Die massiven Proteste der Bauern haben Wirkung gezeigt: Die Bundesregierung nimmt die Sparpläne auf Kosten der Landwirtschaft zumindest teilweise zurück. Doch den Bauern reicht das nicht. Sie wollen auch in der kommenden Woche auf die Barrikaden gehen.
Um Haushaltslöcher zu stopfen, hatte die Ampelkoalition im Dezember beschlossen, die bisher geltende Befreiung land- und forstwirtschaftlicher Nutzfahrzeuge von der Kfz-Steuer ersatzlos zu kippen. Diese Maßnahme ist nun vom Tisch. Auch in Sachen Agrardiesel-Beihilfe kommt die Regierung den Landwirten entgegen. Die Steuerbegünstigung beim Sprit soll nicht, wie ursprünglich geplant, auf einen Schlag wegfallen, sondern in drei Schritten bis zum Jahr 2026. Das gab Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Donnerstag bekannt.
Bayerns Bauernpräsident Felßner: "Das ist indiskutabel“
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), der den Landwirten zugesagt hatte, für Nachbesserungen zu kämpfen, sprach in einer ersten Reaktion von einer guten Lösung, um eine überproportionale Belastung der Land- und Forstwirtschaft abzuwenden. Die Bauern sehen das allerdings ganz anders. „Das, was die Bundesregierung da auf den Tisch gelegt hat, ist absolut indiskutabel“, sagte Bayerns Bauernpräsident Günther Felßner unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorschläge im Gespräch mit unserer Redaktion. „Wir haben jahrelang alle möglichen Kröten geschluckt, jetzt muss einmal Schluss sein mit faulen Kompromissen“, fügte er hinzu.
An den Demonstrationen in München, Augsburg und Nürnberg in der kommenden Woche werde man festhalten. Am 15. Januar soll dann erneut in Berlin protestiert werden. „Der riesige Rückhalt in der Bevölkerung für unsere Aktionen hat der Bundesregierung klargemacht, dass sie auf dem falschen Weg ist. Aber wir machen so lange weiter, bis die Kürzungen komplett rückgängig gemacht werden“, kündigte Felßner an.
Regierung begründet Änderung der Pläne mit erheblichem bürokratischen Aufwand
Dass die Befreiung von der Kfz-Steuer erhalten bleibt, begründete die Regierung im Übrigen nicht mit dem vehementen Widerstand der Bauern, sondern damit, dass man „erheblichen bürokratischen Aufwand für die betroffenen Unternehmen vermeiden“ wolle.
Damit steht nur noch das Thema Agrardiesel im Feuer. Bislang war es so, dass Bauern sich von den regulär bezahlten 47 Cent Steuern pro Liter Diesel rund 21,5 Cent zurückerstatten lassen konnten. Diese Förderung sollte nach den bisherigen Sparplänen auslaufen. Das neue Konzept von SPD, Grünen und FDP sieht stattdessen vor, die Entlastung in diesem Jahr um 40 Prozent zu reduzieren und in den beiden folgenden Jahren jeweils um weitere 30 Prozent, um so die Subventionen bis 2026 auf null herunterzufahren. So wolle man den Betrieben „mehr Zeit zur Anpassung“ verschaffen.
Hubert Aiwanger: „Ihr meint, die Bauern sind dümmer als Ihr?"
Ein weiterer Punkt, der den Landwirten zu schaffen macht, ist der Papierkram. Auch hier will die Ampel ansetzen. „Wir werden – auch im Sinne der Verbraucher – auf europäischer Ebene auf eine Entbürokratisierung und eine Angleichung von Produktstandards drängen“, sagte der ernährungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, der sich an die Spitze des Bauernaufstandes gesetzt hatte, unterstellte der Bundesregierung ein „Ablenkungsmanöver“. Der Freie-Wähler-Chef schrieb auf der Plattform X (früher Twitter): „Ihr meint, die Bauern sind dümmer als Ihr? Irrtum!“