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Kommentar: Verbotsrepublik Deutschland: Tempolimit und Fleischverzicht sind Symbolpolitik

Kommentar

Verbotsrepublik Deutschland: Tempolimit und Fleischverzicht sind Symbolpolitik

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    Verbotsrepublik Deutschland: Tempolimit und Fleischverzicht sind Symbolpolitik
    Verbotsrepublik Deutschland: Tempolimit und Fleischverzicht sind Symbolpolitik Foto: Marcus Merk (Symbolbild)

    Die Bilder aus der Ukraine sind schrecklich, beklemmend und verstörend. Der Krieg zeigt sein wahres Gesicht. Wir in Deutschland aber können nicht viel mehr tun, als empört zuzuschauen. Die Bundesregierung liefert Waffen, und die Menschen hierzulande machen ihre Herzen für die Flüchtlinge auf. Entscheidend mehr ist aus guten Gründen nicht möglich.

    Ein Eingreifen in die Kämpfe könnte einen Atomkrieg auslösen, an dessen Ende die Auslöschung Europas steht. Niemand weiß, wie weit ein mit dem Rücken zur Wand stehender Putin gehen würde. Ein sofortiges Öl- und Gasembargo stürzte Deutschland in einen wirtschaftlichen Albtraum – tiefer Abschwung bei rennender Inflation. Der Staat müsste sich extrem verschulden, um die Folgen halbwegs zu dämpfen, während doch enorme Summen für Rüstung und die Energiewende benötigt werden.

    „Nie wieder“ lautet das Gründungsmotiv Deutschlands nach dem Zivilisationsbruch des Nationalsozialismus. Kinder lernen es in der Schule, Politiker sprechen davon in Sonntagsreden. Nun tun Menschen anderen Menschen wieder das Schlimmste an, und die Deutschen sind ohnmächtig.

    Der Empörungsüberschuss sucht sich ein Ventil

    Dies führt zu einem Empörungsüberschuss, der sich ein Ventil sucht. Dieses Ventil ist die neue Lust auf das Verbieten, Einschränken und Verzichten. Einige Beispiele: Tempolimit und autofreier Sonntag, damit weniger Sprit verbraucht wird. Frieren für die Ukraine, um weniger Gas aus Russland zu verfeuern. Sich Leberkässemmel und Schnitzel verkneifen, weil dann weniger knappes Getreide für die Tiermast eingesetzt wird.

    In der Summe sind die so zu erzielenden Einsparungen gering und werden nicht dazu führen, dass Putin seine Soldaten zurückzieht. Dennoch fühlt es sich besser an, etwas zu tun, als schweigend zuzusehen. Diese Ersatzhandlungen schränken die Freiheit ein und nagen – das gehört zur Wahrheit – auch an lieben Gewohnheiten. Der Drang zu Verbot und Gebot fällt mit dem Moment zusammen, in dem die Menschen nach zwei Jahren der pandemischen Zumutungen ein großes Stück Freiheit zurückbekommen. Augenfällig ist, dass sich ein Teil der Bevölkerung in den sozialen Medien geradezu an sich selbst ergötzt, als besonders vorbildliche Staatsbürger weiter die Corona-Maßnahmen zu befolgen. Die es nicht tun, werden als dumme Freiheitsfanatiker angegangen.

    Die neue Verzichtsdebatte gewinnt auch deshalb an Fahrt, weil sie mit den Grünen von einer Regierungspartei geführt wird. Im Koalitionsvertrag konnten sie sich in vielen Bereichen nicht durchsetzen. Wegen der Zeitenwende des Krieges in der Nachbarschaft müssen sie nun Dinge akzeptieren, die normalerweise zu einem Aufstand im grünen Lager geführt hätten. Die Debatten über längere Laufzeiten für Atom- und Kohlekraftwerke, mehr Gas von einem arabischen Emir und die Aufrüstung der Bundeswehr wollen erst einmal verdaut werden. Da hilft es, an anderer Stelle mit Symbolpolitik wie dem Tempolimit zu arbeiten, um die Parteiseele zu streicheln.

    Kehrt die Politik nach dem Ende des Krieges zur Symbolpolitik zurück?

    Im Grunde ist es das klassische Muster der deutschen Politik seit Jahrzehnten. Man tut mächtig moralisch, klopft sich selbst auf die Schulter, sieht sich als Vorbild und erreicht in der harten Wirklichkeit wenig. Aus dieser hatten sich Politiker aller Parteien ohnehin verabschiedet. Jetzt, da sie die raue Luft der Machtpolitik spüren, ist der Wille zur Veränderung da. Diese Transformation in schnellem Tempo wird fordernd und schmerzlich. Es ist deshalb gut möglich, dass nach dem Ende des Krieges die alten Muster schnell zurückkehren. Sie sind eingeübt und in Weltbildern fest verankert. Im Zweifel macht man lieber Symbolpolitik.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast an. Die Augsburgerin Tanja Hoggan-Kloubert spricht über die Angst um ihre Eltern in der Ukraine – und die überwältigende Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung.

    Alle Informationen zur Eskalation erfahren Sie jederzeit in unserem Live-Blog zum Krieg in der Ukraine.

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