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Organspende: Regeln & Gesetze in anderen EU-Ländern

Ländervergleich

Organspende: Welche Regelungen gibt es in anderen Ländern?

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    Wer in Deutschland seine Organe nach dem Tod spenden möchte, muss dem ausdrücklich zustimmen. In den meisten EU-Staaten sieht das anders aus.
    Wer in Deutschland seine Organe nach dem Tod spenden möchte, muss dem ausdrücklich zustimmen. In den meisten EU-Staaten sieht das anders aus. Foto: Frank May, dpa (Archivbild)

    Fast 10.000 Menschen stehen in Deutschland laut dem Bundesgesundheitsministerium derzeit auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Doch die Zahl der Organspenderinnen und Organspender nimmt immer weiter ab. Um das zu ändern, will Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Organspende in Deutschland neu regeln.

    Wie der Prozess der Organspende hierzulande abläuft, ist im Transplantationsgesetz geregelt: Wer spenden will, muss dem noch zu Lebzeiten zustimmen. "Entscheidungslösung" ist der Begriff dafür. Lauterbach fordert das, was in einigen anderen Ländern der EU bereits gängige Praxis ist: die sogenannte "Widerspruchslösung". Die bedeutet: Jeder Mensch ist Spender, es sei denn, er widerspricht ausdrücklich. Schon häufiger debattierte der Bundestag über diese Lösung. 2020 wurde die Reform schon einmal abgelehnt. Welche verschiedenen Regelungen gibt es? Und wie sieht die Lage im europäischen Ausland aus?

    Widerspruchslösung, Zustimmungslösung bei Organspende: Diese Gesetze gibt es

    In den verschiedenen EU-Staaten gibt es verschiedene Gesetze, was Organ- oder Gewebstransplantationen angeht. Hier ist ein Überblick über die Bestimmungen:

    • Erweiterte Zustimmungslösung: Die verstorbene Person muss zu Lebzeiten der Organentnahme ausdrücklich zugestimmt haben. Liegt keine Dokumentation vor, so entscheiden Hinterbliebene oder Bevollmächtigte, welche Entscheidung im Sinne der verstorbenen Person gelegen hätte.
    • Entscheidungslösung: Auch hier gilt: Die verstorbene Person muss zu Lebzeiten der Organentnahme zugestimmt haben. Ist das nicht der Fall, so bestimmen Angehörige im Sinne des oder Verstorbenen über eine Organ- oder Gewebespende. Kern der Entscheidungslösung ist, dass es regelmäßig Aufklärung und Informationsangebote gibt, um sich mit der Entscheidung auseinanderzusetzen. Es handelt sich also um eine Abwandlung der Zustimmungslösung.
    • Widerspruchslösung mit Einspruchrecht der Angehörigen: Der oder die Verstorbene wird automatisch zum Organspender, es sei denn, er oder sie hat das explizit zu Lebzeiten abgelehnt. Die Angehörigen der verstorbenen Personen dürfen die Organentnahme jedoch ablehnen.
    • Widerspruchslösung: Wer verstirbt, wird automatisch zum Organspender. Wer das nicht möchte, muss dem zu Lebzeiten ausdrücklich widersprechen.

    Organspende-Gesetze im Ausland: Wo ist man automatisch Organspender?

    Österreich

    In Österreich gilt die Widerspruchslösung. Österreicherinnen und Österreicher müssen eine Organspende also ausdrücklich ablehnen, sonst sind sie automatisch Spenderin oder Spender. Das funktioniert etwa, indem man sich in ein Widerspruchsregister einträgt.

    Niederlande

    Seit Sommer 2020 gilt in den Niederlanden, dass jede und jeder über 18 Jahren automatisch zum Organspender wird. Die Angehörigen werden dennoch nach dem Tod gefragt, welche Entscheidung im Sinne der verstorbenen Person liegt.

    Belgien

    In Belgien gilt seit über 30 Jahren die Widerspruchslösung. Wer eine Organspende ablehnt, muss das zu Lebzeiten dokumentieren. Darüber hinaus gilt: Jede und jeder, der mindestens ein halbes Jahr in Belgien gelebt hat, wird automatisch zum Organspender.

    Frankreich

    Die Widerspruchslösung gilt seit 2017 auch in Frankreich: Über 18-Jährige sind automatisch Organspender, es sei denn, man trägt sich in das Widerspruchsregister ein oder informiert Angehörige. Diese werden in jedem Fall nach dem Tod kontaktiert.

    Polen

    Auch in Polen gilt die Widerspruchslösung. Den Wunsch, nach dem Tod keine Organe zu spenden, kann man auch hier in einem zentralen Widerspruchsregister dokumentieren oder in einer schriftlichen Erklärung, die man mit sich führt.

    Dänemark

    In Dänemark gilt, ähnlich wie in Deutschland, die erweiterte Zustimmungslösung: Wer Organe oder Gewebe spenden will, muss zu Lebzeiten das Einverständnis äußern. Hat der oder die Verstorbene keine explizite Entscheidung dagegen getroffen, sind Angehörige gefragt. Die dänische Gesundheitsministerin, Sophie Lohde, plädiert ebenfalls für die Widerspruchslösung.

    Spanien

    Auch in Spanien gilt die Widerspruchslösung. Man muss die Organentnahme explizit ablehnen, sonst wird man Spenderin oder Spender. In Europa ist Spanien das Land mit der höchsten Spendequote: 46,9 Spenderinnen und Spender kommen dort laut Eurotransplant auf eine Million Einwohner. Allerdings dürfen in Spanien Organe bereits nach einem Herzstillstand entnommen werden, in Deutschland erst nach einem Hirntod.

    Bulgarien

    In Bulgarien ist ebenfalls jeder Verstorbene Spender, außer er oder sie hat dies zu Lebzeiten abgelehnt. Hier gibt es zu der Widerspruchslösung allerdings noch einen rechtlichen Zusatz: "im Notstand" dürfen Organe auch entnommen werden, wenn eigentlich ein Widerspruch dokumentiert ist. Bulgarien ist deshalb das einzige Land Europas, in dem die "Notstandsregelung" gilt.

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