über die Kanzlerschaft.

    Merkels nostalgische Anekdoten lockern die Buchpremiere auf

    „Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.“ Diesen neben „Wir schaffen das“ wohl bekanntesten Satz ihrer Karriere sagte sie im Dezember 2015. Deutschland debattierte heftig über den Flüchtlingszuzug, Merkels klare Haltung polarisierte. Heftig wurde sie kritisiert, offenbar hat sie das tiefer verletzt, als es damals sichtbar war. Im Deutschen Theater zitiert sie bewusst und demonstrativ eine Stelle aus ihrem Buch, in der sie einen Journalisten demontiert, der sie damals falsch zitiert und in ihren Satz ein „mehr“ eingefügt hat: Dann ist das nicht mehr mein Land.

    Je länger die Veranstaltung dauert, desto deutlicher wird: Es ist immer ihr Land gewesen und das wird sich auch nie ändern. In vielen Rezensionen wird Merkel vorgehalten, dass es ihrem Buch an Einsicht mangele. „Freiheit“ enthalte keine genaue Analyse ihrer Russland-Politik, heißt es etwa. Womöglich liegt es an der trockenen, oft sehr detailreichen Erzählweise im Buch. Auf der Bühne berichtet die 70-Jährige deutlich lebhafter. Man muss immer noch nicht ihrer Meinung sein, versteht ihr Handeln aber besser.

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    1 Kommentar
    Rainer Kraus

    Es ist schon bemerkenswert wie Frau Angela Merkel, unterstützt von Ghostwritern und einigen Medienvertreten im großen Stil Gelegenheit bekommt ihre politischen Fehler zu entschuldigen bzw. schön zu schreiben. Man kann nur auf Demokratie und einigen mutigen Journalisten hoffen, die einige Dinge geraderücken und richtigstellen, damit diese Memoiren nicht zu einem Märchen mutieren. Es sollte nicht vergessen werden, dass Frau Merkel ein reiches Erbe mit den notwendigen Reformen 2005 von Herrn Schröder übernommen, aber nichts daraus gemacht und letztendlich nur verwaltet hat. Die Zusammenarbeit mit Russland und der Deal mit der Ostpipeline war schon unter Dach und Fach zum Verdruss von den USA & Co. und sie war dann all die Jahre des Baus nur Postbote zwischen den Gegnern und Putin. Und, wenn sich Steinmeier von den Banken und Industrie nicht hätte „überzeugen“ lassen das Amt des Finanzministers zu überzunehmen, wäre der Karren schon 2005 gegen die Wand gefahren. Letztendlich war das Thema

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