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Lauterbach will Hausärzten mehr Geld geben

Medizin

So will Karl Lauterbach gegen den Ärztemangel vorgehen

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    Hausarztsuche in Schleswig-Holstein:  Der Bund will mit mehr Geld locken.
    Hausarztsuche in Schleswig-Holstein: Der Bund will mit mehr Geld locken. Foto: Christian Charisius, dpa

    Proppenvolle Praxen, Aufnahmestopp und der Mangel an Hausärzten auf dem Land gehören zur für Patienten frustrierenden Wirklichkeit im deutschen Gesundheitswesen. Der zuständige Minister Karl Lauterbach (SPD) will die Missstände lindern, sein Gesetzentwurf hat am Mittwoch das Kabinett passiert. Die Ansätze im Überblick.

    Was ist Karl Lauterbachs zentraler Hebel?

    Mehr Geld. Wenn der Bundestag dem Gesetzentwurf des Ministers folgt, dann wird die Budgetobergrenze für die Hausärzte aufgehoben. Lauterbach zieht den Deckel von den bei den Krankenkassen abrechenbaren Leistungen. Bezahlen müssen das die Versicherten selbst. Das Gesundheitsministerium erwartet Mehrkosten in Höhe eines „unteren dreistelligen Millionenbetrags", die auf die Krankenkassen zukommen. Diese wiederum finanzieren sich aus den Beiträgen ihrer Mitglieder. „Das wird die Versichertengemeinde etwas kosten, aber die Alternative wäre, dass wir im ländlichen Raum und einigen Stadtteilen keine Hausärzte mehr hätten“, sagte Lauterbach. 

    Was hat der Bundesminister für Gesundheit noch vor?

    Wird das Gesetz vom Parlament beschlossen, werden sich die Allgemeinmediziner mit weniger Bürokratie herumschlagen müssen. Gestrichen werden die Quartalspauschalen, die die Hausärzte für die Behandlung abrechnen können. Sie werden durch eine Jahrespauschale ersetzt. Die gewünschte Folge: Für Routinevorgänge, wie die Ausstellung von Rezepten für Medikamente im Dauergebrauch oder die Verlängerung einer Krankschreibung, müssen Patienten nicht mehr persönlich vorstellig werden, weil das elektronisch erledigt werden kann. Das schafft Platz in den Praxen.

    Lauterbach betont aber, dass das nicht heißt, dass chronisch Kranke nicht mehr in die Praxen kommen sollen. Wenn es medizinisch geboten ist, einen Patienten alle drei Monate zu untersuchen, wird das auch weiter der Fall sein. Leichter gemacht werden soll den praktischen Ärzten das Leben durch den weitgehenden Wegfall der verhassten Arzneimittelregresse. Bislang können die Krankenkassen Geld von ihnen zurückfordern, wenn ein Medikament aus ihrer Sicht ohne Notwendigkeit verordnet wurde oder jenes zu teuer ist. 

    Wie soll der Mangel an Hausärzten bekämpft werden?

    Laut dem Gesundheitsminister sind in Deutschland 5000 Hausarztstellen unbesetzt. Besonders groß ist der Mangel in ländlichen Regionen und in armen Vierteln der Großstädte. Der Wegfall von Budgetgrenze und Arzneimittelregress sowie die ausdrückliche Möglichkeit, Patienten per Videokonferenz (Telemedizin) zu behandeln, wird den Beruf für Medizinstudenten attraktiver machen, erwartet Lauterbach. 

    Die Kommunen sollen außerdem dem Mangel durch die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) begegnen. Das können sie schon heute, wegen Haftungsfragen scheuten das aber viele Städte und Gemeinden. Die Haftungsproblematik soll das Gesetz entschärfen. Neben einer besseren hausärztlichen Versorgung sollen psychisch Erkrankte leichter einen Therapieplatz bekommen, indem einerseits mehr Kinder- und Jugendtherapeuten eine Praxis eröffnen dürfen und die bestehenden Praxen neue Leistungen für besonders anfällige Patienten anbieten können. 

    Wann soll das Gesetz beschlossen werden?

    Lauterbach strebt eine erste Lesung seines Entwurfs vor der Sommerpause an. Das Gesetz könnte dann von den Abgeordneten in der zweiten Jahreshälfte beschlossen werden.

    Was hat Lauterbach nicht erreicht?

    Ursprünglich hatte der SPD-Politiker vorgehabt, einen Bonus auszuzahlen, wenn die Behandlung einer Erkrankung von der Hausarztpraxis gesteuert wird. Damit sollte das sogenannte Ärztehopping von Facharzt zu Facharzt verhindert werden. Vorgesehen war eine Zahlung von 30 Euro, die die Versicherten von ihren Krankenkassen erhalten hätten. Wegen der zusätzlichen Kosten stellte sich aber laut Lauterbach das Finanzministerium dagegen. 

    Lauterbach musste auch vorerst Abstand nehmen von seinem Vorhaben, in armen Stadtteilen Gesundheitskioske zu gründen, in denen eine niedrigschwellige medizinische Versorgung und Beratung durch Krankenschwestern und -pfleger angeboten werden sollte. Sein Ziel aufgegeben hat der 61-Jährige aber noch nicht. Im Zuge der Beratung seines Gesetzesvorschlags im Bundestag sollen die Kioske hineinverhandelt werden. 

    Wie reagieren die Mediziner?

    „Zwar sieht der Entwurf nach wie vor spürbare Verbesserungen für die Hausarztpraxen vor, der große Wurf ist das Gesetz nach den letzten Streichungen aber nicht mehr“, sagte die Co-Bundesvorsitzende des Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth. Sie stört besonders der Wegfall der geplanten Hausarztboni, ausdrücklich lobte sie hingegen das Ende der Budgetobergrenzen.

    Kritik kam von dem CSU-Abgeordneten und Hausarzt Stephan Pilsinger. „Mir fehlt leider jeder wirksame Ansatz für eine wirkungsvolle Patientensteuerung“, sagte er unserer Redaktion. Dazu brauche es eigentlich zwei Tarife, einen mit freier Arztwahl und einen für die durch den Hausarzt gesteuerte Behandlung. „Außerdem fehlt mir eine Vergütungsstruktur, in der Haus- und Fachärzte im ländlichen Raum besser honoriert werden als die in den gut versorgten, urbanen Zentren“, meinte Pilsinger. 

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