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Leitartikel: Erdogan hetzt weiter gegen Deutschland

Leitartikel

Erdogan hetzt weiter gegen Deutschland

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    Schimpft sicherheitshalber nur in der Ferne: der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.
    Schimpft sicherheitshalber nur in der Ferne: der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Foto: Ozan Kose, afp

    Der türkische Staatspräsident und seine Büchsenspanner überziehen Deutschland seit Wochen mit infamen Nazi-Vergleichen. Dem Wahlkämpfer Erdogan, der mit einer Volksabstimmung die alleinige Macht erringen will, scheint jedes Mittel recht. Er führt einen Feldzug gegen ein verbündetes Land, in dem rund drei Millionen seiner Landsleute leben – und schreckt auch nicht mehr vor Attacken auf die Kanzlerin zurück. Erst bezichtigte er Angela Merkel der „Unterstützung von Terroristen“, nun wirft er ihr „Nazi-Methoden“ vor.

    Endlich hat Merkel ihre Samthandschuhe abgelegt

    Auf diese ungeheuerliche Provokation hin hat die Kanzlerin endlich ihre Samthandschuhe abgelegt. Die Nazi-Vergleiche müssten aufhören, erklärte Merkel und drohte indirekt mit Auftrittsverboten für türkische Wahlkämpfer. Für Merkel’sche Verhältnisse ist das eine klare Ansage. Man fragt sich allerdings, warum die Kanzlerin es noch einmal bei einem Appell an die Vernunft bewenden ließ und nicht unmissverständlich klargemacht hat, dass türkische Wahlkämpfer hier unerwünscht sind und sich ganz Europa diese Attacken nicht länger bieten lässt. Welches „Tabu“ (Merkel) könnte Erdogan überhaupt noch brechen, nachdem er die Kanzlerin persönlich in die Nähe des verbrecherischen Nationalsozialismus gerückt hat und seine vielen hier lebenden Anhänger mit allen demagogischen Mitteln gegen Deutschland aufwiegelt?

    Nun gut, die Kanzlerin will mit Ankara im Gespräch bleiben. Die Türkei ist ein geopolitisch und sicherheitspolitisch wichtiges Nato-Mitglied mit traditionell engen Beziehungen zu Deutschland. Und natürlich besteht das Risiko, dass Erdogan nur darauf wartet, neuen Stoff für seine nationalistischen Ausfälle zu bekommen. Andererseits wirkt die auf Beschwichtigung ausgerichtete Strategie Merkels längst wie Schwäche gegenüber einem Autokraten, der Europa syrische Flüchtlinge vom Hals hält und deshalb auf Nachsicht zählen kann. Erdogans Agitation hat die Grenzen des Erträglichen längst überschritten. Die Auftritte seiner Minister haben Unfrieden gestiftet, die Spaltung der türkischen Gemeinde vertieft und die öffentliche Sicherheit gefährdet.

    Wem gilt die Loyalität der Deutschtürken?

    Die AKP will nun, nach Merkels Ordnungsruf, auf Kundgebungen verzichten. Die Verunglimpfung Deutschlands als „rassistisch, faschistisch, grausam“ (Erdogan) jedoch geht weiter. Berlin und Brüssel müssen darauf entschiedener als bisher reagieren. Sie sollten die EU-Zahlungen („Beitrittshilfen“) stoppen und die Visa-Verhandlungen beenden. Solche Sanktionen führten auch vielen Deutschtürken vor Augen, dass Erdogan ihnen und ihrer Heimat mit seiner Politik der verbrannten Erde einen schlechten Dienst erweist.

    CSU und CDU rütteln nun wieder an der doppelten Staatsbürgerschaft für türkischstämmige Deutsche. Das ist ein brisantes Thema, von dem man zur Stunde angesichts der aufgeheizten Atmosphäre wohl lieber die Finger lassen sollte. Aber der von SPD, Grünen und Linkspartei eisern verfochtene Doppelpass hat, wie die Bilder von den jubelnden Erdogan-Anhängern zeigen, die Integration der Türken eher erschwert als begünstigt. Mehr denn je stellt sich die Frage, wem die Loyalität der Deutschtürken eigentlich gilt: Deutschland oder der Türkei Erdogans? Man wird darüber noch einmal reden müssen.

    Der deutsche Pass ist nämlich mehr als ein Stück Papier, er ist mit Rechten und Pflichten verbunden und hat auch mit einem staatsbürgerlichen Bekenntnis zu tun. Warum eigentlich soll sich jemand, der lange hier lebt und sich mit diesem Staat identifiziert, nicht entscheiden, Deutscher ohne Wenn und Aber zu werden? Seine Wurzeln und Traditionen kann er ja trotzdem pflegen; dazu bedarf es keines türkischen Passes.

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