Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, kritisiert Störmanöver auf dem Weg zur Verbesserung der Menschenrechtslage in aller Welt.
"Anstelle eines einheitlichen Ziels und einer entschlossenen, kooperativen Führung erleben wir eine Politik der Spaltung und Ablenkung - zum Beispiel durch die Erfindung künstlicher Streitigkeiten über Geschlechterfragen, Migration oder die Vorstellung eines "Kampfes" der Kulturen", sagte Türk zum Auftakt der Herbstsitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf. Auch ein künstlicher Gegensatz zwischen individuellen und gesellschaftlichen Menschenrechten sei gefährlich, sagte er.
Verschiedene Menschenrechte in Gefahr
Er sprach damit zum einen den Versuch einiger islamisch geprägter Länder wie Pakistan oder Ägypten an, die Erwähnung LGBTQ+-Rechten aus Dokumenten zu streichen. Damit sind die Rechte von Menschen mit verschiedenen sexuellen Orientierungen oder Geschlechteridentitäten gemeint.
Zum anderen versucht vor allem China seit Jahren, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte über die bürgerlichen und politischen Rechte Einzelner zu stellen. Gemeint ist zum Beispiel, dass etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung zurückstehen muss, damit der Staat zuerst Armut bekämpfen und die wirtschaftliche Entwicklung voranbringen kann.
Diese Trennung sei "ein ideologisches Artefakt, das von der Realität nicht getragen wird", sagte Türk. "In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gibt es keine solche Trennung oder Hierarchie - und 75 Jahre nach ihrer Verabschiedung müssen wir dringend zu diesem Kern zurückkehren." Er rief China auf, die Rechte von Minderheiten wie den Uiguren in Xinjiang zu schützen und kritisierte die Inhaftierung von Menschenrechtsverteidigern.
Krieg und Krisen
Türk verurteilte den Angriff Russlands auf die Ukraine. Er betrachte die Menschenrechtslage in Russland mit tiefer Sorge. Kriegskritiker würden unterdrückt. "Die Behörden nutzen weiterhin das Justizsystem, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, und nehmen Menschenrechtsaktivisten und -gruppen wegen ihrer legitimen Arbeit ins Visier", sagte er.
Er sprach besorgt über Hungerkrisen etwa in Somalia, Haiti und Ländern der Sahel-Zone in Afrika. Er kritisierte den wachsenden Graben zwischen Armen und Reichen und verlangte bessere Steuerkooperation und einen entschlosseneren Kampf gegen die Korruption. Er nannte die Obdachlosenkrise in Europa und den USA.
Türk begrüßte überdies angesichts der Klimakrise Überlegungen, den Tatbestand des Ökozids in die Statuten des Internationalen Strafgerichtshof aufzunehmen. Gemeint ist eine große Schädigung oder Zerstörung der Ökosysteme, auf die Menschen, Tiere und Pflanzen angewiesen sind.
(dpa)